Grünstadt Qualm statt Film

„Dies ist ein Evakuierungsalarm. Bitte bleiben Sie ruhig und verlassen Sie das Kino zügig über die gekennzeichneten Wege.“ Diese Durchsage ist am Donnerstagabend in der Filmwelt Grünstadt nur zu Probe erfolgt. Die Grünstadter Wehr übte einen Brand im Kino – zwei Nebelmaschinen sorgten für das „Echtheits-Gefühl“.
Die sieben Feuerwehrwagen nähern sich nach dem Notruf um 19.28 Uhr ohne Martinshorn und Blaulicht. Bei den wöchentlichen Übungen gehe es weniger um das schnellstmögliche Erreichen des Einsatzortes als vielmehr um das Trainieren der Abläufe sowie darum, ein Objekt kennenzulernen, erläutert der stellvertretende Wehrleiter Jens Michel, der mit weiteren 31 Leuten vor Ort war. Kinosaal 3 ist schon am Nachmittag vorbereitet worden, unter anderem wurden vier lebensgroße Dummys darin versteckt, teilweise unter den Sitzen. Weitere fünf Personen, ein Mitarbeiter der Filmwelt und vier Mitglieder der Jugendfeuerwehr, mimen die durch Rauchgas Verletzten. Einer von ihnen hält sich in der Nähe des Vorführraums auf, die anderen haben sich über einen Notausgang auf das Dach geflüchtet und müssen über die Drehleiter gerettet werden. Gerade wird sie ausgefahren. Derweil verschaffen sich andere Feuerwehrleute über den nach draußen führenden Notausgang Zutritt in den Kinosaal 3. „Wir räumen ihn von den oberen Sitzreihen aus nach unten, denn Hitze und Rauch breiten sich nach oben aus und bleiben dort hängen“, erläutert Bernhard Siegel. Mit einer Wärmebildkamera, die auch die niedrigen Temperaturen sichtbar macht, die von den Kühlakkus an den Puppen ausstrahlen, werden die Dummys schnell gefunden und auf Tragen herausgebracht. Siegel kann bereits nach wenigen Minuten vermelden: „Zwei Erwachsene, ein Kleinkind und ein Säugling sind in Sicherheit.“ Wenn es sich um die jährliche Großübung oder ein echtes Feuer handeln würde, müsste die Schnelleinsatzgruppe dabei sein, ebenso wie Rettungsdienst, Kriseninterventionsdienst und Polizei, informiert Siegel. Jetzt ordnet er die Lüftung des vernebelten Saals an. Die Windmaschine heult. Nach rund zehn Minuten hat sich der Qualm vollständig verzogen. Das gehe so fix, weil das 2015 eröffnete Kino den aktuellen Brandschutzvorgaben entspreche und in den Decken Rauchabzüge installiert seien, so Michel. Toll sei, dass man aus jedem Saal ins Freie gelange. Sitze und Teppiche seien aus nicht brennbarem Material. „Im alten Europakino in der Jakobstraße waren unter den Holzbalken des Dachstuhls nicht begehbare Zwischendecken eingezogen, auf denen dick der Staub lag. Ein Blitz und das Ganze hätte gebrannt wie Zunder“, blickt Oliver Lebert zurück, der die Filmwelt zusammen mit Alexander Cyron betreibt. Es sei schön zu sehen, dass alles im Falle eines Falles automatisch einwandfrei funktioniert, sagen die beiden. So seien nach Ausbruch des Brandes sofort der Projektor stehen geblieben und das Licht angegangen. Die Brandschutzklappen hätten sich geschlossen und die Lüftung habe sich abgeschaltet, sodass der Rauch nicht in die anderen Räume der Filmwelt ziehen konnte. „Das ist etwas anderes als ein Probealarm, den man per Knopfdruck auslösen kann“, sagt Cyron. Gelernt haben er und Lebert, dass sich leitende Kinomitarbeiter im echten Unglücksfall unbedingt Warnwesten anziehen sollten. „Ansonsten finden fremde Wehrleute in dem Durcheinander von Hunderten flüchtenden Menschen nicht die richtigen Ansprechpartner, die ihnen zum Beispiel sagen können, was passiert ist und wo das Treppenhaus ist“, erklärt Cyron. Die Freiwillige Feuerwehr hat durch die Übung erfahren, dass sie die Poller am Vorplatz nicht herausnehmen muss. Für die Drehleiter ist der Winkel von der Straße aus viel günstiger, um aufs Dach zu gelangen. Spende auf Lokalseite 2