Kerzenheim Kebap und Köfte: Erdbeben-Opfer kocht mit Landfrauen

Ramima Sahan (rechts) und ihre Schwester Behiye Kökmen kochen mit den Landfrauen landestypische Spezialitäten. Sirac Kökmen über
Ramima Sahan (rechts) und ihre Schwester Behiye Kökmen kochen mit den Landfrauen landestypische Spezialitäten. Sirac Kökmen übersetzt.

Als die Erde in der Türkei plötzlich bebte, hat sich für die Kurdin Ramima Sahan alles verändert. Mittlerweile lebt sie bei ihrer Schwester in Eisenberg. Die Kerzenheimer Landfrauen haben sie zum gemeinsamen Kochen eingeladen und wollen jetzt Spenden sammeln.

Kein Stein steht mehr auf dem anderem, alles liegt in Schutt und Asche. Es sind die Bilder, die um die Welt gingen und die Ramima Sahan wahrscheinlich nie mehr aus ihrem Gedächtnis löschen kann. Vor knapp vier Monaten hat sich für sie innerhalb von 40 Sekunden alles verändert.

Als am 6. Februar in der Türkei und Syrien die Erde bebte, war die Kurdin gerade in ihrer Wohnung in Hatay. Die Provinz im Süden der Türkei wurde vom Erdbeben schwer getroffen. Dass sie ihre positive Grundhaltung nicht verloren hat, hat die mittlerweile in Eisenberg lebende Kurdin am Dienstagabend bei den Kerzenheimer Landfrauen unter Beweis gestellt. Die haben sie zum Mitmachkochkurs eingeladen. Und Sahan hatte ein Stück Heimat im Gepäck: Mehrere traditionelle Rezepte hatte die 47-Jährige gemeinsam mit ihrer Schwester Behiye Kökmen vorbereitet, um sie mit rund 20 Landfrauen gemeinsam zu kochen.

Viel Arbeit steckt in den Vorbereitungen, welche die beiden Frauen bereits zuhause erledigt haben. Sahans Schwager, Sirac Kökmen, ist als Übersetzer dabei und verrät, was an diesem Abend so alles auf den Tisch kommen wird. „Tepsi Kebap ist ein typisches Gericht, und das wollen wir heute kochen“, erzählt der in Eisenberg lebende Kurde. Das Rezept beinhalte neben Rinderhackfleisch auch Paprika und Petersilie. Zudem gebe es Patatesli Köfte, ein sehr schmackhaftes Gericht mit Kartoffeln und feinen Gewürzen. Eine Nachspeise dürfe nicht fehlen, wie auch der traditionell zubereitete türkische Tee zum Abschluss, sagt Kökmen.

Geld für den Wiederaufbau

Damit die Landfrauen direkt wissen, welche Leckereien bald verspeist werden, verteilt die Vorsitzende der Kerzenheimer Landfrauen, Margit Liedtke-Zieroth, Rezeptblätter. „Dann können wir auch alles nachkochen“, sagt eine Kerzenheimerin und liest sich die Rezepte genau durch. Im Verein sei man sehr offen für fremdländische Speisen und neue Rezepte, ergänzt Liedtke-Zieroth. Dies sei auch der Grund, immer mal wieder Speisen anderer Nationen gemeinsam zu kochen und unterschiedliche Dozentinnen dazu einzuladen.

Dass Ramima Sahan ein bewegendes Schicksal nach Deutschland geführt hat, bewegt die Frauen sehr. So sehr, dass sie an diesem Abend für Sahan und ihre Familie spenden. Insgesamt kommen 450 Euro zusammen. Geld, dass die Familie in der Türkei gut gebrauchen kann. Denn der Wiederaufbau koste viel Geld. „Wir müssen selbst einen Teil davon bezahlen“, berichtet Sahan und ihr Schwager übersetzt.

Sahan lebte in einer Eigentumswohnung in einem fünfstöckigen Gebäude. Es sei alles ganz schnell gegangen und plötzlich sei die ganze Wohnung zerstört gewesen, berichtet die Mutter dreier erwachsener Kinder und zeigt dabei auf ihrem Smartphone Bilder der verwüsteten Räumlichkeiten. Ein Anblick, der schockiert und traurig zugleich macht. Glücklicherweise sei ihr die Flucht aus dem Erdbebengebiet gelungen. Bei Verwandten in der Stadt Mersin habe ihre Familie Unterschlupf gefunden.

Ihr Mann, der als Lastwagenfahrer arbeite, sei nicht mit nach Eisenberg gekommen, erzählt Sahan. Ihre 24-jährige Tochter und ihr 19-jähriger Sohn wohnen derzeit ebenfalls in Eisenberg bei Tante und Onkel. Ein weiterer Sohn wohne in den USA. „Das ist alles sehr schwer“, sagt Sahan. Todesopfer habe die Familie auf der Seite ihres Mannes zu beklagen.

Wunsch nach Heimkehr

Wann genau ihre Wohnung wieder bezugsfertig sein wird, weiß sie noch nicht. Und dann möchte sie heimkehren und wünscht sich nur eines – ihr altes Leben wieder zurück. Auch als Tagesmutter möchte sie wieder arbeiten. Wie lange der Wiederaufbau dauert, weiß Sahan nicht. Bis dahin möchte sie in Deutschland bleiben. Ohne Sprachkenntnisse sei dies jedoch nicht ganz einfach. Deshalb sei sie dankbar, bei ihrer Schwester und ihrem Schwager wohnen zu dürfen.

Wer die Familie mit einer Spende finanziell unterstützen wolle, könne sich gerne an Margit Liedtke-Zieroth oder Marion Polanski wenden oder einer anderen Kerzenheimer Landfrau Bescheid geben, sagt die Vorsitzende.

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