Grünstadt Geistesblitze und ulkige Gedanken
25 Jahre auf den Bühnen und Sälen vor allem im Südwesten der Republik unterwegs ist Mundart-Kabarettist Gerd Kannegieser. Am Freitag gastierte der Nordpfälzer mit dem unverkennbaren Dialekt im Obrigheimer Rosengarten vor knapp 50 Zuhörern, um ihnen und sich selbst die Frage zu stellen: „Wie simmer dann do jetzt druffkumm?“
„Isch bin jetzt 25 Johr unnerwegs un habs net gemerkt“, stellte er zu Beginn unumwunden fest und fuhr sogleich die eventuell vorherrschende hohe Erwartung zum Bühnenjubiläum etwas herunter. „Ehr mähnen, es kummt jetzt was besonneres – un wanns net klappt, bin isch schuld.“ Weswegen Kannegieser mit der weißen Front-Aufschrift „Fritz, noch e Pils!“ auf dem schwarzen T-Shirt fast ausschließlich auf seinen allseits bekannten Stammtisch baute. „Wen kennener dann alles vun moim Stammdisch?“ begann Kannegieser den Dialog mit dem Publikum, mit dem er sofort auf Du und Du ging. Den Fritz kannten einige, also „de Halder Fritz“, der in Kannegiesers Stammkneipe, dem Sportlerheim, am Zapfhahn steht. Und schon folgte der Einstieg in die schier unerschöpfliche Gesprächswelt der redseligen Kneipen-„Schbrischbobbesjer“, die sich stets zur selben Zeit am selben Tisch vor der Theke treffen. Dass „des Helga, dem Rinow Walter soi Fraa“, eine unaufhörliche Quasselstrippe sei, liege daran, weil sie mal in einen großen Topf mit Buchstabensuppe gefallen sei. Die übertreffe mit ihrem unaufhörlichen Wortschwall sogar die Zeugen Jehovas. „Schdell der mol vor, du werscht änner vun denne Jehovas und kummscht fünf Stunn net zu Wort!“ So etwas bringt nur es Helga hin. „Männer wohnen gern zu Hause, Frauen putze un räume uff.“ Da könne nur der Stammtisch helfen, wo sich de „Halder Johann“, also der Vater von Fritz, oder der „Köhler Hermann“, seit einiger Zeit auch Ali alias Mustafa, mit dem man gut auskomme, zum Bierglasheben treffen. Geistesblitze und ulkige Gedankengänge kommen zum Vorschein, wenn Kannegieser über den Inhalt einer Damen-Handtasche sinniert oder die typisch deutsche, übertriebene „uunedische“ Schilder-Anzahl aufs Korn nimmt. „Rasen betreten verboten“ zum Beispiel, „Brennholz-Verleih“ oder „Bei Feuer den Fahrstuhl nicht benutzen“ – wenn’s doch gerade dann recht schnell gehen soll. Der Deutschlehrer aus Hinzweiler bei Kusel („Isch rahm mol mit emme Vorurteil uff – isch mag Hinzwiller“) spannte den Bogen von intelligenten Haushaltsgeräten wie dem sprechenden Kühlschrank und dem singenden Toaster über Kuriositäten der Tupperschüsseln, der Faltencreme, der Schuh-Einlagen, der Handy-Manie und der liegenden Stehlampe. Gegen Ende plauderte Kannegieser ein bisschen aus dem Nähkästchen, listete Fragen auf, die in den 25 Jahren am häufigsten an ihn gestellt wurden. Wo er herkomme, wie der viele Text im Kopf bleibe, und wie die Storys mit den Pointen entstehen. Da brauche er beispielsweise nur zum Mc Donalds Drive In zu fahren und Pizza mit Fanta bestellen, schon sei ein herrlicher Disput am Schalter programmiert. Mit den Politikern hat es Kannegieser eh noch nie so gerne. Das ist auch gut so. So kam eine kurze Imitation einstiger Polit-Lichtgestalten wie Franz-Josef Strauß und Herbert Wehner doch ziemlich angestaubt daher. Im Alter den hübschen Mädels nachzuschauen, werde zur Extrem-Sportart, und statt im Hochglanzmagazin „Playboy“ zu blättern, bekäme jetzt die Apotheken-Umschau den Vorzug. Tja, da ist wahrhaftig nur noch auf die altbekannten Stammtischbrüder Verlass, ob „leddisch odder verheirat“, zum Schmunzeln und Lachen. Als Dankeschön zum fünften Gastbesuch in Obrigheim gab’s herzlichen Applaus. Kannegieser verabschiedete sich wie vom Nachbar von nebenan. „Machens gut, Ihr Leit“, bis vielleicht auf die nächsten 25 Jahre. Oder – bis demnägschd.