Eisenberg Donnersbergkreis: Wo Azubis gesucht werden
Die Wirtschaft in Deutschland hat vor allem mit einer enormen Herausforderung zu kämpfen: dem demografischen Wandel. Immer mehr Unternehmen klagen darüber, wie schwierig es ist, geeignetes Fachpersonal zu finden. Mehr ausbilden, sollte die Devise also lauten. Aber es hakt mittlerweile oft schon daran, passende Auszubildende zu finden. Die Zahlen sind seit einigen Jahren alarmierend.
Im Donnersbergkreis waren im Juli 2024 166 der freiwillig gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt. 89 Personen waren unterdessen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Diese Zahlen entsprechen etwa dem Niveau im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wie der Leiter der Arbeitsagentur Pirmasens-Kaiserslautern, Peter Weißler, im RHEINPFALZ-Gespräch betont. Gerade Handwerksbetriebe, der Einzelhandel und das Gastgewerbe suchten händeringend nach Nachwuchskräften.
Auch bei der Handwerkskammer der Pfalz sind viele offene Ausbildungsstellen gemeldet. Anfang August gab es demnach im Bereich Eisenberg 114, in Kirchheimbolanden 61 und in Rockenhausen 61 offene Ausbildungsstellen. Auch hier wurde auf Anfrage bestätigt, dass die Zahlen sich auf relativ gleichem Niveau wie im Vorjahreszeitraum bewegen.
Lieber an die Universität?
Die Experten sehen mehrere Gründe für den Rückgang an Bewerbungen um Ausbildungsplätze. Zum einen hat der besagte demografische Wandel dazu geführt, dass es einfach weniger Schulabgänger gibt. Zum anderen aber scheint auch die Attraktivität einer dualen Ausbildung gegenüber einem akademischen Weg abgenommen zu haben. Viele junge Menschen strebten nach Abitur und Studium, obwohl sie in der Berufsausbildung hervorragende Karrierechancen hätten, berichtet Weißler.
Bei der Handwerkskammer der Pfalz (HWK) ist Ähnliches zu hören. Stand Juli 2024 verzeichnete sie in ihrem Kammerbezirk, der die ganze Pfalz abdeckt, 1423 neu eingetragene Ausbildungsverhältnisse. Das sind rund drei Prozent weniger als im Vorjahresmonat, wie die HWK-Pressestelle auf Anfrage mitteilte. Bis dato sind im Jahr 2024 insgesamt 59 neue Ausbildungsverträge mit Ausbildungsbeginn 2024 in Handwerksbetrieben des Donnersbergkreises eingetragen worden.
Im Bereich der Industrie- und Handelskammer der Pfalz wurden 2023 für diese Region, die dem Bereich des Arbeitsamtsbezirkes Kaiserslautern-Pirmasens entspricht, 1517 neu eingetragene Ausbildungsverträge gemeldet. Ende 2022 waren es 1472. Aktuell verzeichnet die IHK – mit Stand Juni 2024 – 632 neu eingetragene Ausbildungsverträge und einen Monat später, Ende Juli , 877 Verträge. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es Ende Juni 630 und Ende Juli 917. Hier werden noch weitere Verträge für dieses Jahr erwartet. Trotzdem kann rund die Hälfte der Betriebe Ausbildungsplätze nicht besetzen.
Die Großen bilden weiter aus
In den Strategien der industriellen Großbetriebe der Region hat die Berufsausbildung weiterhin einen sehr hohen Stellenwert. Obwohl es bei einigen erst einen massiven Stellenabbau gab, sind die Ausbildungsplätze sehr begehrt. Selbst wenn noch ein weiterer Abbau ansteht - wie etwa bei Borg Warner. Beim Turbolader-Hersteller in Kirchheimbolanden beispielsweise starten in diesem Jahr 15 Azubis und fünf dual Studierende ihre Berufsausbildung. Immer noch besitzt das Unternehmen regional eine große Strahlkraft als Ausbildungsbetrieb. Es habe auch entsprechende Investitionen ins Ausbildungszentrum gegeben, um dieser Rolle gerecht zu werden, wie Axel Walther, Teamleiter der Borg-Warner-Ausbildungswerkstatt, betont.
Ähnlich ist die Situation bei Adient in Rockenhausen. Hier sind in den nächsten Monaten Stellenreduzierungen geplant. Dennoch konnte das Unternehmen in diesem Jahr 20 neue Ausbildungsplätze besetzen, wie Personalleiter Axel Bechberger auf RHEINPFALZ-Anfrage berichtet. Das Unternehmen pflege seit einigen Jahren enge Kontakte mit Schulen der Region und das trage schließlich bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen Früchte. Es sei schon ein gewisser Aufwand notwendig, um die qualifiziertesten Schulabgänger für ein Unternehmen zu begeistern, meint er.
Bei der Gießerei Gienanth in Eisenberg, die nun zur Dihag-Gruppe gehört, fängt zum neuen Ausbildungsjahr kein einziger Azubi an. Aufgrund der Insolvenzlage, die sich über ein halbes Jahr zog, war es fraglich, ob in dem Traditionsunternehmen überhaupt weiter ausgebildet wird. „Wir hatten im Oktober 2023 bereits vier unterschriebene Ausbildungsverträge“, berichtet Ausbildungsleiter Karlheinz Holtzhäuser im Gespräch mit Landrat Rainer Guth (parteilos).
Der besuchte kürzlich die vor rund fünf Jahren für rund eine Millionen Euro Investition aufgebaute neue Gienanth-Akademie. Hier finden bis zu 60 Auszubildende Platz. „Momentan haben wir gerade mal 20 eigene Azubis, und weitere acht, die von anderen Betrieben der Region im Rahmen des Ausbildungsverbunds Leiningerland temporär nach Eisenberg geschickt werden“, so Holtzhäuser.
Für Gienanth-Geschäftsführer Hans-Jürgen Brenninger steht außer Frage: „Wir müssen und wollen Ausbildung auf hohem Niveau weiter betreiben, um überhaupt überleben zu können. Die Ausbildung geht weiter!“ Obwohl die Bewerbungsphase schon weit fortgeschritten ist, will Gienanth kurzfristig neue Auszubildende einstellen. Es sei aber nicht so einfach, an potentielle Kandidaten heranzukommen.
In diesem Jahr ist Gienanth daher bereit, auch Interessenten zu späteren Ausbildungsterminen einzustellen. Also nicht klassisch zum 1. August oder 1. September, sondern beispielsweise zum 1. Oktober oder zum 1. November. Die wichtigsten Voraussetzungen seien das Beherrschen der deutschen Sprache in Wort und Schrift sowie Mathematikkenntnisse und technisches Verständnis, untermauert Ausbildungsleiter Holtzhäuser. In den nächsten Wochen wolle man kräftig die Werbetrommel rühren. Auch auf das Angebot der Arbeitsagentur, dieses Vorhaben zu unterstützen, will die Firma eingehen.
Der Landrat des Donnersbergkreises versprach, sich der Frage anzunehmen, weshalb bestimmte handwerkliche Berufe nicht die Berufsbildende Schule in Eisenberg besuchen können.