Grünstadt So schützen Sie sich vor Sex-Erpressern

Man chattet, fasst Vertrauen, zieht sich dann aus und filmt oder macht Fotos – und wird im schlimmsten Fall danach erpresst.
Man chattet, fasst Vertrauen, zieht sich dann aus und filmt oder macht Fotos – und wird im schlimmsten Fall danach erpresst.

Der Begriff „Sextortion“ dient als Name für etwas, das mit viel Scham behaftet ist: Menschen werden mit Bildern und Filmen erpresst, die sie bei sehr intimen Handlungen zeigen. Den Betroffenen ist das Ganze meist extrem peinlich. Das kommt auch im Leiningerland vor. Die Grünstadter Polizei warnt deswegen davor, Kurzzeit-Bekanntschaften Nackt-Fotos zu schicken.

„Es kann jeden treffen.“ Das zu betonen, ist Horst Gesell wichtig. Das „typische“ Opfer der Sex-Erpresser-Masche gibt es nicht. Der stellvertretende Leiter der Grünstadter Polizeiinspektion sagt: „Es können Frauen und Männer betroffen sein, relativ junge Menschen genauso wie ältere, die sich über eine Kontaktaufnahme freuen und meinen, sie seien begehrt.“ Denn: Bei „Sextortion“ – das ist eine Zusammensetzung aus den englischen Wörtern Sex und Extortion (Erpressung) – wird mit Gefühlen Schindluder getrieben.

Die Masche beruht darauf, dass Menschen in sozialen Netzwerken Freundschaftsanfragen bekommen, sich mit den ihnen bislang unbekannten Menschen austauschen – und schlussendlich auch Bilder teilen, die sie nackt zeigen. „Man ist da dann sehr großzügig und freizügig“, stellt Gesell fest – und umreißt damit die Tatsache, dass die Menschen auch sexuelle Handlungen an sich selbst vornehmen und sich dabei filmen.

Erst chattet man nett, dann zieht man sich aus

Der Erste Kriminalhauptkommissar beschreibt die typische Vorgehensweise so: „User bekommen von attraktiven unbekannten Frauen Freundschaftsanfragen, zum Beispiel auf Instagram. Nach einer kurzen Kommunikation wird diese auf Snapchat verlagert. Hier wird der User aufgefordert, nackt zu posieren oder sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen.“ Die „hübsche Unbekannte“ will von der großen Liebe jedoch bald nichts mehr wissen und droht damit, die Bilder an alle Follower des Betroffenen zu versenden. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, der Peinlichkeit zu entkommen: Wenn man an seine Erpresserin den gewünschten Geldbetrag überweist – beispielsweise über Zahlkarten, die man an Tankstellen kaufen kann.

„Da unter den Followern meist auch viele Familienmitglieder oder Freunde sind, kommt es nicht selten vor, dass der Betrag gezahlt wird“, weiß Gesell. Dies schließe nicht aus, dass die Unbekannte weitere Forderungen stellt – oder die Bilder trotzdem versendet. Zwei Dinge zur Erklärung: Im Beispiel ist von einer Frau die Rede, natürlich kann es aber auch ein Mann sein, der erpresst. Auch die „hübsche Unbekannte“ kann eigentlich ein männliches Wesen sein, denn die Fotos, die angezeigt werden, müssen ja nicht den Schreiber zeigen, sondern können irgendwo aus dem Internet zusammengeklaubt sein.

Zwei Fälle in einer Woche

In Grünstadt sind 2022 bis Mitte März 2023 elf Fälle von „Sextortion“ angezeigt worden – zuletzt allerdings waren es gleich zwei in einer Woche. Im Bereich des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, das die ganze Vorderpfalz umfasst, wurden 2021 knapp zehn solcher Fälle angezeigt, im ersten Halbjahr 2022 knapp 20. Sowohl im Ludwigshafener Präsidium als auch in der Grünstadter Inspektion geht man davon aus, dass die Dunkelziffer „erheblich höher“ ist.

Gesell hat festgestellt, dass es die Betroffenen fertigmacht und beschämt, Opfer der Masche geworden zu sein: „Die Personen sind traumatisiert. Sie haben danach ein erhebliches Schamgefühl.“ Vor allem, wenn sie minderjährig sind und bei der Anzeige die Eltern mit ins Boot genommen werden müssen. Hinzu kommt: „Bei der Polizei alle Fotos offen zu legen, ist für sie echt schwierig.“ Schwierig ist es überdies auch, die Täter zu schnappen: „Die Geldüberweisungen gehen oft ins Ausland, wo wir keinen Zugriff haben“, erklärt Polizist Gesell.

Das rät das Bundeskriminalamt

Das Bundeskriminalamt hat Tipps zusammengestellt, mit Hilfe derer vermieden werden soll, dass man zum Opfer wird:

Nehmen Sie keine Freundschaftsanfragen von Fremden an.Prüfen Sie regelmäßig Ihre Account- und Privatsphäreneinstellungen.Seien Sie zurückhaltend mit der Veröffentlichung persönlicher Daten wie Anschrift, Geburtsdatum oder Arbeitgeber.Stimmen Sie nicht vorschnell einem Videochat zu.Kleben Sie die Chatkamera zunächst ab, um lediglich zu reden und das Geschehen zu beobachten.Stimmen Sie keinen Entblößungen oder intimen Handlungen in Videochats zu, wenn Sie die Person erst seit Kurzem kennen.Halten Sie Betriebs- sowie Virenschutzsysteme auf Ihren online genutzten Endgeräten wie Smartphone, Laptop, Tablet oder Computer auf dem aktuellen Stand, um sich vor Schadsoftware zu schützen. Es gibt Schadsoftware, die Ihre Webcam problemlos aktiviert und Sie damit jederzeit filmen kann.

Falls Sie erpresst werden:

Überweisen Sie kein Geld. Die Erpressung hört nach der Zahlung meist nicht auf.Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.Kontaktieren Sie den Betreiber der Seite und veranlassen Sie, dass das Bildmaterial gelöscht wird. Nicht angemessene Inhalte kann man dem Seitenbetreiber über eigens hierfür eingerichtete Buttons melden.Brechen Sie den Kontakt zu der anonymen Person sofort ab, reagieren Sie nicht auf Nachrichten.Sichern Sie die Chatverläufe und Nachrichten mittels Screenshot.Weitere Informationen www.polizei-beratung.de

Stichwort

Snapchat ist eine Kommunikationsplattform wie WhatsApp – allerdings werden damit meist Bilder und Videos verschickt. Und die verschwinden, nachdem man sie angeschaut hat. Aber: Der Empfänger der Fotos und Videos kann sich die Bildchen per Screenshot für immer speichern. Der andere wird darüber informiert. Internettelefonie und Videochatanrufe sind über Snapchat ebenfalls möglich. Um mit jemanden auf Snapchat in Kontakt zu treten, muss die Person vom anderen angefragt („adden“) werden. Die Anfrage kann man dann akzeptieren oder ablehnen.

Instagram ist eher mit Facebook zu vergleichen: Was auf der Plattform steht, bleibt dauerhaft. Man kann aber auch Bilder und Videos in einer „Story“ posten, die dann nur für 24 Stunden zu sehen sind. Bei Instagram kommuniziert man hauptsächlich über Direktnachrichten oder über die Kommentarfunktion unter den Bildern. Man kann sein Account öffentlich stellen, sodass jeder sich die Beiträge anschauen kann. Oder man wählt die Einstellung „privat“ – und erlaubt nur seinen „Abonnenten“ die Beiträge zu sehen. Bei Instagram kann jeder Nutzer Nachrichten an einen anderen Nutzer schreiben - es sei denn, man beschränkt diese Funktion in den Einstellungen. Per Instagram können Bilder, Videos, Chats und Sprachnachrichten versendet werden, Videochatanrufe sind auch möglich.

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