Grünstadt Reiseleiter durch die pfälzische Sicht der Dinge

„Wer in Deutschland lächelt und nicht geisteskrank ist, macht sich verdächtig“, verkündet Chako Habekost im Evangelischen Gemein
»Wer in Deutschland lächelt und nicht geisteskrank ist, macht sich verdächtig«, verkündet Chako Habekost im Evangelischen Gemeindehaus in Eisenberg.

Fluglärm im stockdunklen Saal. Spannung, Gewitter, Trommelwirbel. Statt im voll besetzten Evangelischen Gemeindehaus in Eisenberg befindet sich das Publikum am Samstag hoch über den Wolken. Gleich landet es irgendwo im Busch und begibt sich mit Reiseleiter und Eingeborenen-Versteher Chako, alias Christian Habekost, auf Tour. Die Suche nach „De Edle Wilde“ ist eine urkomische Safari durch den Dschungel der Vorurteile, Stereotypen und Wortverdrehungen.

Vor einer grün angestrahlten Palme begrüßt der Comedian seine Reisegruppe im Safari-Park Palatina Magma Superior und erklärt, dass die Trommelfelle von Ungeübten durch „Pälzisch pelzisch“ werden können. Doch das Pfälzische sei in jeder genetischen Matrix der Menschheit enthalten, denn es sei die Ursprooch. Das habe schon vor 500.000 Jahren begonnen, als man sich noch nicht mit komplizierten Grammatikkonstruktionen aufgehalten habe, und die Kommunikation aus einsilbigen, prägnanten Lauten bestand. Das passe auch immer noch, egal, ob man sich über einen Falschparker vom verfeindeten Stamm der Saarländer aufregt oder seinem Gegenüber mitteilen möchte, dass man das Weibchen da vorn ganz anziehend findet. Köstlich, wie Chako dann ebensolche Dialoge mit einem virtuellen Gesprächspartner führt. Pfalzizismen ließen sich in jeder Fremdsprache dieser Welt aufspüren. So steckten im Worst Case „Worscht un Käs“, denn das gab’s im amerikanischen Bürgerkrieg nicht. Den Besuchern des Comedyabends schießen die Lachtränen in die Augen. „De Edle Wilde“ ist das 13. Programm des gebürtigen Mannheimers, den es 1994 auf die linke Seite des Rheins nach Bad Dürkheim zog. In seiner Heimatstadt, in London und in Kingston (Jamaika) studierte er neben Politischen Wissenschaften Anglistik und Germanistik. Habekost schloss seine Promotion über afro-karibische Performance-Stile, Dub & Rapso Poetry mit Auszeichnung ab und avancierte schließlich zum Calypso-King. Einen ordentlichen Hüftschwung und Rhythmusgefühl zeigt der 56-Jährige auch am Samstag in Eisenberg. „Wer in Deutschland lächelt und nicht geisteskrank ist, macht sich verdächtig“, verkündet er. Was man dann aber alles in Kauf nehme, wenn man in Urlaub fahre, um mal rauszukommen, sei schon erstaunlich: Da zahle man viel Geld, um sich Steinhaufen (Pyramiden) anzuschauen oder Alteisen (Eiffelturm), an den Niagarafällen verstehe man vor lauter Wasserrauschen sein eigenes Wort nicht und im Kolosseum werde man bei Regen nass, weil das Dach fehlt. Die kreative Quasselstrippe setzt sich unter die Palme, schlägt die Beine übereinander und macht auf alternativ-esoterischen Spinner, der mit betont weicher Stimme erklärt, dass er deshalb lieber Urlaub mache, bei dem er etwas lernen könne. Er erzählt von einem Kurs über „Nachhaltiges Elefantenschmusen“ und einer Studienfahrt nach St. Wendel zum Thema „Orthodoxe saarländische Ikonenmalerei“. Da der Kabarettist fast Dozent an einer Hochschule geworden wäre, dürfen auch wieder – wie schon bei früheren Programmen – ein paar Worte über Lehrer nicht fehlen, die von Erziehungsberechtigten bedrohte Spezies. Apropos früher: Plötzlich hat Chako die zusammengefallene Körperhaltung eines hochbetagten Menschen angenommen, der Buckel ist krumm, die Hose Hochwasser, die Unterlippe hängt und die Finger zittern. „Des hot’s frieher net gegewwe!“ fängt der Alte mit piepsiger Stimme an, sich an den Schulunterricht von anno dazumal zu erinnern, als die Kinder (und deren Eltern) noch Respekt vor den Paukern hatten. Heute werde ein Sportlehrer, der Hilfestellung beim Geräteturnen gibt und dabei Schüler anfasst, ja gleich als pädophil verteufelt. Richtig gemein sind laut Chako die Straßenbauämter. Um die natürliche Fröhlichkeit der Pfälzer bei ihren Touren von einem Woifeschd zum nächsten zu dämpfen, treffe man überall auf dreieckige Schilder mit rotem Rand, auf denen „ein Männel mit Schaufel im Sch...haufen“ abgebildet sei. Besonders perfide: „die Wanderbaustelle – denkst, du bist sie los, da taucht sie wieder auf!“ Aber auch einem Stau könne ein Pfälzer etwas Gutes abgewinnen: Mit einem Kühlschrank voller Riesling im Beifahrer-Fußraum verwandle er ihn in ein Weinfest – so wie Jesus aus Wasser Wein gemacht habe. Mit einem Gebet an den großen Bacchus kann sich Chako aber noch nicht verabschieden: Das Publikum verlangt eine Zugabe.

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