Grünstadt Genau den Stil getroffen

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Grünstadt. Es war ein reines Vergnügen, was das Consortium Felicianum am Sonntagnachmittag beim Azurit-Konzert im großen Saal des Grünstadter Weinstraßencenters seinem nicht allzu üppigem Publikum zu bieten hatte: Operetten- Marsch- und Unterhaltungsmusik in Salonensemble-Besetzung von Suppé bis Lehár, mit großem Können und unermüdlicher Spielfreude gespielt und ebenso nett wie informativ moderiert vom Gründer und Chef des Ensembles, dem Cellisten Felix Mario Schönfeld.

Ihm gesellten sich Dorothee Becker und Felicitas Schönfeld an den Geigen, Christian Thürmer am Cello und David Meyer am Flügel zu. Zweifellos mag mancher das Genre – so musizierte man, bevor Verstärker es ermöglichten, Tonkonserven auf Saallautstärke aufzublasen - etwas veraltet finden, es hat aber zweifellos Wiederentdeckungswert: Unterhaltungsmusik ist damals überwiegend von Musikern geschrieben worden, die ihr Metier bestens verstanden, die einfallsreich und klanglich raffiniert auch für kleine Besetzungen zu arrangieren wussten, und denen auch immer wieder einschmeichelnde oder witzige Melodien einfielen. Felix Mario Schönberg erzählte uns, dass er selbst diese Musik geerbt hat, indem ihm, als er Musik studierte, ein wesentlich älterer Cellistenkollege zwei Koffer mit einschlägigem Notenmaterial überbringen ließ. Die Wiedergabe durch das von Schönfeld schon vor 35 Jahren gegründeten Consortium Felicianum kann schlichtweg als ideal angesehen werden. Das Ensemble trifft genau den Stil, spielt alles mit feiner, musikantischer Agogik, also mit subtilen, der Musik Leben gebenden Temposchwankungen, realisiert subtile Schattierungen in Klangfarbe und Lautstärke, ohne sich dabei zu allzu anstrengenden Bravourleistungen herausgefordert zu sehen – immerhin war von Salonensembles vor allem gefordert, ähnlich lange Stunden wie eine moderne Partyband gleichbleibende Qualität ohne allzu merkliche Ermüdungserscheinungen abzuliefern. So konnte man sich, ohne an irgendwas anzuecken, ganz dem musikantischen Schwung des Quintetts hingeben und genießen. Chronologisch ganz richtig begann der von Felix Schönberg zusammengestellte Melodienreigen mit Franz von Suppé, dem Ursprung der Wiener Operette. 1867 waren seine „Banditenstreiche“ fertig, die Ouvertüre präsentiert zwischen etwas grobschlächtigen Akkordschlägen diverse nette Melodien, die in einen munteren Galopp münden – all das sehr erfahren und bestens eingespielt dargestellt. Reine Freude machte die Paraphrase über Silchers „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ des Pragers Josef Nedvadba, ebenso geschickt arrangiert wie schön gespielt. Das hatte eine schöne Bewegung, vorzügliche Klangbalance und reiche Klangfarbenmalerei: perfekt! Franz Lehár sollte innerhalb eines Jahres den Welterfolg seiner „Lustigen Witwe“ wiederholen. Das gelang 1909 mit dem „Graf von Luxemburg“ nicht ganz, indes sind ihm auch hier, wie das dynamisch subtil differenzierte Potpourri bewies, einprägsame Melodien gelungen. Auch ein sentimentales Liedchen von Oskar Geiger wusste zu gefallen, bevor eine muntere Kombination aus venezianischer Folklore und umbrischen Elegien, die „Eskapade“ von Vesco d’Orio, den ersten Konzertteil beendete. Nach der Pause kam mit Paul Linckes „Frau Luna“ die Berliner Operette zum Zug. Zuhörer und vor allem Zuhörerinnen wiegten sich zum Walzer „Schlösser, die im Monde liegen“, bevor es rhythmisch prägnant hieß: „Laßt den Kopf nicht hängen!“. Als der berühmte Frühlingsstimmenwalzer von Johann Strauß Sohn begann, mochte man sich das etwas straffer wünschen - und sofort erfüllte das Consortium diesen Wunsch. Auch das Folgende wusste zu gefallen: ein langsamer Walzer „Nur wer die Sehnsucht kennt“ von Siegfried Translateur, ein Potpourri „Von Wien in die Welt“, in dem auch Ralph Benatzky zu Ehren kam, der Landstreichermarsch von Karl Michael Ziehrer, schließlich Lehárs zweiter ganz großer Erfolg, das „Land des Lächelns“ mit „Dein ist mein ganzes Herz“ und „Immer nur lächeln“. „Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten“ begann ein Potpourri alter Lieder, bei dem hingebungsvoll mitgesummt wurde. Einige der dort angestimmten Melodien indes schienen so alt zu sein, dass sie auch im Publikum keiner kannte. All das machte sehr viel Vergnügen, so dass der Beifall bei diesem zwölften Wanderkonzert der Azurit-Gruppe dankbar und allgemein war.

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