Grünstadt Zielstrebig ins Chaos

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Immer im Trend, immer chaotisch, heiter von der ersten Minute an: das sind Spitz und Stumpf. Das pfälzischen Comedy-Duo hat am Samstagabend im ausverkauften Rosengarten in Obrigheim sein Publikum bestens unterhalten, dabei genau die aktuellen Entwicklungen an der Weinstraße analysiert, stets aus der Sicht von Winzer Eugen Stumpf und seines wohlmeinenden Beraters Friedel Spitz.

„Kappeleien“ heißt das Programm, das Spitz und Stumpf, alias Bernhard Weller und Götz Valter, den Obrigheimern gezeigt haben. Und sich kappeln (oder: kabbeln) – pfälzisch für sich streiten – das können die beiden ja bestens. Als „Consulter“ – neudeutsch für Berater – betätigt sich Friedel Spitz, arbeitet stets Pläne aus, wie er die Vermarktung des nicht gerade als Spitzenerzeugnis eingestuften Weins von Eugen Stumpf vorantreiben kann. Dazu wird vor der Pause erst einmal das Weingut modernisiert, mit Friedels Ideen und Eugens Geld. Kühlschränke, die selbstständig Essen bestellen und vier Kilo Eis auf einmal auswerfen, mitdenkende Sonnenrollos – Licht- und Einbruchsschutz zugleich – beschafft Friedel für seinen Kumpel, dazu die Smart-Watch und das Tablet, mit denen er das ganze Paket modernster Technik steuern will – zielstrebig ins Chaos natürlich. Als der Kühlschrank entscheidet, dass der Drei-Liter-Familienbecher Joghurt abgelaufen ist, bekommt den per automatischen Auswurf natürlich der arme Eugen ab. Schritt eins in Richtung Ruin für das kleine Weingut. Seit 20 Jahren sind Weller (Spitz) und Valter (Stumpf) in der Pfalz und ein bisschen darüber hinaus auf Tour und haben dabei stets das pfälzische Leben und das, was sich mit dem Pfälzischen nicht vereinbaren lässt oder was mit ihm nicht stimmt, im Auge behalten. Selbst nach der langen Zeit auf der Bühne wirkt das Duo frisch, spitzig, braucht keine flachen Witze oder Griffe unter die Gürtellinie. Noch immer kommen die Charaktere, die die beiden darstellen, gut an. Die Figuren sind oft der Realität entnommen. Jeder im Saal hat schon vergleichbare komische Situationen erlebt, kennt zumindest ähnliche Menschen. Genau darin liegt die Stärke von Spitz und Stumpf. Wenn die beiden im zweiten Programmteil die Paläste der Winzergenossenschaften beschreiben – klar die Konkurrenz von Eugen, die seine Trauben nicht annimmt –, die überall entlang der Weinstraße in Granit und Alabaster hochschießen, dann wissen sie auch, dass Heidi, die schon immer den Sonntagsweinverkauf für die „hochdeutschen“ Gäste regelt, sich anders als ihr Umfeld nicht verändert hat. Oder dass Fritz, der gegen Abgabe des Laufzettels die Weinbestellung im Lager zusammenpackt, auch weiterhin mit Kippe im Mund alles andere als eine Ausgeburt der Freundlichkeit ist. Über solche Dinge lassen sich gut Witze machen, da sind Lacher garantiert. Der Höhepunkt des Programm allerdings ist, als Friedel dafür sorgt, dass Eugen zum Hipster wird, zum Crafter, der statt schlechtem Wein ein noch schlechteres Bier braut. Die Hausbrauerei Stumpf lädt zum „Kick off“ ihres „Palatinate Bastard Pale Ale“. Dass das schiefgehen muss, ist jedem klar, zumal Friedel als Abfüllanlage statt eines Geräts für Bier eines für Limonade beschafft hat. Chaos im zum Untergang bestimmten Weingut Stumpf, ein Schenkelklopfer nach dem andern: deshalb liebt das Publikum die beiden Protagonisten auf der Bühne, deshalb ist auch nach 20 Jahren ein Besuch in einem Programm der beiden Ur-Pfälzer ein tolles Erlebnis.

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