Grünstadt „Islam ist ein prophetorientiertes Unternehmen“
„Murat, du hast den Hans bestohlen, gib’ sein Handy her, gib’ sein Handy her“, trällert Özgür Cebe auf die Melodie des Kinderliedes „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“. Das Publikum im ausverkauften „KraKel“ in Mühlheim grölt. Was kein Deutscher wagen würde, traut sich der türkisch-stämmige Kabarettist aus Bonn, der am Samstag mit seinem Programm „Der bewegte Muselmann“ auf der Bühne im familiär-gemütlichen Gewölbekeller stand.
Herrlich, wie der 39-Jährige seine Wurzeln auf die Schippe nimmt. Als „Kanake“ dürfe er das, verkündet Cebe, dem ein exzellentes Satire-Stück mit Tiefgang gelungen ist. Der Islam sei ein „prophetorientiertes Unternehmen“, deren Mitarbeiter mit Schwangeren einiges gemeinsam hätten: kein Alkohol, komische weite Klamotten und wenn sie ihren Willen nicht kriegten, machten sie Terror, so der bekennende Moslem. Tick, Tack und Bumm seien die Neffen des afghanischen Donald Duck. Köstlich, wie er die Themen Migration und Integration anpackt. Da babbelt Cebe, der mehrere Dialekte beherrscht und grandios einen sächselnden Englisch-Pauker mimt, in seiner Muttersprache los und beweist so den Zuschauern, dass sie nicht integriert sind. In einem schwungvollen, witzigen Crash-Türkischkurs will er das ändern. Letztendlich stellt er aber fest: „Das war gar nicht mal so…gut.“ Damit sich der sprachunkundige Nachwuchs mit Migrationshintergrund in den Kindergärten heimisch fühle, sollten die deutschen Volkslieder angepasst werden, rät er und gibt einige Kostproben. Mit passabler Stimme präsentiert der Wortakrobat auch ein Medley aus umgetexteten Schlagern. Aus „Santa Maria“ nach Roland Kaiser wird „Santa Scharia“, Reinhard Meys „Über den Wolken“ wandelt sich zu „Unter der Burka muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ und aus „Ich war noch niemals in New York“ (Udo Jürgens) wird „Ich war noch niemals im Iran, ich war noch niemals in Kabul, und das aus einem guten Grund, denn ich bin schwul!“ Singt’s und wackelt aufreizend und geziert mit den Hüften. Auch Gedichte bedürften einer Überarbeitung in der Multi-Kulti-Gesellschaft, schlägt Cebe eine neue Version von Goethes „Erlkönig“ vor: „Wer fährt so spät entlang der Spree? Es ist der Ali im Dreier-BMW.“ Als er sich eine islamische Bundesrepublik ausmalt, fragt er frech, mit den Händen eine Raute formend: „Wäre es denn wirklich so schlimm, wenn Angela Burka tragen müsste?“ Zustimmendes Raunen. Mucksmäuschenstill wird es, als Özgür Cebe sein Gedicht „Bedingungsloser Glaube“ vorträgt. Intelligent, exakt formuliert und tiefsinnig reimt er über den Wahnsinn extremistisch gelebter Weltreligionen und hinterfragt den immerwährenden Krieg zwischen ihnen. Obwohl sie miteinander verwandt seien, hätten sie „Kompatibilitätsprobleme“, analysiert der IT-Systemkaufmann und Schauspieler. Ostern sei aber am schönsten: „Der Christ versteckt die Eier, der Jude findet sie und der Moslem spielt damit.“ Nach der Pause, in der türkische Spezialitäten kredenzt werden und Werke der Modedesign-Studentin Aylin Aksu aus Grünstadt angeschaut werden können, erscheint Cebe in Bomberjacke mit cooler Sonnenbrille. Nach ein paar lustigen Erlebnissen als Kaufhausdetektiv serviert der gebürtige Bielefelder Nachdenkliches: Er sinniert über Vorurteile, grölt „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ und fordert das Publikum zum Mitsingen auf. Einzelne stimmen mit ein. „Nazis und islamistische Terroristen sind lächerlich!“, schleudert der Kabarettist ins Publikum und nennt ein paar gute Gründe, offen für andere Kulturen zu sein. Denn schließlich hätten wir sonst weder Kaffee noch Blätterteig. (abf)