Grünstadt Im Gewölbekeller weichen die Ruten

KINDENHEIM. Monika Nickel fühlt sich in Kindenheim wohl und willkommen. Nicht nur wegen der erfolgreichen Eröffnung ihrer neuen Werkstatt im alten Feuerwehrhaus. Der selbstständigen Korbflechtermeisterin standen in dem 1000-Seelen-Dorf Tür und Tor seit Januar offen. Da ist sie eingezogen und hat mit den Räumlichkeiten genau das gefunden, wonach sie suchte. Um weiterhin pfiffige Ideen, verbunden mit viel Kreativität, verwirklichen zu können.

Das ausgediente Feuerwehrgebäude, wo jetzt die ebenerdige, 60 Quadratmeter große Werkstatt und der angegliederte 20 Quadratmeter große Ausstellungs- und Verkaufsraum zum Stöbern, Schauen und über die Schulter gucken einladen, erwies sich als ideal. Ebenso wie der schmale, schlauchförmige Gewölbekeller, der über wenige Stufen von der Werkstatt aus zu erreichen ist. Fünf wuchtige Wasser gefüllte „Weichwannen“ stehen darin. Beschwert mit Wackersteinen werden darin Weidenruten eingeweicht. Die haben eine mindestens einjährige Trockenlagerung hinter sich. Frisch geschnitten würden sie extrem schrumpfen und ihre Farbe verlieren. Die Flechtwerkgestalterin bezieht ihr natürliches Arbeitsmaterial unter anderem aus Frankreich, Dänemark, Oberfranken oder der Südpfalz. Geschätzte sechs Tonnen beträgt der Vorrat der 40-Jährigen. Vor der Verarbeitung werden die Weiden bündelweise bis zu sechs Wochen gewässert – je nach Sorte, Länge und Dicke der Ruten. „So wird die Weide wieder schön elastisch.“ Die Bündel bleiben feucht im frostfreien Gewölbekeller liegen und behalten dank idealer Luftfeuchtigkeit über Tage ihre Geschmeidigkeit. Zu Monika Nickels Handwerkzeug zählen ein Messer mit kurzer stabiler Klinge, eine Gartenschere, ein Pfriem (ähnlich angespitztem Schraubendreher), ein kleines Schlageisen zum Klopfen und Verdichten des Geflechtes – und die bloßen Hände. „Man braucht das Gefühl in den Fingern“, lacht sie, „mit Handschuhen geht das gar nicht“. Ab und an kombiniert sie Geschaffenes mit (farbiger) Kunststoff-Wäscheleine und Gartenschlauch, „um mehr Witz und zeitgenössische Gestaltung zu erreichen“. Eine „tolle Möglichkeit“ sieht sie im Weinanbauort Kindenheim mit der Verbindung von Wein & Weide. Erste Kontakte zu Winzern sind geknüpft. Es gebe Ideen für Aktionen und Ausstellungen. So will sich Monika Nickel am sechsten Kirchheimer Handwerker- und Bauernmarkt am 6. Juli beteiligen. Sie lebt von Auftragsarbeiten, will den Verkauf über andere Läden ausbauen und bei Kunsthandwerker-Märkten präsent sein. In der Werkstatt steht ein kleiner putziger Puppenwagen, dem sie einen neuen „Lenker“ verpassen soll. Ein alter Stuhl wartet auf eine neue Bespannung. Wegen Messen und Märkten sei sie auch viel unterwegs. Das ist sie gewohnt. Nach dem Examen wollte sie erst Tierpräparatorin werden. Ein Berufstest „aus Jux“ am Computer zeigte auf der Hitliste ganz oben „Korbmacher“: Und nach einem Praktikum stand die Berufswahl fest. Geprägt von Erzählungen der Eltern, die als Entwicklungshelfer viele Jahre auf Borneo lebten, unternahm sie 1999 nach dem Ersten Staatsexamen eine Reise nach Borneo, sammelte ab da Eindrücke in der dortigen Flechtkunst. 2003 führte ihr Weg nach Java für ein Praktikum bei einem Flechtmöbel-Hersteller. Persönliche und berufliche Kontakte in Fernost verschafften ihr großen Respekt vor den Flechtkünsten der dort lebenden Menschen. (gsp) .

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