Grünstadt Flüchtlinge: Das größte Problem ist die Wohnungsnot

Lebhafte Diskussionen an den Thementischen im St.-Peter-Saal.
Lebhafte Diskussionen an den Thementischen im St.-Peter-Saal.

Mehr als 100 Interessierte, wie 2015 bei einer ähnlichen Veranstaltung, sind am Freitagabend zwar nicht gekommen. Aber es waren immerhin rund 30 Menschen dem Aufruf gefolgt, sich im St.-Peter-Saal über Möglichkeiten der Flüchtlingshilfe zu informieren. Allerdings hatten die meisten Besucher schon zumindest eine gewisse Ahnung davon.

Zum Info-Abend „Schutzsuchende integrieren in Grünstadt und im Leiningerland“ hatten die Kolpingsfamilie Grünstadt und die Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit (Liga) am Freitagabend in den Sankt-Peter-Saal der katholischen Kirche eingeladen. Rund 30 Gäste waren der Einladung gefolgt. Zunächst gab es einige Vorträge, dann wurde an Thementischen diskutiert.

Jana Nickel vom Caritas-Zentrum Neustadt, Fachbereich Migration und Integration der Außenstelle Bad Dürkheim, gab zunächst einen Überblick über die Eckdaten der Beratung für erwachsene Zugewanderte, wie beispielsweise die beeindruckende Zahl von 315.000 Fällen in 2022. Die Menschen, die die Migrationsberatung Erwachsener (MBE) in Bad Dürkheim in Anspruch nahmen, stammten überwiegend aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und Somalia.

Beratung bei der Caritas

„Die Beratung der Caritas ist sehr vielfältig und reicht beispielsweise von der allgemeinen Sozialberatung über Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung bis hin zu Schuldner- und Insolvenzberatung, aber auch Schwangerschaftsberatung“, erklärte Nickel. Sie erzählte die Geschichte einer jungen Familie aus Afghanistan mit vier Kindern, die zunächst bei der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis, der Sozialleistungen, der Einrichtung der Krankenversicherung und des Bankkontos unterstützt wurde, weiterhin Hilfe beim Kontakt mit Behörden fand und schließlich auch bei der Wohnungssuche.

„Unsere Hilfe, die vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration gefördert wird, ist sehr vielfältig und umfangreich“, sagte Liloz Mesiee, die zweite Referentin der Caritas. Sie erklärte auch, dass die Zielgruppe grundsätzlich Menschen über 27 Jahren seien sowie neu Zugewanderte mit Aufenthaltstitel oder guter Bleibeperspektive.

Hilfe bei der Diakonie

Christiane Runge vom Haus der Diakonie Bad Dürkheim stellte die Sozial- und Lebensberatung sowie Schwangerenkonfliktberatung vor: „Unser Hauptthema ist die Schwangerenkonfliktberatung, die beispielsweise auch Fragen rund um die Babyausstattung, um Anträge auf Kindergeld um Schulanmeldungen umfasst und auch die Hilfe bei Behördengängen.“ Die Beratungsstelle befindet sich in Grünstadt im Haus der Ökumenischen Sozialstation und ist an fünf Tagen pro Woche acht Stunden täglich besetzt. „Auf jeden Fall sollte vorher ein Termin vereinbart werden“, betonte Runge.

Unterstützung bei der Liga

Bernd Frietsch, der vor rund 30 Jahren die Liga gegründet hat, berichtete zunächst von den Anfängen 1992, als das Café International als Anlaufstelle für Geflüchtete eingerichtet wurde, nachdem sich im August des Jahres die fremdenfeindlichen Übergriffe auf eine Aufnahmestelle für Asylbewerber und ein Wohnheim für Vietnamesen im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen längere Zeit hingezogen hatten. „Später folgte dann die Bürgerstiftung Willkommen in Deutschland mit Sitz in Ebertsheim, wo die ersten Sprachkurse stattfanden“, erzählte er.

Aktuell sei das größte Problem im Zusammenhang mit Schutzsuchenden tatsächlich die Wohnungsnot. „Wo sollen die Menschen hin, wenn sie aus den Obdachlosenunterkünften raus müssen?“, fragte er und ergänzte: „Es sind einfach nicht genug Wohnungen da und hinzu kommt, dass man bei manchen Eigentümern auch noch Überzeugungsarbeit leisten muss, wenn es um diese Mieter geht.“ Seine Erfahrungen hätten ihm gezeigt, dass 70 Prozent aller Flüchtlinge einen Aufenthaltstitel bekämen, ein weiterer Teil bekomme immerhin ein Bleiberecht, einige würden über die Schiene Studium und Ausbildung bleiben dürfen und über den verschwindend kleinen Rest werde derzeit gestritten.

Deutsch im Lerncafé

„Auf dem Weg zur gelungenen Integration hat die Sprache einen Hauptanteil, was wir mit ehrenamtlichen Helfern in Sprachkursen unterstützen“, sagte Frietsch. Dafür gebe es beispielsweise das Lerncafé in der Jakobstraße 50, das immer donnerstags von 16 bis 18.15 Uhr geöffnet hat und von Doris Best geleitet werde. „Es kommen immer wieder auch Analphabeten zu uns und viele Frauen, die in den Herkunftsländern einfach keine Schule besucht haben – durch das Erlernen der Sprache gewinnen sie enorm an Selbstvertrauen und können ihr Leben besser meistern“, sagte Best.

Vor einigen Tagen hatte sie die Nachricht von einer Frau aus Kindenheim erreicht, die jahrelang mit dem Kinderwagen und einem zweiten Kind an der Hand nach Bockenheim gelaufen war, von dort mit dem Zug nach Grünstadt fuhr, um das Lerncafé zu besuchen. Jetzt habe sie ihre B2-Prüfung in Deutsch geschafft. Im Lerncafé wird auch Hausaufgabenbetreuung angeboten. Best sagte: „Aktuell suchen wir Ehrenamtliche für Erwachsenen-Sprachkurse, die abends stattfinden sollen.“

Diskussion an Thementischen

Im Anschluss an die Vorstellung der einzelnen Hilfsorganisationen wurden vier Tische zu den Themen Hausaufgabenbetreuung, Unterbringung/Wohnungssuche, Integrationshilfe/Behördenkontakt und Ausländerrecht eingerichtet, an denen rege diskutiert wurde, unter anderem auch mit Bürgermeister Klaus Wagner (CDU) und Verbandsbürgermeister Frank Rüttger (CDU). Die meisten Besucher hatten bereits im Vorfeld in irgendeiner Weise mit Flüchtlingshilfe zu tun, waren mitunter auch selbst aktiv.

Unter den Zuhörern war die 84-jährige Loni Zöller. Die Grünstadterin ist seit mehr als 40 Jahren in der Kolpingsfamilie, gehört seit über zehn Jahren der Vorstandschaft an. Sie sagte: „Ich habe zwei Jahre lang eine Familie aus dem Irak begleitet und helfe auch einer Frau aus Nigeria, die in meiner Nachbarschaft wohnt, beispielsweise mit dem Papierkram.“

Der Abend sollte ein Zeichen der Solidarität setzen und zu sozialem Engagement anregen. Einige Namen von angehenden Ehrenamtlern wurden in die bereitliegenden Listen eingetragen. Doch Helfer gibt es nie genug.

Kontakt

Kolping: E-Mail an kolping-gruenstadt-info@web.de, Telefon 06359 3906; Liga: E-Mail: liga@gmx-topmail.de, Telefon 0157 53111408; Café International, Telefon 06359 83640 (nur dienstags, 18 bis 20 Uhr)

Link zum Vorbericht: https://www.rheinpfalz.de/lokal/gruenstadt_artikel,-warum-die-fl%C3%BCchtlingshelfer-dringend-hilfe-ben%C3%B6tigen-_arid,5578135.html?utm_source=rheinpfalz.de&utm_medium=paywall

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