Grünstadt „Stadt muss sich zu Kunstverein bekennen“

Ein Vorschlag der hauptamtlichen Direktorin des Kunstvereins Ludwigshafen: das Kunsthaus unter professionelle Regie stellen. Sch
Ein Vorschlag der hauptamtlichen Direktorin des Kunstvereins Ludwigshafen: das Kunsthaus unter professionelle Regie stellen. Schließlich investiere die Verwaltung bereits Ressourcen; diese könne man ausbauen.

Dem Frankenthaler Kunstverein Die Treidler droht die Auflösung – wenn sich bis Sommer kein neuer Vorsitzender findet. Wir fragten Barbara Auer, Direktorin des Kunstvereins Ludwigshafen und einzige hauptamtliche Leiterin eines solchen Vereins in Rheinland-Pfalz, nach Ideen, wie die Treidler weiter geführt werden könnten. Allerdings: Alle kosten Geld.

„Ohne ein klares Bekenntnis der Stadt zu ihrem Kunstverein geht es nicht“, sagt Barbara Auer. Ludwigshafen stand vor 24 Jahren vor einer ähnlichen Frage wie jetzt Die Treidler in Frankenthal. Es fand sich niemand, der bereit war, den Kunstverein ehrenamtlich zu führen. Mit Unterstützung der Stadtsparkasse und mit Mitteln des Landes sei es der Verwaltung damals gelungen, eine hauptamtliche Leitung zu installieren. Es ist die einzige in ganz Rheinland-Pfalz. Etwa die Hälfte des Etats – für vier Ausstellungen im Jahr, Personal und Verwaltung liegt er bei 180.000 Euro – komme von Sponsoren. „Um die muss ich jedes Jahr neu werben.“ Die Räume stellt die Stadt kostenlos zur Verfügung. „Das ist ein großes Plus.“ Üppig ist die Personalausstattung allerdings auch in Ludwigshafen nicht. Direktorin Auer, die sich um alle kuratorischen Fragen kümmert, hat eine Dreiviertelstelle, ihre Assistentin, die auch die Verwaltung der vereinseigenen Jugendkunstschule übernimmt, hat einen Vollzeitvertrag. „Man muss schon für diese Aufgabe brennen“, sagt Kunsthistorikerin Auer, die seit 1996 Direktorin des Kunstvereins in der Chemiestadt Ludwigshafen ist und sich zudem als Sprecherin in der Arbeitsgemeinschaft der Kunstvereine (ADKV) in Rheinland-Pfalz engagiert. Nachfolge landesweit Problem Nach 20 Jahren will die Treidler-Vorsitzende Alis Hoppenrath ihr Ehrenamt abgeben. Der Schritt ist lange angekündigt, seit einem Jahr findet sich niemand, der die Nachfolge antreten will (wir berichteten). Der Verein denkt deshalb auch über eine Auflösung als letzten Schritt nach. „Frankenthal ist mit seiner ungelösten Nachfolgefrage nicht allein“, weiß Auer. Das Thema stehe deshalb unter anderem bei einem Treffen der Rheinland-pfälzischen Kunstvereine im Mai in Speyer auf der Agenda. Die ADKV hat schon vor einiger Zeit mit Unterstützung des Kultusministeriums das Programm „Changemanagement“ aufgelegt, mit dem der Generationenwechsel in Kulturvereinen begleitet werden soll. Auch hier wolle man die Kunstvereine noch expliziter in den Blick nehmen. Für Frankenthal sieht Barabara Auer verschiedene Lösungsmodelle. Denkbar sei beispielsweise, eine Verwaltungskraft anzustellen und die Programmplanung weiter ehrenamtlich zu leisten. „Der Verwaltungsaufwand ist enorm“, betont die 61-Jährige – von einzelnen Abrechnungen über Förderanträge, Finanzverwaltung bis hin zur jährlichen Steuererklärung. Umgekehrt könne man auch die Verwaltung im Ehrenamt stemmen und einen professionellen Kunsthistoriker als Kurator engagieren – fest angestellt oder auf Honorarbasis. Mit etwa 20.000 Euro für vier Ausstellungen – wie sie die Treidler aktuell anbieten – müsse man dabei sicher rechnen. Ihren eigenen Etat will Auer nicht offenlegen. Eine dritte Möglichkeit ist für Barbara Auer, das Kunsthaus Frankenthal als Kunstverein zu führen und alle Ausstellung unter professionelle Regie zu stellen. Bislang teilen sich Stadtverwaltung und Treidler die Programmgestaltung. „Man investiert ja bereits Ressourcen und könnte diese erweitern“, schlägt Auer vor. Das Kunsthaus sei ein tolles Gebäude, aus dem man viel machen könne. Die Stadt habe ja bereits Geld in das Kunsthaus investiert. „Und dieses Haus weckt Erwartungen.“ „Geld nicht allein entscheidend“ Geld allein sei übrigens für den Erfolg eines Kunstvereins nicht ausschlaggebend. „Ein Kunstverein braucht ein Profil.“ Die Ansprüche der Besucher seien hoch, man dürfe den Anschluss an die Museen nicht verlieren und nicht provinziell werden. Auch die Werbung in sozialen Medien sei heute wichtig. „Land honoriert Arbeit zu wenig“ In Rheinland-Pfalz schließen die Kunstvereine für Auer eine wichtige Lücke. Zeitgenössische Kunst werde ansonsten nur im Wilhelm-Hack-Museum, in der Kunsthalle Mainz und in der Pfalzgalerie Kaiserslautern gezeigt. „Diese extrem wichtige Arbeit wird vom Land zu wenig honoriert“, beklagt die Direktorin des Ludwigshafener Kunstvereins. Europaweit habe dieses deutsche Vereinsmodell ein tolles Renommee und gelte als die Institution zur Förderung zeitgenössischer Kunst. 300 Institutionen mit über 100.000 Mitgliedern gibt es laut ADKV bundesweit. Ein weiteres wichtiges Standbein, das einen Kunstverein in einer Stadt fest verankere, sei die Kunstvermittlung. In Ludwigshafen wurde zu diesem Zweck vor zehn Jahren die Jugendkunstschule Unartig gegründet, in der sechs bis acht Honorarkräfte beschäftigt sind. „Ich kann das nur jedem empfehlen“, sagt Barabara Auer. Sollten sich die Treidler im Sommer mangels Nachfolge auflösen müssen, sei das ein herber Verlust, findet sie. „Die Treidler machen gute Arbeit.“ Wenn die Stadt Geld für ihren Kunstverein in die Hand nehme, sei auch das Land leichter für eine finanzielle Unterstützung zu gewinnen, das sei ihre Erfahrung. „Neben einem Hauptberuf ist dieses Ehrenamt definitiv nicht zu stemmen.“

„Die Treidler machen gute Arbeit“, lobt Barbara Auer.
»Die Treidler machen gute Arbeit«, lobt Barbara Auer.
Alis Hoppenrath gibt im Sommer die Leitung der Treidler ab.
Alis Hoppenrath gibt im Sommer die Leitung der Treidler ab.
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