Grünstadt Zwischen Frohsinn und Frust
Um Viertel vor sechs mache ich mich auf den Weg. Mitglieder des heimischen Sportvereins in Quirnheim haben zu einer Privatparty mit Fußball vorm TV eingeladen. Zugleich schaut mein Nachbar, der in Portugal aufgewachsen ist und deshalb Ronaldo und Co. die Daumen drückt, zu Hause mit Bekannten das Spiel. Mein Plan: erste Halbzeit bei den deutschen Fans, zweiter Durchgang bei den Portugiesen. Kurz vorm Anpfiff ist die Anspannung bei den Quirnheimer DFB-Fans hoch. „Vor dem Ronaldo habe ich schon ein bisschen Angst“, sagt ein Älterer im schwarz-weißen Shirt. Sein Kumpel meint: „Vor dem Ronaldo fürchte ich mich nicht. Eher vor Jogi Löw.“ Die Tatsache, dass der deutsche Coach gegen Portugal ohne echte Sturmspitze spielen lässt, kommt nicht gut an. Doch die Angst erweist sich als unbegründet. Als Mario Götze im portugiesischen Strafraum fällt und Thomas Müller zum Elfmeter antritt, starrt man in Quirnheim gespannt auf den Bildschirm. Tor! Erleichterung. Während schließlich diskutiert wird, was eigentlich aus dem großen Figo wurde, köpft Mats Hummels das 2:0. Wieder: In die Arme fallen, abklatschen, Daumen drücken. Dann sieht Pepe Rot. Alle sind einer Meinung: „Allein schon wegen Dummheit ist der Platzverweis korrekt.“ Nach Müllers 3:0 ist die Partie gelaufen. Die ersten gehen schon vor der Pause raus, eine Zigarette rauchen. Die Halbzeitkommentare? „Die spielen genial“, „Müller ist super“. So dreht sich die Stimmung. Ich verabschiede mich und bin gespannt, was mich im anderen Lager erwartet. Na, eigentlich kann ich’s mir schon denken. Bei meiner Ankunft treffe ich auf gefrustete portugiesische Fans. „Da hat der Pepe der Mannschaft einen Bärendienst geleistet, und was ist bloß mit Ronaldo los?“, fragt sich nicht nur der Hausherr und verrät: „Vor dem 0:3 ist der TV-Stream plötzlich nicht mehr gegangen.“ Wie Müller das dritte Tor erzielt hat, will er aber auch gar nicht wirklich wissen. „Die Würstchen sind fertig.“ Das Spiel geht weiter, ist fortan aber nur noch zweitrangig. Der Salat ist einfach gut. In Hälfte zwei fällt der Stream dann auch noch einmal aus. Selbst die Telekom scheint sich gegen Portugal verschworen zu haben. Dass Müller für Deutschland noch das 4:0 schießt, bekommen aber alle wieder mit. Ronaldo schießt bei seinem Freistoß dagegen direkt in die Lahm’sche Ein-Mann-Mauer und kassiert dafür höhnisches Gelächter. Abpfiff. Der Nachbar: „Deutschland war einfach besser.“ (rgb/foto: Bohlander)