Grünstadt Glorreiche Zeiten sind Geschichte

Das Südwest-Stadion war vor vielen, vielen Jahren ein gefragter Austragungsort – für hochklassige Sportereignisse und für internationale Showstars. Michael Jackson, Elton John, Bruce Springsteen oder Herbert Grönemeyer traten in der Arena auf. Vor zehn Jahren lockte Metallica 25.000 Fans ins Oval. Es war schick und lukrativ für die Showgrößen, hier aufzutreten. Heute beschreibt einer der damaligen Hits der Heavy-Metal-Band den Ist-Zustand ziemlich treffend. „Sad but true“ – „Traurig, aber wahr.“ Im Sport sah es nicht viel anders aus. Da fanden Fußball-Länderspiele oder Leichtathletik-Länderkämpfe statt, da kam die Weltspitze, da kamen Olympiasieger und Weltmeister. Das Südwest-Stadion galt als Top-Adresse in der nationalen und internationalen Sportwelt. 1974 war das Stadion kurzzeitig sogar mal als Spielstätte für die Fußball-WM im Gespräch. Noch bis heute sind manche Rekorde gültig. Das Feldhandball-Duell zwischen dem damaligen Weltmeister Deutschland und Frankreich sahen 34.000 Zuschauer. Nie zuvor und auch später nicht strömten zu einem Feldhandballspiel in Westeuropa so viele Menschen. 1952 sahen 33.000 Zuschauer das Samstagsspiel der Fußball-Oberliga Süd zwischen dem SV Waldhof Mannheim und dem Deutschen Meister VfB Stuttgart. 33.000 Zuschauer bedeuteten damals einen deutschen Rekord für ein Samstagsspiel. Denn: Zur damaligen Zeit wurden alle großen Spiele sonntags angepfiffen. Bis 1963, dem Start der Bundesliga, hielt dieser Rekord. Das Südwest-Stadion war deshalb so angesagt, weil es das modernste war. Eigentlich kurios, weil die Arena ursprünglich das Ergebnis einer aus dem Ruder gelaufenen Planung war. Der Fußballplatz und das Vereinsheim des heutigen SV Südwest Ludwigshafen (früher Phönix) waren durch den Krieg zerstört. Der Verein plante eine neue Anlage. Doch das Stadion nahm immer größere Dimensionen an. Letztlich beteiligten sich die Stadt und der Südwestdeutsche Fußballverband an den Kosten. Diese blieben unter den Vorgaben. Dazu trug auch ein glücklicher Zufall bei. Mannheim wusste nach dem Krieg nicht, wohin mit dem Trümmerschutt. Schließlich karrten wochenlang Lkw über 100.000 Tonnen Trümmerschutt auf die Baustelle „Südwest-Stadion“ nach Ludwigshafen. Die Wälle um die Stehränge für die Zuschauer wurden immer höher und höher. 75.000 Zuschauer betrug schließlich das Fassungsvermögen, davon waren jedoch nur 2800 Sitzplätze. Am Ende war das Südwest-Stadion vom Fassungsvermögen doppelt so groß wie geplant. Trotzdem kamen einige Male mehr als die 75.000 Zuschauer ins Stadion. 1952 beim Endspiel zwischen dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Saarbrücken um die deutsche Meisterschaft sowie am 21. Dezember 1952 bei der Länderspielpremiere in Ludwigshafen – Deutschland gegen Jugoslawien – sahen jeweils 93.000 Zuschauer die beiden Begegnungen. Solche glorreichen Zeiten wird es aller Voraussicht nach nie mehr geben. Denn das Südwest-Stadion bröckelt vor sich hin. Aus dem einstigen Stolz der Stadt ist ein Klotz am Bein geworden. Teile der Tribünen sind längst gesperrt. „Es gibt auch keinen Anlass, diese zu pflegen“, sagt Wolfgang van Vliet (SPD), Bürgermeister und Sportdezernent. Zuletzt wurde das Stadion vor einigen Jahren für fast zwei Millionen Euro modernisiert – zwangsläufig. Denn der FSV Oggersheim war damals in die Regionalliga aufgestiegen. Doch das Stadion war nicht regionalligatauglich, bemängelte der Deutsche Fußballbund. Seitdem wird nur noch das Nötigste investiert. Auf 600.000 Euro belaufen sich die jährlichen Betriebskosten für den Unterhalt des Stadions und des dazugehörigen Sportparks, sagt Thomas Gerling, Leiter der Stadt-Sparte Sport. Ein Komplex, der in Rheinland-Pfalz zu den größten seiner Art gehören dürfte. In Ludwigshafen ist das Stadion jedenfalls Sportstätte Nummer eins, wie Gerling berichtet. In dieser finden aber nur abgespeckte Sportereignisse statt. Zuletzt wurde dort die Fußball-Mini-WM der Grundschulen ausgetragen. Zudem trainieren hier alle Leichtathletikvereine. Fußball-Oberligist FC Arminia Ludwigshafen trägt hier überdies einen Teil seiner Heimspiele aus. Am 19. Juli findet ein privat organisierter Fußball-Cup mit dem FSV Frankfurt, SV Sandhausen, Wehen-Wiesbaden und dem FC Arminia statt – und am heutigen Mittwoch, 18 Uhr, wird im Südwest-Stadion das Testspiel zwischen den Rheingönheimer Amateuren und Zweitliga-Profis des 1. FC Kaiserslautern ausgetragen. Das Südwest-Stadion sei zwar weiter ein unverzichtbarer Bestandteil des städtischen Lebens, betont Bürgermeister van Vliet. Showgrößen oder sportliche Großereignisse sind allerdings Geschichte. Traurig, aber wahr.

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