Grünstadt Vor 300 Jahren: Bürgermeister stirbt am Tag seiner Vereidigung

Am Alten Rathaus in Grünstadt war im 18. Jahrhundert eine Freitreppe angebracht.
Am Alten Rathaus in Grünstadt war im 18. Jahrhundert eine Freitreppe angebracht.

Vor genau 300 Jahren wurde Johann Conrad Fabritius als Grünstadter Bürgermeister vereidigt. Lang war er nicht im Amt, denn er starb noch am selben Tag bei einem tragischen Unglück.

Johann Conrad Fabritius wurde am 6. März 1673 in Kirchheim als Sohn seines gleichnamigen Vaters und dessen Ehefrau Anna Felicitas (geborene Gansert) geboren. Die Familie war lutherischen Glaubens. Fabritius wurde Metzgermeister in Grünstadt und heiratete 1696 Anna Margaretha Seitz, Tochter des Grünstadter Viehhändlers und Wirtes „Zum Ochsen“. Mit ihr zusammen hatte er neun Kinder, einer seiner Söhne war Johann Peter Fabritius (1704–1771), gräflicher Landkommissar und Landamtmann zu Grünstadt.

Fabritius war ein sehr wohlhabender Bürger und Grundbesitzer. 1698 und 1699 kaufte er acht Äcker und Weinberge, 1700/1702 tätigte er 28, zwischen 1701 und 1710 26 und von 1710 bis 1718 sogar 50 Grundstückskäufe. Außerdem besaß er neun Äcker beziehungsweise Weinberge, die seine Frau 1692 von ihrem verstorbenen Vater geerbt und in die Ehe eingebracht hatte. Zusammen mit dem leiningischen Rat Joachim Friedrich von Pfeil gewährte Fabritius 1711 dem in Monsheim residierenden Grafen Johann Wilhelm Friedrich zu Leiningen-Westerburg ein Darlehen in Höhe von 5000 Gulden und weiteren 1000 Gulden, wofür ihm dieser die Einkünfte aus mehreren Dörfern überließ. Da keine ausreichende Tilgung erfolgte, verklagten Fabritius und seine Witwe den Grafen später beim Reichskammergericht.

1716 fungierte er als Taufpate von Conrad Heinrich Seekatz, Sohn des leiningischen Hofmalers Johann Martin Seekatz. 1711 wurde Fabritius Gemeindevorsteher, von 1719 bis 1722 diente er als gräflicher Oberschultheiß, also Bürgermeister, von Grünstadt.

Der Bürgermeister stürzt von der Treppe

Am 24. August 1722 sollte er den Höhepunkt in seiner städtischen Karriere erreichen: Fabritius wurde erneut zum Bürgermeister von Grünstadt gewählt. Das kann man an seinem Epitaph ablesen, das heute noch an der südlichen Außenmauer der Martinskirche steht. Der mit einem gekrönten Metzgerwappen geschmückte Gedenkstein hebt hervor, dass der Handel unter Fabritius blühte und er ihn nach Kräften förderte. Die Einwohner hätten ihn einstimmig zum Bürgermeister gewählt, „nachdem er schon Gewaltiges für das öffentliche Wohl geleistet“ hatte.

Doch lange sollte er nicht im Amt bleiben. Wie auf dem Epitaph geschrieben steht, starb er nach einem Sturz von der damaligen Freitreppe des Grünstadter Rathauses. „Gerade war er von den erlauchten Grafen allergnädigst bestätigt, da stürzte er unglücklicherweise in der Blüte seiner Jahre von der Rathaustreppe, verletzte sich tödlich und starb am 24. August 1722“, heißt es in der Inschrift. Das lutherische Kirchenbuch nennt einen Schlagfluss als Todesursache. Möglicherweise erlitt er diesen auf der Treppe und stürzte deshalb hinunter.

Von der Freitreppe ist am Alten Rathaus heute nichts mehr zu sehen. Doch es gibt noch eine zweite Quelle, die von einer Treppe spricht. Es ist nämlich überliefert, dass der spätere Marschall Gebhard Leberecht von Blücher 1794 auf seinem Schimmel die Grünstadter Rathaustreppe hochgeritten sei und eine Ansprache an die Bevölkerung gehalten habe.

Der Autor

Joachim Specht ist Vorsitzender des Altertumsvereins Grünstadt-Leiningerland. Er kuratierte die neue Dauerausstellung im Alten Rathaus über die Geschichte der Region, die jeden Sonntag geöffnet ist.

Joachim Specht
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