Kolumne „Leininger Nachlese“ Mystisches Naturschauspiel in der Bockenheimer Martinskirche
Es hat tatsächlich geklappt! Um 7.14 Uhr ging am vergangenen Sonntag die Sonne auf. Dass das passieren würde, wussten wir ja – schließlich geht sie jeden Tag auf. Und auch die Uhrzeit und die Himmelsrichtung ließen sich berechnen. Doch dass auch das Wetter mitspielte, damit konnte allerdings niemand rechnen.
Doch von vorn: Sonntagmorgen, 5 Uhr. Der Wecker riss mich aus dem Schlaf. Sofort ging der Blick in Richtung Sterne. Wenn keine Wolken am Himmel sind, wird man später auch den großen Stern in aller Pracht sehen können. Wir wollten es wissen: Kann unsere kleine Dorfkirchein meinem Heimatort ein ähnliches Naturschauspiel bieten wie der Speyerer Dom? Dort sorgt das Oculus-Fenster dafür, dass das Licht am Morgen der Tag-und-Nacht-Gleiche exakt auf das Hauptportal trifft – ein wahrhaft mystischer Moment. Bei den Recherchen zu meinem RHEINPFALZ-Podcast über den Speyerer Dom durfte ich das erleben.
Nachdem kurz vor 6.30 Uhr die ersten Menschen in die Bockenheimer Martinskirche pilgerten, ging es um 7 Uhr schon los. Es war stockdunkel und ich begann, auf der Orgel zu improvisieren. Es war sogar so dunkel, dass ich nicht wusste, ob wir uns bei der Berechnung des Sonnenaufgangs vertan haben. Dass dieser so schnell vonstatten geht, hat mich überrascht. Da sieht man mal, wie wenig wir heutzutage gewohnt sind, den Sonnenaufgang in freier Wildbahn zu sehen.
Um 7.14 Uhr war es dann so weit. Die ersten Sonnenstrahlen brachen durch das Fenster im Chorraum und tatsächlich – es funktionierte. Das Licht füllte den Raum, und für einen Moment schien die ganze Kirche in einem besonderen Glanz zu stehen.
Pfarrerin Ute Metzger fand die passenden Worte zum Beginn dieses ungewöhnlichen Morgens: Den Anfang der Schöpfungsgeschichte, „Es werde Licht“. Noch nie habe ich diese Worte so wirksam, ja fast schon gewaltig, erlebt wie in diesem Moment. Und es ward Licht. Und wie!
In der nächsten Folge des Dom-Podcasts, die am Montag veröffentlicht wird, geht es übrigens um Helmut Kohl und die Zeit der Staatsbesuche im Speyerer Dom. Aber keine Angst: Diesmal versuche ich nicht, das in Bockenheim nachzumachen.