Interview Geschäftsführer des Müllheizkraftwerks: „Der Staat erhält nur mehr Geld“

Seit zwölf Jahren ist Thomas Grommes (61) GML-Geschäftsführer.
Seit zwölf Jahren ist Thomas Grommes (61) GML-Geschäftsführer.

Interview: Mollig warm ist es allerorten im Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen (GML). Geschäftsführer Thomas Grommes macht ernst mit dem Energiesparen und fährt die Kühlung aufs absolute Minimum zurück. Im Gespräch mit Andreas Lang erläutert er, wofür er dennoch eine hohe Zeche zahlen muss.

Herr Grommes, das Müllheizkraftwerk produziert etwas täglich und im Überfluss, was in diesen Tagen ein heiß begehrtes Gut ist: Wärme. Nehmen Sie noch Vorbestellungen entgegen?
Wir sind Entsorger, kein Versorger. Wir verbrennen im Auftrag der Städte Ludwigshafen, Frankenthal, Neustadt und Speyer, der Landkreise Alzey-Worms, Bad Dürkheim und Rhein-Pfalz-Kreis sowie zweier kommunaler Entsorger in Worms und Kaiserslautern den Müll von etwa einer Million Haushalten. Dabei erzeugen wir Hochdruckdampf, den wir zur Weiterverarbeitung in Strom und Fernwärme an die Technischen Werke Ludwigshafen (TWL) weiterleiten.

Die Arbeit geht Ihnen nicht aus, denn Müll wird immer produziert. Damit leisten Sie auch Ihren indirekten Beitrag zu einer konstanten Energieversorgung. Ist die absehbar gefährdet durch mögliche Engpässe infolge des Kriegs in der Ukraine?
Das düsterste Szenario für alle wäre, wenn der Restmüll nicht mehr abtransportiert und nicht ins Müllheizkraftwerk gebracht werden könnte. Er muss mittels Verbrennung hygienisiert werden, sonst bekommen wir unweigerlich ein anderes Problem: eine Epidemie und ein Rattenproblem. Daher darf unsere Anlage nicht still stehen. Wir sind in zweierlei Hinsicht systemrelevant: für die Abfallentsorgung und für die Energiegewinnung.

Wie viel Energie verdanken die Pfälzer Haushalte dem Müllheizkraftwerk?
Etwa 14 Prozent aller Haushalte in Ludwigshafen – das sind 10.500 – kann die TWL mit Fernwärme aus Abfall versorgen. Dazu kommen etwa 22.000 Haushalte in Ludwigshafen (oder 30 Prozent), die von der TWL aus Abfall gewonnenen Strom beziehen. Der größte Teil davon stammt aus dem Hochdruckdampf der Abfallverbrennung.

Kann es passieren, dass sich der Müll auftürmt, weil er mangels Energie nicht verbrannt werden kann?
Nein. Wir sind nur zu einem geringen Maß auf Erdgas zur Minderung von Stickoxiden in der Rauchgasreinigungsanlage angewiesen. Und auch diese beiden Gasbrenner wollen wir perspektivisch durch Dampf ersetzen. Die Brenner in den drei Kesseln, die wir nur zum An- und Abfahren brauchen, heizen wir mit Öl. Wenn ein Müllfeuer einmal brennt, nährt es sich selbst, die Brenner sind aus.

Den TWL leiten Sie arbeitsteilig den wertvollen Ausgangsstoff zur Stromgewinnung zu – und bleiben selbst sitzen auf absehbaren Mehrkosten für die Gewinnung dieses Dampfes. Denn nach den Plänen der Bundesregierung müssen Sie ab 2023 jede Menge Emissionszertifikate kaufen, um den CO2- Ausstoß zu kompensieren. Fühlen Sie sich ungerecht behandelt?
Wenn diese Vorgabe verpflichtend wird, bedeutet das für die GML nach unseren Berechnungen ab 2023 bis zu 4,4 Millionen Euro Mehrkosten für die Verbrennung von 210.000 Tonnen Abfall. Damit erhöht sich der Verbrennungspreis pro Tonne um 18 Prozent. Sollte der CO2-Preis in der zweiten Stufe auf 65 Euro pro Tonne weiter angehoben werden, bedeutete dies Mehrkosten von 8,2 Millionen Euro, der Verbrennungspreis steigt pro Tonne um 34 Prozent. Ich halte eine Preiserhöhung durch eine staatliche Abgabe in einer solchen Größenordnung für absolut unangemessen. Diese Abgabe hat bei uns am Ende der Wertschöpfungskette überhaupt keine Lenkungswirkung. Es wird kein Gramm CO2 und kein Gramm Abfall weniger geben; der Staat erhält nur mehr Geld.

Zumal die Energie ökologisch und sauber aus heimischen und biologischen Rohstoffen gewonnen wird.
Der weiteste Weg, den ein Mülltransport in der GML-Region zur energetischen Verwertung im Heizkraftwerk zurücklegt, sind 60 Kilometer aus Kaiserslautern. Wir sind nicht gegen Klimaschutz, ganz im Gegenteil. Aber die jetzt von der Bundesregierung vorgelegte pauschale und undifferenzierte CO2-Bepreisung ist handwerklich schlecht gemacht und verteuert unsere Betriebsabgaben unverhältnismäßig. Der Staat ist sich der negativen Konsequenzen und der fehlenden Lenkungswirkung nicht bewusst.

Kämen die Kommunen bei diesen Dimensionen an einer Erhöhung der Müllgebühren vorbei?
Das ist eine Entscheidung, die die einzelnen GML-Eigentümer in deren Abfallgebührenkalkulation politisch treffen müssen, nicht die GML.

Im Ludwigshafener Müllheizkraftwerk werden Abfälle aus der Region verbrannt.
Im Ludwigshafener Müllheizkraftwerk werden Abfälle aus der Region verbrannt.
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