Falscher Einwurf Fußball-Profis: Kämpfer für Recht und Ordnung

Rehm
Rehm

Helden – Helden sind meist leicht zu erkennen. In der Regel können sie fliegen oder zumindest recht manierlich krabbeln, tragen FFP2-Maske und Anzüge ohne Unterwäsche. Und selbstverständlich kämpfen sie für Recht, Ordnung und dafür, dass alles gefälligst so bleibt, wie es ist.

Doch es gibt auch die stillen Helden. Überzeugte Gerechtigkeitsfanatiker, die sich nicht erst auf einem Wolkenkratzer aufbauen, bevor sie Senioren die Einkäufe nach Hause tragen. Menschen, die auch ohne mehrere Identitäten und Laborunfälle durchs Leben kommen. All diejenigen, die nicht via Supermobil ohne Tüv mit 300 Sachen durch die Spielstraße brettern, sondern mit dem Bus zu Penny gurken.

Und es gibt Profifußballer. Diese moralisch unterschätzten Mitglieder jenes Berufszweigs, der seit jeher für den öffentlich ausgetragenen Kampf für Recht und Gerechtigkeit bekannt ist. Oder zumindest für den Kampf um das eigene Recht. Komme da, was wolle.

So ließ Milan-Legende Filippo Inzaghi jene Entlassung, die ihm jüngst von seinem Arbeitgeber Brescia Calcio unter der Tür durchgeschoben wurde, nicht allzu lange auf sich sitzen. Statt sich – wie unsereins – erst einmal den vier Phasen der Jobtrauer hinzugeben, beziehungsweise es sich mit Chips und Erdnussbutter auf der Couch bequem zu machen, zog „Pippo“ (Wahlspruch: „Wer mich kritisiert, zweifelt am Fußball selbst.“) vor Gericht – und gewann. Der Grund: Inzaghi konnte eine Vertragsklausel vorweisen, wonach ihn der Club nicht entlassen dürfe, solange man sich unter den ersten acht Plätzen der Serie A befindet. Stand jetzt ist Brescia Tabellendritter.

Nun ist Inzaghi also wieder im Amt, schlurft fröhlich pfeifend durch die Katakomben des lombardischen Traditionsvereins und dürfte sich inzwischen mehr als nur mental mit Albert Streit verbunden fühlen. Der Ex-Profi wechselte 2007 von Eintracht Frankfurt zum FC Schalke, wurde erst von Fred Rutten, dann von Felix Magath suspendiert, ließ sich davon aber nicht die Laune verderben und saß genüsslich seinen Millionen-Vertrag aus. Auf den Mannschaftsbildern jener Zeit grinst Streit derart strahlend, dass man meinen könnte, er habe sich extra für das Foto die Kauleiste bleichen lassen. Kein Wunder, dass der Musterprofi die Kündigung seines Traumjobs nicht einfach so hinnehmen wollte und auf eine symbolische Abfindung im Millionenbereich klagte. Zurecht, befand das Arbeitsgericht Gelsenkirchen.

Doch nicht nur Trainer und Spieler, auch Schiedsrichter zücken im Zweifelsfall gerne die Paragrafen-Karte. Ex-Referee Urs Meier reichte kürzlich Klage gegen das ZDF ein, da der Sender ihn nicht – wie irgendwann einmal angedacht – als Experte für die Europameisterschaft 2021 verpflichtet hatte. Einen Vertrag zwischen Meier und dem ZDF habe es zwar nicht gegeben und es gehe ihm auch nicht um das Geld, so Meier über Meier, aber, nun ja, um Langfristigkeit. Wahlweise auch ums Prinzip. Das ZDF verpflichtete derweil Manuel Gräfe als Experten, der verklagt übrigens gerade den DFB wegen Altersdiskriminierung.

Allzu sehr sollten Meier und Gräfe ihrer Lust auf juristische Rudelbildung allerdings nicht nachgehen – schließlich kann sich auch dieses Spielbrett schnell wenden. In Wiesbaden muss sich derzeit ein Amateurschiedsrichter vor Gericht verantworten – weil er offenbar zu viel gepfiffen hat. Das enthusiastische Geträller während des legendären Aufeinandertreffens der zweiten Mannschaften von Sonnenberg und Klarenthal verursachte nicht nur einen Tinnitus bei einem Klarenthaler, sondern auch 80 Sozialstunden beim Unparteiischen. Dieser muss sich nun auch noch vor dem Zivilgericht verantworten – eingefordertes Schmerzensgeld: 5000 Euro. Recht so!

Die Kolumne

Unser Autor kann auf eine lange, erfolglose Karriere in den Niederungen des Amateurfußballs zurückblicken. Hier schreibt er über Schwalbenkönige, Kabinenrituale und Trainingsweltmeister – rein subjektiv natürlich, denn die Wahrheit liegt sowieso irgendwo auf dem Platz.

x