Eisenberg „Kulturwerck“: 400 Gäste bei Eröffnungsgala

Highlights aus Pop und Musical präsentierte die Liveband am Samstagabend.
Highlights aus Pop und Musical präsentierte die Liveband am Samstagabend.

Im Eisenberger „Kulturwerck“ hat sich am Samstagabend zum ersten Mal der Vorhang gehoben. Knapp 400 Gäste kamen zur großen Eröffnungsgala, für die Veranstalter Christopher Krill eigens eine 15-köpfige Live-Band aus der Taufe gehoben hatte. Es war für ihn ein Start nach Maß.

Wir leben in seltsamen Zeiten. Die eine Krise, Corona, haben wir noch gar nicht richtig hinter uns gebracht, da ist die nächste schon in vollem Gange. Krieg in der Ukraine. Krieg in Europa. Angesichts dieser Tatsache mischte sich bei dem einen oder anderen Zuschauer in die Vorfreude auf die große Eröffnungsgala im „Kulturwerck“ doch auch leiser Zweifel, wie im Pausengespräch zu hören war. Geht das eigentlich? Unter herabregnenden Luftschlangen zu sitzen, während wenige Stunden entfernt Bomben auf die Ukraine herabfallen? Sich den Bühnennebel um die Nase wehen lassen, während in Kiew die Menschen den Rauch brennender Wohnhäuser einatmen?

Und dann war da aber auch gleichzeitig dieses Gefühl, sich den Abend nach zwei Jahren kultureller Enthaltsamkeit doch auch irgendwo verdient zu haben. Dass das vielleicht doch gehen könnte, einfach mal drei Stunden lang den Kopf auszuschalten und der tristen Wirklichkeit zu entfliehen. „Wohl dem, der, wann der irdische Boden untreu unter seinen Füßen wankt, mit heitern Sinnen auf luftige Töne sich retten kann“, das wusste schon der frühromantische Schriftsteller Wilhelm Heinrich Wackenroder schon im 18. Jahrhundert. Ein Satz, der heute noch gilt.

Humor mit befreiender Wirkung

Absolution erteilte dann Eisenbergs Stadtbürgermeister Peter Funck (FWG) in seiner kurzen Ansprache. „Wir lassen uns den Abend weder vom Coronavirus noch vom Putin-Virus kaputtmachen“, sagte er, fast schon ein bisschen trotzig, bettete diesen Satz aber in eine insgesamt sehr humorvolle Rede ein, die beim Publikum nicht nur gut ankam, sondern auf dieses fast schon befreiend wirkte.

Warum das Stadtoberhaupt bei der musikalischen Eröffnungsgala sprach? Funck ist dafür verantwortlich, dass Christopher Krill das „Kulturwerck im Evangelischen Gemeindehaus“ nun betreibt. Viele Jahre lang leistete sich die Stadt ein eigenes Kulturprogramm in Eisenbergs guter Stube. Im vergangenen Jahr fiel dann aber die Entscheidung, die Kultur auszulagern und in private Hände zu geben. Die Hoffnung: mehr Kultur für weniger Geld. Mehrere zehntausend Euro will die Stadt durch die Auslagerung sparen, während (hoffentlich) gleichzeitig mehr Veranstaltungen im Evangelischen Gemeindehaus stattfinden. Funck sprach Krill an, bot ihm das Projekt an - und der sagte nach zwei Tagen zu. Er muss nun die Nebenkosten tragen, darf das Gemeindehaus aber mietfrei bespielen. Eine Win-Win-Situation, erhoffen sich beide Seiten. Dabei waren sich der Eisenberger Stadtchef und der Kerzenheimer Krill am Anfang gar nicht so grün, wie die beiden auf der Bühne verrieten. Mittlerweile hätten sie aber ein sehr gutes Verhältnis.

Wilder Ritt durch die Musikgeschichte

„Wenn wir es hier schaffen, einen niederbayerischen Stadtbürgermeister, einen Pfälzer Veranstalter und eine saarländische Band zusammenzubringen, dann ist doch wirklich alles möglich“, ulkte Moderator Martin Herrmann, der neben Anne Müller, Mirjam Kohr sowie den Musicalstars Kevin Tarte und Hannes Staffler auch zu den Sängern des Abends gehörte. Begleitet von einer zehnköpfigen Liveband lieferten diese einen wilden Ritt durch die Musik- und Musicalgeschichte.

Gerade der in Seattle geborene und aufgewachsene Kevin Tarte sang sich dabei in die Herzen des Publikums. Nicht nur mit seiner „Tanz der Vampire“-Einlage, sondern auch mit seiner Version von „My Way“. Er brachte Frank Sinatras Klassiker einen Teil der Grandezza zurück, die dieser spätestens durch die Verwendung als Abschiedsmusik von Donald Trump und die Interpretation des Fleischfabrikanten Clemens Tönnies auf einer Weihnachtsfeier von Schalke 04 verloren hatte.

Ein Highlight war die Version von „21 Guns“, die die Band an diesem Abend spielte. „Lay down your arms/give up the fight“. Ein Antikriegs-Song von Green Day aus dem Jahr 2009. Die Songs für den Abend hatte Christopher Krill selbst ausgewählt, die Brücke zwischen Sinatra und Green Day war zwar lang, verwies aber auch auf die Richtung, in die Krill mit dem Kulturwerck gehen möchte: möglichst viele Altersschichten ansprechen, die jungen Menschen dabei auf keinen Fall vergessen. Krill verriet auch: „Das Genre Musical wird hier in Eisenberg eine Heimat finden. Wir werden hier nicht nur Musicals zu Gast haben, sondern auch eigene produzieren - und mit ihnen auf Tour gehen.“ Große Pläne.

Zurück in der Realität

Am Ende der dreistündigen Gala: eine Hommage an Tina Turner. „Simply The Best“. „Nutbush City Limits“. „Proud Mary“. Das Publikum auf den Beinen. Klatschend. Funkenflug. Luftschlangen. Häppchen im Foyer. Das Ende eines großen Abends. Im Auto, kurz vor dem Losfahren nochmal aufs Smartphone geschaut. Wie sieht es in der Ukraine aus? „Russische Streitkräfte haben zwei Atomkraftwerke unter ihre Kontrolle gebracht und marschieren auf ein drittes zu, meldet der RHEINPFALZ-Liveblog. So ist das eben mit dem Versuch der Wirklichkeitsflucht. Am Ende holt einen die Realität doch wieder ein.

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