Eisenberg Umfrage: Wie gleichberechtigt fühlen Sie sich?

Sonja Walter
Sonja Walter

Der Internationale Frauentag ist in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ein gesetzlicher Feiertag – in Rheinland-Pfalz nicht. Doch auch hier wird natürlich so an das Thema Gleichberechtigung erinnert. Die RHEIPFALZ hat Frauen in Eisenberg gefragt, wie gleichberechtigt sie sich fühlen. Auch in Berufen, die bislang als Männerdomänen galten.

Sonja Walter ist 58 Jahre und wohnt in Steinborn. Sie arbeitet im Ausbildungsmanagement bei der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland in Eisenberg. „Ich habe in den Jahren von 1985 bis 1999 Vollzeit gearbeitet und habe dann meine Arbeitszeit um die Hälfte gekürzt, weil ich Mutter wurde“, erinnert sie sich. Sie habe immer viele Überstunden gleistet, um die Arbeitsflut bewältigen zu können und habe dann langsam wieder aufgestockt bis auf 30 Arbeitsstunden pro Woche. „Ich habe mich als Frau in meiner Aufgabe nie benachteiligt gefühlt, sehe aber den Karriereknick eindeutig mit Beginn meiner Teilzeitbeschäftigung aufgrund der Kindererziehung“, betont sie und ergänzt: „Heute würde ich darauf achten, mir die Rückkehr zu Vollzeit zusichern zu lassen. Mein Wunsch wäre, dass die Entscheidung zur Teilzeit und sich darin zu behaupten nicht zu einem Karriereknick führt und man trotzdem die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten hat, wie in Vollzeit.“

Die 20-jährige Burcu Satici aus Bad Kreuznach arbeitet in Eisenberg in der Verwaltung. Die Deutsche mit türkischen Wurzeln ist zusammen mit ihrem Bruder bei ihren Eltern in Deutschland aufgewachsen. „Schon als Kind haben mich meine Eltern immer gleich behandelt mit meinem Bruder“, sagt sie. Besonders der Vater habe ihr immer alles ermöglicht und sie auch sehr unterstützt. „Mein Vater ist selbst im Sport sehr aktiv und hat mich immer gefördert – ich bin in meiner Freizeit HipHop-Tänzerin und mache Showtanz“, verrät sie. Dass sie dafür auch Bühnenauftritte hat, sei nie ein Problem für ihre Eltern gewesen. Sie selbst habe hohe Anforderungen an sich selbst und sei sehr ehrgeizig. „Die Vergangenheit meiner Eltern war sicher nicht immer einfach und deshalb war es für meinen Vater so wichtig, seine Ziele zu erreichen, das habe ich wohl geerbt“, vermutet sie. Auch in ihrer Aus- und Weiterbildung habe sie stets auf ihre Eltern zählen können, habe keinerlei Benachteiligung beispielsweise gegenüber ihres Bruders erfahren ebenso wie im Beruf. „Lediglich in der Schule sind mir hin und wieder Ungleichbehandlungen zwischen Jungs und Mädchen aufgefallen, deshalb wäre mein Vorschlag, die Geschichte der Frauenbewegungen in den Unterricht mit aufzunehmen“, sagt die junge Frau und ergänzt: „Das Wort Feminismus hat ja schon von vorneherein einen negativen Touch und wenn man mehr über die Geschichte der Frauenbewegungen wüsste, könnte man die Problematik sicherlich auch besser verstehen. Es war ja schließlich so, dass wir vor 100 Jahren noch nicht wählen und auch nur eingeschränkt arbeiten durften und die Frauenrechte erst im Laufe der Zeit ganz langsam etabliert haben.“

Es wurde getuschelt

Jutta Haag aus Monsheim arbeitet seit 25 Jahren bei der Gießerei Gienanth in Eisenberg im Vertrieb Handformguss für Motorblöcke – eher ein von Männern dominierter Bereich. Die gelernte Industriekauffrau ist schon immer vertriebsorientiert und liebt den Kontakt zu Kunden. „Ich habe zu keiner Zeit eine Benachteiligung oder Vorurteile bei der Geschäftsführung oder dem oberen Management gespürt, wohl aber in meiner Anfangszeit bei Kollegen, und zwar bei weiblichen“, erinnert sich die 54-Jährige. Sie habe abwertende Bemerkungen und auch Tuscheleien wahrgenommen, die sie durchaus verletzt hätten. „Glücklicherweise habe ich gelernt, damit umzugehen, man hat sich an mich gewöhnt und irgendwann hat sich das Gerede auch gelegt“, erzählt die Key Account Managerin. Sie habe auch internationale Kundenkontakt, beispielsweise nach Japan – auch hier sei sie igleichbehandelt worden und habe nie eine Benachteiligung bemerkt. „Auch meinen türkisch-stämmigen Meisterkollegen gehen absolut professionell mit mir als Frau um“, betont sie. Im Zusammenhang mit dem Thema Feminismus beklagt Haag allerdings den Umgang und den Wortgebrauch von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die in ihren Reden immer wieder den Ausdruck „feminine Außenpolitik“ wähle. Haag sagt: „Diese Wortwahl ist meines Erachtens nicht förderlich für die Gleichberechtigung.“

Als Maler und Lackierer stellt man sich meist einen Mann vor – doch weit gefehlt: Felicitas Radtke aus Wattenheim lernt Fahrzeuglackierer beim Dech Malerbetrieb in Eisenberg – sie ist im ersten Lehrjahr. „Bereits in der achten Klasse hatten wir in der IGS Grünstadt Gelegenheit, ein Praktikum zu machen“, erinnert sich die 17-Jährige, das sie bei einer Baumaschinenvermietung in Frankenthal absolvierte. „Ich war dort eine Woche in der Werkstatt, in der Baumaschinen repariert wurden und durfte dann in die Lackiererei wechseln, was mir sehr viel mehr Spaß gemacht hat“, so die junge Frau. Hier habe sie nicht nur zuschauen dürfen, sondern habe selbst kleine Aufgaben erledigt, beispielsweise mit der Schleifmaschine Teile abgeschliffen. „Die Zeit ging in der Lackiererei vorbei wie im Flug, weil ich so viele verschiedene Dinge gemacht habe, das hat mir gefallen“, erzählt sie. Als in der neunten Klasse das Wahlpflichtfach gewählt werden musste, habe sie sich für „Reinschauen ins Berufsleben“ entschieden und damals erneut bei mehreren Handwerksbetrieben Praktika absolviert. „Aus meinen Praktikum bei Dech wurde dann ein Ausbildungsvertrag“, sagt sie strahlend.

Ein eher typisch weiblicher Bürojob sei für sie nie in Frage gekommen, da sie Bewegung brauche. Ausschlaggebend für ihre Entscheidung für die Ausbildung zum Fahrzeuglackierer sei nicht die Frage gewesen, Männer- oder Frauenjob, sondern ausschließlich die Tatsache, was ihr Spaß mache. Der Umgang mit ihren oft männlichen Kollegen sei absolut problemlos und auf kollegialer Basis. Sie sagt: „Alle sind sehr hilfsbereit, jeder achtet auf mich, ich kann viel ausprobieren und werde total unterstützt – ich fühle mich pudelwohl.“

Burcu Satici
Burcu Satici
Jutta Haag
Jutta Haag
Felicitas Radtke
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