Grünstadt Baupläne sorgen für Unruhe

Das Baugebiet im Herzen Bockenheims: Weil die Bodendenkmalpfleger alte Gräber unter dem Grundstück vermutet haben, schauten sie
Das Baugebiet im Herzen Bockenheims: Weil die Bodendenkmalpfleger alte Gräber unter dem Grundstück vermutet haben, schauten sie genauer nach und schoben deswegen die Erde um. Ergebnis: Keine Gräber!

Der Ortsgemeinderat Bockenheim hat beschlossen, dass die Bürger am Montag, 11. September, 20 Uhr, in der Emichsburg Gelegenheit bekommen sollen, sich in einer Versammlung über den Bebauungsplan „An der Jakob-Böshenz-Straße, Schule und Kindergarten“ informieren zu lassen. Zudem haben die Bürger mehr Zeit, um sich im Internet oder bei der Verbandsgemeindeverwaltung Grünstadt-Land den Bebauungsplan anzuschauen, und bei der Verwaltung ihre Bedenken gegen die Planungen vorzubringen. Die Frist dafür wäre eigentlich gestern abgelaufen, sie wurde bis Freitag, 15. September, verlängert. Für die von der SPD-Fraktion beantragte Fristverlängerung haben am Dienstagabend neun Ratsmitglieder gestimmt, Ortsbürgermeister Kurt Janson und Ortsbeigeordneter Dieter Rösener (beide parteilos) stimmten dagegen. Es gab drei Enthaltungen. Dem Antrag der FWG, eine Bürgerversammlung abzuhalten, stimmten zwölf Ratsmitglieder zu, Rösener und Janson waren dagegen. 16 bis 18 Häuser in der Dorfmitte Die Sache, um die es in Bockenheim geht, ist für Kommunalpolitiker Tagesgeschäft: Es gibt ein Stück Land, darauf will ein Investor Häuser stellen. Bevor die Bagger rollen, sind viele bürokratische Schritte abzuarbeiten. Der Rat hat den ersten Teil erledigt, im Juni hat er mit zehn Ja-Stimmen von CDU, FWG, Parteilosen und einer SPDlerin den Bebauungsplan beschlossen, die SPD-Fraktion (sechs Leute) hat dagegen gestimmt. In der Mitte des Dorfes – neben der Tankstelle, zwischen Festplatz, Weißenborner Weg und Kindertagesstätte – sollen auf einem Gebiet von 8000 Quadratmetern 16 bis 18 Häuser mit einer Firsthöhe von zwölf Metern gebaut werden. Investor ist Hans Mayer von der bm-Baugesellschaft mbH in Frankenthal. Es soll auch ein Stückchen Land übrig bleiben, um gegebenenfalls einmal die Kindertagesstätte erweitern zu können. Der Entwurf des Bebauungsplanes liegt seit 24. Juli in der Verbandsgemeindeverwaltung aus. Soweit er sich erinnere, habe lediglich ein Privater eine Stellungnahme abgegeben, sagte Bauamtsleiter Erwin Fuchs, die 20 bis 25 anderen kämen von Behörden. Zur Erklärung: Nach der Offenlegung von Bebauungsplänen muss die Verwaltung die von Privatleuten und Behörden vorgebrachten Bedenken abwägen, also schauen, ob was dran ist oder nicht. Unruhe im Ort Die Pläne für das „Filetstück“ sorgen in Bockenheim für viel Unruhe: Der Sitzungssaal platzte mit rund 50 Zuhörern im Raum und etlichen weiteren vor der Türe aus allen Nähten. Grund für den guten Besuch war vermutlich ein Flugblatt, das am Vortag im Ort verteilt worden war und in dem auf den Sitzungstermin hingewiesen wurde. Darin hieß es mit Blick auf das Baugebiet am Kindergarten: „Die Erde bebt! Wir sollen das alle mitfinanzieren, also wollen wir auch informiert werden. (…) Bürger steht auf!“ Sebastian Schulz (FWG) sagte: „Wie kann man bei sowas so übertreiben? Da wird eine Sau durchs Dorf getrieben, die’s gar nicht gibt.“ Er sprach von „Gerüchten und Halbwahrheiten“, die im Dorf die Runde machten, und fand, dass es deswegen sinnvoll sei, die Bürger bei einer Infoveranstaltung auf den Stand zu bringen. Gunther Bechtel (SPD) wandte sich an Ortsbürgermeister Janson: „Ich weiß gar nicht, warum man so eine Angst hat, eine Bürgerversammlung zu machen.“ Allerdings sei ein solcher Info-Abend nur dann sinnvoll, wenn die Bürger auch danach noch ein paar Tage die Möglichkeit hätten, aufzuschreiben, welche Befürchtungen sie hinsichtlich des Baugebiets hegen: „Es macht keinen Sinn, eine Bürgerversammlung zu machen, wenn die Fristen verstrichen sind.“ Auch andere Ratsmitglieder hoben hervor, dass sie für eine Bürgerversammlung sind. CDU-Mann Hans-Jürgen Jakoby wollte von Janson wissen: „Warum sträuben sie sich gegen eine Bürgerversammlung?“ Für Jürgen Schumacher (SPD) ist eine Bürgerversammlung „ein Stück gelebte Demokratie“. Der Ortsbeigeordnete Dieter Rösener berief sich auf seine Pflicht als Ratsmitglied: „Wir haben im Rat mit demokratischen Mitteln gehandelt, damit der Planentwurf auf den Weg kommt. Entweder entscheiden die Bürger oder die Ratsmitglieder.“ Für diese Worte wurde er von einer großen Anzahl der Zuhörer ausgebuht. Christian Schäfer von der CDU-Fraktion verurteilte das Verhalten der Zuhörer: „Wir sitzen hier nicht, um ausgebuht zu werden.“ Rat überstimmt Bürgermeister Verantwortliche für das Flugblatt sind Volker Griebel und Dieter Schlottmann, die beiden Männer hatten im Juni einen Antrag initiiert, dessen Ziel es war, eine Einwohnerversammlung herbeizuführen. 56 Bockenheimer hatten unterschrieben. Ortsbürgermeister Janson hatte mehrfach gesagt, dass er von dieser Forderung nichts halte, da die Bürger aus seiner Sicht sehr wohl die Möglichkeit gehabt hätten, sich zu informieren und das Thema auf Sitzungen des Rates und in Ausschüssen öffentlich beraten worden sei. Am Dienstagabend erneuerte er seine Einschätzung: „Es waren genug Infos da.“ Die Ratsmehrheit überstimmte den Ortsbürgermeister, die Bürgerversammlung wird stattfinden. Ansprache im Freien Das Ergebnis der Ratssitzung bewertete Volker Griebel als positiv. Aus Sicht des Bürgerforums Bockenheim (so nennt sich auch eine von Griebel und Schlottmann eingerichtete Internetseite zu dem Thema) solle die Bevölkerung genauer über die Pläne informiert werden. Griebel bemängelte die Firsthöhe der geplanten Häuser (12 Meter), und sagte, man solle darüber nachdenken, ob auf diesem Baugebiet neben Häusern auch noch eine „moderne Einkaufsmöglichkeit“ geschaffen werden könne – also ein Supermarkt mit Café, Sitz- und Einkehrmöglichkeiten. Insgesamt fehle es Bockenheim an einer Leitplanung, kritisierte der Vorsitzende des Kultur- und Verkehrsvereins, der nach der Ratssitzung im Freien zu den Bürgern sprach und viel Zustimmung für seinen Einsatz erntete. Griebel selbst gab sich mit Blick auf den Wurfzettel auch selbstkritisch: „Ich möchte mich bei den Ratsmitgliedern entschuldigen, die wir mit den Flyern hart getroffen haben.“ Das sei nicht beabsichtigt gewesen. KOMMENTAR ZITIERT „Ich habe nichts gegen eine Bebauung, aber ich habe was dagegen, dass wir dort Häuser hinstellen, die doppelt so groß sind, wie die Häuser, die rundherum stehen“: SPD-Ratsmitglied Jürgen Schumacher, der für diese Aussage bei der Ratssitzung viel Applaus von den Zuhörern bekam.

Wollte die Bürgerversammlung: Volker Griebel.
Wollte die Bürgerversammlung: Volker Griebel.
x