Grünstadt Erotischer Müßiggang

Die Sorgen einfach „wegbabbele“ – das ist die Philosophie von Maddin Schneiders „Babbel-Yoga“. Den rund 250 Gästen in der Hettenleidelheimer Festhalle „Gut Heil“ gab er bei seiner Vorstellung am Samstagabend gleich einen Schnupperkurs.

Sieben Uhr morgens, ein Blick in den Spiegel – wer kann da behaupten, gut auszusehen? Mit Ausnahme natürlich derjenigen, die sich noch in der Alterskomfortzone „blutjung“ befinden. Doch die haben Maddin Schneider und – bitte verzeihen Sie′s der Autorin dieser Zeilen – ein Großteil seines Publikums am Samstagabend in der Hettenleidelheimer Festhalle offensichtlich hinter sich gebracht. Maddin zumindest erscheint der Begriff „Schönheitsschlaf“ manchmal als Paradoxon. Dass jedenfalls stellt er immer wieder fest: „Isch find misch jo morgens im Spiegel nie gut. Obwohl es ja heißt ,Schönheitsschlaf′. Doch je läänger isch schlaf, desto schlimmer seh isch aus.“ Mit Gelächter und Beifall bestätigen die Zuschauer: Ihnen geht es offenbar manchmal ähnlich. Gegen das fürchterliche Spiegelbild wisse der Hesse aber eine Yoga-Übung: der hessische Sonnengruß. Oder auch „Ännerscheißing“ genannt; der Babbel-Meister erklärt warum: „Nach der Übung habter so viel Energie, do scheint euch die Sunn ausm Arsch.“ Denn dabei öffne sich das „Wurzel-Chakra“. Mit „Wurzel“ ist das Steißbein gemeint. Ein Überbleibsel, das Maddin an das Animalische im Menschen erinnert. Daher auch sein Interesse für Kamasutra. Und die „Hettrumer“? „Isch dachte es gebbt hier vielleischt einen Verein?“, fragt Maddin erstaunt. Das Publikum aber will es nicht zugeben. Nach Einschätzung des Meisters braucht es erstmal eine „Loggerungsübung“. Wichtig dabei: Den Unterkiefer beim Sprechen locker lassen. Ist das Gesagte nicht zu verstehen? „Dann habter euch richtig logger geschlabbert“, sagt Maddin zufrieden und fügt an, „Hesse und Pfälzer sin jo vum Spreche her Cousins und Cousine“. Das war sie auch schon, die erste Übung des Babbel-Yoga, das die jahrtausendealte Weisheit Indiens mit dem uralten Wissen aus Hessen vereint. Doch wie kommt der Komiker gerade auf Indien? „Ei, vor ganz langer Zeit waren Hessen und Indien ja mal ein Kontinent. Bloß Hessen ist halt irgendwann abgeplatzt“, erklärt er. Und außerdem habe er eine ganz besondere Verbindung zu seinem Yogalehrer alias „Lachbabba“: „Der ist doch tatsächlich die Reinkanalisation meiner Ohm-a.“ Eine schlimme „Liebeskummer-Burnout-Depression“ habe ihn erst recht dazu getrieben, in der Esoterik Beistand zu suchen. Denn „vor kurzem“ hat ihn seine „damalige zukünftige Ex“ verlassen – erst fünf Jahre sind seitdem vergangen. Der Trennungsgrund lag vielleicht in Maddins sexuellen Vorlieben: „Ich mag ja überhaupt keine Quickies, ich steh viel lieber auf Slowies“, verrät er breit grinsend. Doch das war leider nichts für seine Exfreundin, wie Maddin fassungslos berichtet: „Schon nach ner halb Stunn hatse geruf: ,Jetzt nimm mich, oder brauchst dus schriftlich?′“ Dabei kann doch Müßiggang so erotisch sein. Maddin möchte das seinem Publikum beweisen. „Hört euch doch das mal an: Schoggelaaadehaaas“, raunt er ganz langsam und sinnlich. Denn alle Wörter mit A öffnen das Herz-Chakra. „Es geht aber auch mit ,Aaaschebääschä′“, sagt Maddin lachend. Zwischen den Hettrumern und dem Hessen stimmt die Chemie. Sogar so stark, dass am Ende der Vorstellung kein Beifall folgt. Stattdessen beginnen die Männer im Publikum wie „rollige Platzhirsche“ (O-Ton Maddin) zu röhren, während die Frauen im Kanon dazu summen. Zugegeben, sie wurden von Meister Maddin dazu angestiftet. Den wohl verdienten Beifall gab′s aber danach. Das Kollektiv-Stöhnen hat die Hettenleidelheimer sichtlich entspannt. Ob sie jetzt vielleicht den Tipp von Maddin Schneider beherzigen und doch einen Kamasutra-Verein gründen?

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