Grünstadt Anonyme Giddarischde in Obrigheim auf der Bühne

In seinem Element: Sänger Edsel Merz.
In seinem Element: Sänger Edsel Merz.

Die Anonyme Giddarischde sind Pfälzer Kulturgut. Das hat sich auf dem Betze gezeigt. Wenn sie am Sonntag in Obrigheim auftreten, genießen sie die Rückkehr zur Normalität.

Sicher, das Ergebnis hat nicht gepasst. 1:3 verlor der 1. FC Kaiserslautern sein Heimspiel gegen Borussia Dortmund II am 36. Spieltag der dritten Liga. Aber wenn der ausgewiesene FCK-Fan Thomas Merz über diesen 30. April spricht, wird ihm trotz der Niederlage immer wieder warm ums Herz. „De Edsel“, wie ihn seine Fans nennen, legte an diesem Samstag im Fritz-Walter-Stadion mit seiner Band, den Anonymen Giddarischde, vielleicht den Auftritt seines Lebens hin.

Die Frankenthaler Gruppe durfte vor dem Spiel ihr „Palzlied“ spielen, jene Ode an die Pfalz, die längst regionales Kulturgut geworden ist. Edsel erinnert sich, wie sie das Lied mal spontan bei einer Hochzeit für eine pfälzische Braut gespielt haben, die im Begriff war nach Texas auszuwandern. „Sie musste danach neu geschminkt werden, da sind die Tränen geflossen“, sagt Merz, den es sehr berührt, zu sehen, wieviel die Musik der Giddarischde manchen Menschen bedeutet. Angeblich bekommen Kinder das Lied bereits im Schulunterricht beigebracht – und wenn die Hörer des Radiosenders SWR1 jährlich über ihre Lieblingshits abstimmen, landen die Giddarischde mit ihrem Palzlied gerne mal unter den Top 10, zuletzt, 2021, sogar auf Platz vier, geschlagen nur von Queen, Disturbed und Led Zeppelin. Auch die Westkurve, da, wo beim FCK die treuesten der Treuen sitzen, hat sich das „Palzlied“ angeeignet, den Song zu ihrer Hymne gemacht. Da war es nur folgerichtig, dass die Anonyme Giddarischde das Lied auch mal live im Stadion performen durften. „Ein gigantisches Erlebnis. Wir hatten einen Chor von fast 49.000 Zuschauern – das war unser größter Gig bislang“, so Edsel Merz und in seiner Stimme schwingt eine Menge Stolz mit.

Kleiner, aber genauso emotional

Nicht der einzige besondere Moment für die Band in der jüngeren Vergangenheit. Auch das Benefizkonzert „Sound of Freedom“ am 10. April in Frankenthal zählt er dazu. Mit 1000 Zuschauern auf dem Frankenthaler Rathausplatz eine ganze Nummer kleiner, aber deswegen nicht minder emotional. Bei dem Charity-Gig – nicht der einzige: die Anonymen setzen sich auch immer wieder etwa für die Rolli-Teufel Ludwigshafen ein – wurden 10.000 Euro Spenden für die Ukraine gesammelt. „Wir sind froh, dass wir da irgendwie helfen konnten. Das Ganze war ja eine sehr spontane Aktion, aber auch unser erster Auftritt seit Herbst 2021. Die vielen anderen Musiker an diesem Benefizabend wiederzusehen, das hatte schon etwas von einem Klassentreffen“, sagt Edsel Merz.

Für eine Live-Band wie die Anonymen Giddarischde waren die zwei Pandemie-Jahre natürlich eine harte Zeit. Zwei Jahre, in denen fast gar nichts ging. Für eine Band, die seit ihrer Gründung 1995 praktisch unentwegt auf Tour war, auf mindestens 30 bis 35 größeren Veranstaltungen pro Jahr gespielt hat, nicht einfach. Ob man Angst vor der Entwöhnug, einem Aus der Band hatte? „Nein, das stand nie zur Debatte. Wir waren alle schon vor der Band befreundet und wussten, dass unsere Freundschaft das alles überdauern würde“, so Merz. Bis auf den Drummer Stefan Brod – der in der Pandemie aber als Studiomusiker gut ausgelastet war – verdiene auch kein Bandmitglied im Haupberuf seine Brötchen mit der Musik, niemand musste sich daher existenzielle Sorgen machen. „Wir haben deswegen auch keine Hilfen oder so beantragt“, sagt Merz. Einzig für ein experimentelles Song-Projekt habe es ein Stipendium gegeben, um damit ins Studio gehen zu können.

Neue Platte im Sommer 2021

Immerhin: Untätig waren sie nicht. Im Sommer 2021 erschien mit „Geht’s noch?“ eine EP mit neuen Songs. Stefan Kahne hatte die Jungs ins Studio geladen und dort im wahrsten Sinne des Wortes mit ihnen gearbeitet. „Er hat uns jede Menge Tricks beigebracht. Sonst haben sich unsere Songs ja organisch auf der Bühne entwickelt, diesmal eben im Studio. Wir sind da viel analytischer als sonst rangegangen“, sagt Merz. Ein Vorgehen, das der Band gut gefallen habe. „Gut möglich, dass wir das so beibehalten. Wir haben uns damit sehr wohl gefühlt“, so Merz. Man habe noch ein paar weitere Songs in der Schublade. Ob die noch in diesem Jahr erscheinen? „Wahrscheinlich eher nicht, das lässt wahrscheinlich unser Terminkalender nicht zu“, sagt Merz. Man sei ohnehin keine Band, die ständig neuen Output hervorbringe. „Das sorgt dann zu Hause für mehr Frieden“, sagt Merz. Auch wenn der Produzent der Band, der Wahl-Battenberger Nosie Katzmann, sich da auch sicherlich eine dichtere Taktung an Neuveröffentlichungen vorstellen könnte. „Wir verstoßen da wohl gegen gewisse Grundregeln des Musikgeschäfts“, sagt Merz und lacht.

Stichwort Terminkalender. Ob Merz zuversichtlich in die Zukunft schaut? „Gut, man weiß nie, wie sich die Pandemie entwickelt. Was im Herbst kommt. Momentan sind alle im Nachhol-Modus, die Menschen möchten wieder etwas erleben, feiern, es geht ja keiner mehr nach Hause. Aber wir müssen darauf vorbereitet sein, dass es wieder schwieriger wird. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass angesichts der Umstände, Inflation und so, man nochmal alles so extrem runterfährt“; so Merz, der dafür plädiert: „Lasst uns Spaß haben – und dabei verantwortungsvoll miteinander umgehen.“

Termine

22. Mai, 11 Uhr, Obrigheim/Sportplatz; 2. Juli, 19 Uhr, Sausenheim (1250-Jahr-Feier); 7. August, 11.30 Uhr, Hertlingshausen (Kerwe); 14. August, 11.30 Uhr, Bissersheim (Weingut Mussler); 3. Oktober (noch ohne Uhrzeit), Obersülzen (beim SVO)

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