Grünstadt Manchmal ist schon der Ort selbst ein Kunstwerk

Anja Theobald-Schuster hat im Blauen Rathaus in Bockenheim ausgestellt.
Anja Theobald-Schuster hat im Blauen Rathaus in Bockenheim ausgestellt.

Zum 16. Mal hat es am Wochenende beim Kunstweg in Bockenheim und Kindenheim die Möglichkeit gegeben, sich an zehn Stationen Kunst außerhalb von Museen und Galerien anzuschauen und dabei mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen.

Bereits am frühen Samstagmittag sind zahlreiche Kunstinteressierte mit gelben Flyern in den Händen zu den vier Ausstellungsorten in Kindenheim unterwegs. Carola und Jürgen Wolff haben zum ersten Mal ihr Anwesen geöffnet. Der Kunstweg sei einer der Gründe für den Kauf eines Hauses in Kindenheim gewesen, erzählt Jürgen Wolff. Inzwischen strahlt das historische Fachwerkhaus im neuen Glanz, und so war die Zeit reif, Haus und Garten kunstinteressierten Besuchern zu präsentieren. „Kunst, Krempel, Kitsch, da gibt es keine Berührungsängste“, meint Wolff. Eingeladen zur Premiere ist der Freinsheimer Künstler Christian Steiner, auch er ein Neuling beim Kunstweg. Er kreiert seine Objekte aus totem Holz, das er auf Waldspaziergängen findet, und Pfälzer Sandstein. Ab und zu kommt die Säge zum Einsatz, aber im Prinzip verwendet er die Fundstücke unbearbeitet. Sie werden eingeölt und dann auf einen Sandsteinsockel montiert. Bei der Namensfindung sind oft seine Frau oder Bekannte behilflich. „Jeder sieht ja in so einem Fundstück etwas anderes“, erklärt Steiner. So kann aus einer „Lyra“ schon mal ein Arnold Schwarzenegger werden. Auch Norbert Göbel, der bereits seit zehn Jahren am Kunstweg teilnimmt, arbeitet vorwiegend mit Eichenholz und Metall. In seinem weitläufigen Garten sind zahlreiche seiner Objekte zu bewundern. Er lässt das Ursprungsmaterial oft jahrelang in seiner Werkstatt liegen, bis ihn die Muse küsst. Der Schaffensprozess an für sich geht dann meist relativ schnell. Manchmal liegt aber auch die Tücke im Objekt selbst, und er muss noch einmal von vorn anfangen. „Learning by doing“, meint der Autodidakt schmunzelnd. „Langsam wird es eng hier“, sagt Göbel im Hinblick auf die Fülle seiner Kunstwerke. Momentan ist in seiner Werkstatt aber noch etwas Platz, so dass die Grünstadter Künstlerin Jutta Weckerle rund 40 Bilder ausstellen kann. Sie malt überwiegend Aquarelle, seit einiger Zeit auch Acrylbilder und Gouachen. Inspirieren lässt sie sich von der Natur – Landschaften, Blumen, Tiere, Früchte, die sie zu Stillleben kombiniert. Ines Segger ist Keramikgestalterin und betreibt das Tonhaus in Bockenheim. Die Mitorganisatorin des Kunstwegs freut sich, dass dieser inzwischen etabliert ist und die Besucher aus einem Radius von 100 Kilometern kommen. In ihrer Werkstatt kann man sich bei Vorführungen anschauen, wie Keramiken entstehen. „Man kann den Leuten beim Arbeiten zuschauen, so wie in der Sendung mit der Maus.“ Ein großer Verkaufserfolg sind Tabakköpfe für Sishapfeifen. Davon gehen pro Woche etwa 5000 Stück in viele Länder, sogar bis nach Dubai. Im Garten ist zum ersten Mal der italienische Bildhauer Astrit Cobanaj zu Gast. Er fertigt Modelle von historischen Helmen und Hüten, die auf Kundenbestellung in Bronze gegossen werden. Auch Porträtbüsten werden so angefertigt. Zum ersten Mal dabei ist das Blaue Rathaus in Bockenheim, das nach seiner Renovierung für sich allein schon ein Kunstwerk darstellt. In der ehemaligen Wagenhalle stellt Reinhard F. Schwarze aus Bobenheim am Berg aus. Er hat Kunst studiert und siedelt seine Bilder zwischen abstrakt und gegenstandslos an. Schwarze greift oft zu seiner Gedichtsammlung und schaut, was sich für Kombinationsmöglichkeiten zwischen Schrift und Farbe ergeben: „Über Schrift kann man zusätzliche Aspekte einbringen.“ Im Obergeschoss zeigen die Bockenheimerinnen Jutta Hammer und Anja Theobald-Schuster ihre Arbeiten. Theobald-Schuster stellt kleine Frauenskulpturen her, die einen Kern aus Pappmaché aufweisen. Bei ihren Bildern trägt sie Modelliermasse auf und schleift sie dann wieder herunter. Ihr Bild „Fische tiefblau“ scheint wie für das Blaue Rathaus gemacht. Jutta Hammer malt mit Aquarellfarben und findet ihre Motive in ihrer Umgebung und bei Reisen.

Bei Carola und Jürgen Wolff in Kindenheim sind Objekte von Christian Steiner zu sehen.
Bei Carola und Jürgen Wolff in Kindenheim sind Objekte von Christian Steiner zu sehen.
Porträtbüste von Astrit Cobanaj im Garten des Tonhauses.
Porträtbüste von Astrit Cobanaj im Garten des Tonhauses.
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