Grünstadt „Wir wollen die Bürger schützen“

Vor knapp 20 Zuhörern lehnte der Rat in der jüngsten Sitzung mehrheitlich den Antrag der FWG ab, der sich mit dem Abstand der Windkraftanlagen zur Wohnbebauung befasste. Heutige Windräder seien für die 2011 einstimmig ausgewiesene Vorrangfläche in östlicher Gemarkung nicht mehr geeignet, weswegen der Antrag eine Änderung des Flächennutzungsplanes vorsah beziehungsweise die Ausweisung rückgängig zu machen. Wegen der mehrheitlichen Ablehnung kündigte die FWG für die nächste Sitzung an, einen Antrag zu stellen, um eine Bürgerbefragung durchzuführen.

FWG-Fraktionssprecher Joachim Stefan Müsel begründete den Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes (FNP) beziehungsweise der Rückgängigmachung der bestehenden Vorrangfläche damit, dass sich Windkraftanlagen (WKA) im Vergleich zu 2011 weiter entwickelt hätten. Höhe und Emissionsausstoß seien weiter gewachsen (wir berichteten). Nach der fachlich anerkannten 10 H-Formel (Windradhöhe Mal zehn ist gleich minimaler Abstand zur Wohnbebauung) ergebe sich für Obrigheim nach derzeitiger Planung ein minimaler Abstand von 2000 Metern zur Ortsgrenze. Tilo Schwarz (FWG) betonte, dass die FWG nicht gegen Windkraft sei. Es sollten aber die Bürger in den Mittelpunkt gestellt werden, nicht die wirtschaftlichen Interessen. Höhere Windräder bedeuteten höhere Emissionen. „Wir wollen die Bürger schützen“, so Schwarz. Weswegen die Abstandhaltung zur Wohnbebauung derzeit als viel zu gering angesehen werde. Bauamtsleiter Erwin Fuchs erläuterte, dass WKA als privilegierte Bauvorhaben im Außenbereich generell zulässig sind, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Dies sei grundsätzlich im Bereich sogenannter Weißflächen so, die nicht mit Restriktionen wie beispielsweise Abstände zu Siedlungsflächen, Naturschutzgebiete, Grünzäsuren belegt sind. Dort müssten Windkraftanlagen genehmigt werden. Um die generelle Zulässigkeit einzugrenzen, nehme die Verbandsgemeinde über die Ausweisung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan eine Steuerung vor. Wenn die VG im FNP Konzentrationsflächen vorsieht, dürften Anlagen nur noch innerhalb dieser Flächen errichtet werden. Weißflächen gebe es dann keine mehr. Genau hier liege das Problem, wenn die Gemeinde nun versuchen würde, in den bestehenden Weißflächen die Flächennutzungsplanung der VG einzuschränken, beziehungsweise diese generell zu verhindern. Wenn ein potenzieller Investor gegen diesen FNP klagen würde, bestünde das Risiko, dass ein Gericht feststellt, dass der Windkraft nicht ausreichend Platz eingeräumt wurde. Die Gefahr, dass ein solcher Flächennutzungsplan vom Gericht aufgehoben werden würde, wäre extrem groß. Fuchs weiter: „Dann öffnen Sie hier Tür und Tor für einen Wildwuchs und haben das, was Sie nicht wollen. Wir planen für die Gemeinden und wollen genau das verhindern“. Der derzeitige Richtwert in Rheinland-Pfalz liege bei 800 Metern Abstand zur Wohnbebauung, so Fuchs. Dieser Richtwert könnte in begründeten Fällen durchaus über – oder unterschritten werden, eine generelle Abstandsregelung nach der 10 H-Formel – also bei 198 Meter hohen Windkraftanlagen rund zwei Kilometer – gebe es in Rheinland-Pfalz aber nicht. „Ob andere Länder dies regeln, bleibt abzuwarten, hätte aber immer noch keine Bindungswirkung für uns.“ SPD und CDU lehnten den FWG-Antrag ab, unter anderem deswegen, weil bei Abänderung des Flächennutzungsplans oder dem Herausnehmen der bestehenden Vorrangfläche ein freies Bauen von WKA möglich wäre. Die SPD betonte, dass sie den im Dezember gefassten (einstimmigen) Beschluss, keine Erweiterung für Vorrangflächen vorzunehmen, nicht wegen der BI „Gegen Windkraft“ mitgetragen habe. Der Grund sei der gewesen, so SPD-Fraktionssprecher Karlheinz Christ, dass die 2011 beschlossene Vorrangfläche für Windkraft ausreichend sei und die Gemeinde damit ihren Solidaritätsbeitrag zur Windkraft geleistet habe. (gsp)

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