Grünstadt „The Kid Brother“: Stummfilmkonzert in der Grünstadter Filmwelt

Einer der ganz Großen des Stummfilms: Harold Lloyd, hier in einer Szene aus „The Kid Brother“.
Einer der ganz Großen des Stummfilms: Harold Lloyd, hier in einer Szene aus »The Kid Brother«.

Mehr als 200 Komödien hat Harold Lloyd zwischen 1914 und 1947 gedreht. „The Kid Brother“ gilt als seine beste. Und sie steht am 24. Oktober auch im Mittelpunkt, wenn der Grünstadter Kulturverein zu seinem beliebten Stummfilmkonzert in die Grünstadter Filmwelt lädt.

Wenn man für gewöhnlich an Stummfilme denkt, dann fallen einem meist drei Namen ein: Charlie Chaplin, Buster Keaton – und eben Harold Lloyd. „The Big Three“, die großen Drei, werden sie in den Vereinigten Staaten ebenso liebevoll wie ehrfürchtig genannt. Bei Lloyd ist es vor allem die ikonische Szene, wie er in „Safety Last“ zappelnd am Zeiger der Uhr eines Wolkenkratzer hängt, die im kollektiven Gedächtnis geblieben ist. Die Komödie aus dem Jahr 1923 ist denn auch zweifellos sein berühmtester Film.

Wenn es aber um die Frage geht, welcher Film sein bester ist, dann ist die Antwort nicht ganz so eindeutig. Denn nicht immer sind die populärsten Filme ja auch die besten und überhaupt hat der 1893 in Nebraska geborene Komiker mehr als 200 Filme gedreht, unzählige Stummfilme, aber auch einige „talkies“, Filme also mit hörbarem Dialog. Die meisten Kritiker aber würden wohl „The Kid Brother“ aus dem Jahr 1927 lobpreisen, der im deutschsprachigen Raum als „Der kleine Bruder“ und auch als „Harold, der Pechvogel“ vermarktet wurde. Lloyd, ohnehin immer sehr „hands on“ bei seinen Filmen, spielte hier nicht nur die Hauptrolle, sondern war auch an der Regie beteiligt.

Im Wilden Westen

Der Streifen ist im amerikanischen Wilden Westen der 1870er Jahre angesiedelt, wo Harold Hickory, gespielt von Lloyd, sich als jüngster Sohn einer Sheriff-Familie mit der Rolle des Aschenputtels zufriedengeben muss. Erst die Ankunft einer dubiosen Medizin-Show, der auch Mary (Jobyna Ralston) angehört, in die sich Harold unsterblich verliebt, bietet dem schüchternen Brillenträger die Chance, sich nach einer Reihe von Blamagen zu beweisen.

Der Film ist fast schon ein bisschen untypisch für Lloyd. Der ließ seine Werke ja bekanntlich eher im urbanen Raum spielen, die Verlagerung der Handlung raus aufs Land, das war für den Komiker schon eher ungewöhnlich. Ebenso wie der Verschleiß von insgesamt vier (!) Regisseuren. Außerdem holte sich Lloyd eine ganze Armee an Gagschreibern mit ins Boot, witztechnisch wollte er hier aus allen Rohren feuern. Immerhin machte der Tonfilm dem Stummfilm mittlerweile Konkurrenz, da musste man sich eben etwas einfallen lassen.

Ein letztes Hurra

Am Ende hatte sich der ganze Aufwand gelohnt: Der Streifen war ein voller Erfolg, und auch eines der letzten großen Hurras den guten Lloyd, dessen Karriere nach der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 langsam zu schlingern zu begann.

Der Stummfilmpianist Richard Siedhoff zieht in der Filmwelt nun seinen Hut vor „The Kid Brother“. Siedhoff ist nicht zum ersten Mal in Grünstadt zu Gast und überhaupt unglaublich erfahren auf dem Gebiet der Stummfilmvertonung. Seit 2008 begleitete er nach Angaben des Kulturvereins bereits mehr als 300 Stummfilmklassiker mit Eigenkompositionen auf dem Piano. Was zum Ende des 19. und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts mangels Tonspur aus der Not geboren üblich war – die Begleitung von Stummfilmvorführungen im Kino live durch Orchester oder Klavier - ist heutzutage als sogenanntes Stummfilmkonzert eine eigene Kunstform. Und wie wird beim Publikum des Grünstadter Kulturverein traditionell besonders geschätzt.

Termin

Die Vorstellung in der Grünstadter Filmwelt, Von-Ketteler-Ring 14, beginnt um 18 Uhr, Einlass ist um 17.30 Uhr nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete gemäß den Hygieneregeln der Filmwelt. Karten im Vorverkauf in Grünstadt bei Bilder und Rahmen Haass, Optik Neumann, der Touristinformation im Alten Rathaus sowie an der Kinokasse und unter www.kulturverein-gruenstadt.de.

Richard Siedhoff
Richard Siedhoff
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