RHEINPFALZ-Sommertour Altes Rathaus: Von Steinzeit bis Steingutfabrik
Gleich zwei Nachweise gibt es darüber, dass das Alte Rathaus in Grünstadt früher eine große Außentreppe gehabt haben muss, erklärt Richarda Eich vom Altertumsverein Grünstadt-Leiningerland. Sie hat zusammen mit ihrem Mann Volker die Teilnehmer der RHEINPFALZ-Sommertour durchs Museum geführt. Früher seien hier die Bürgermeister vom Grafen bestätigt und damit in ihr Amt eingeführt worden. Einer davon war Johann Conrad Fabritius, erzählt Eich den Lesern. Am 24. August 1722 wurde er ins Amt eingeführt, stürzte aber anschließend die Rathaustreppe hinunter und verstarb. Damit war er wohl der Bürgermeister mit der kürzesten Amtszeit. Einen weiteren Nachweis gibt es von 1794, denn da soll der preußische General Gebhard Leberecht von Blücher auf der Rathaustreppe eine Ansprache gehalten haben. Da die Treppe wohl 1811 beim Umbau entfernt wurde, musste Richarda Eich von unten zu den Lesern sprechen.
Die Treppe ging es dann von innen hinauf, wo es für eine Hälfte der Gruppe in die chronologisch geordnete Dauerausstellung ging. Etwa 80.000 Jahre alt ist das älteste Ausstellungsstück: ein Faustkeil aus der Jungsteinzeit. Daneben liegt ein Mahlstein. Wie Eich den Lesern erklärte, ist das ein wichtiges Zeitdokument, denn dass die Menschen Getreide zu Mehl mahlen konnten, führte mit zur Sesshaftwerdung der Menschen.
Auch Funde aus der Römerzeit
Viele Funde gibt es auch aus der Römerzeit. Unter anderem wurde auch eine Münze mit Kreuzsymbol ausgegraben. Eich: „Das wohl früheste Zeugnis für Christentum in Grünstadt.“
Neben der Stadtgeschichte interessierten sich die RHEINPFALZ-Leser auch dafür, wo die Funde herkommen. Hier hat Eich oft auch die passende Antwort parat. „Unsere Vorfahren waren sehr fleißig und haben alles dokumentiert“, sagte sie über den 1903 gegründeten Verein. Früher hätten die Bauern immer, wenn sie etwas gefunden haben, dies sofort beim Altertumsverein abgegeben. Dadurch habe man über die Jahrzehnte einen großen, gut dokumentierten Fundus aufgebaut. Nur bei den Kanonenkugeln aus dem 16. Jahrhundert konnte Eich nicht genau sagen, wo sie herkommen. Das liege daran, dass man sie bei Südzucker aus der Rübenanlieferung gefischt habe.
Auch Exponate aus vergleichsweise jüngeren Tagen sind im Museum ausgestellt. So etwa eine Schultasche, die bedürftigen Grünstadter Kindern nach dem Ersten Weltkrieg geschenkt wurde. Die des sechsjährigen Anton sieht anders aus, sagte er. „Grün mit Dinosauriern“, so die Beschreibung. Demnächst braucht er sie, wenn er in die Schule kommt. Die letzten freien Tage konnte er noch nutzen, um mit seinen Großeltern Manfred Neser und Sieglinde Hammann-Neser die RHEINPFALZ-Sommertour zu besuchen. Die historische Kasse kam Opa Manfred auch irgendwie bekannt vor. „Die sieht aus wie die, die mal im Fahrradgeschäft stand.“
Auch im oberen Stockwerk, wo es um die Industriegeschichte der Stadt geht, haben sich viele Grünstadter zurückerinnert. Die Blicke gingen sofort auf die Jost-Bräu-Ecke. Hier übernahm Volker Eich die Führung. Früher habe fast jedes Lokal auch eine eigene Brauerei gehabt, doch Jost-Bräu sei die größte gewesen. Bis 1970 hatte Jost in Grünstadt Bier gebraut. Eich: „Die Brauanlagen wurden nach Namibia geliefert, dort kann man es heute als ‚Hansa‘ trinken.“
Die RHEINPFALZ-Leser waren vom Engagement des Altertumsvereins im Allgemeinen und der Führung im Speziellen sehr begeistert. „Es war auch viel eigene Lebensgeschichte dabei“, lautete das Fazit von Norbert Hussong, der vieles aus seiner eigenen Vergangenheit wiedererkannt hat. Auch seine Frau Traudel kann das bestätigen: „Ich als Ur-Grünstadter Mädchen habe da vieles wiedererkannt.“ Und auch die ältesten Exponate sind auf Begeisterung gestoßen. „Das ist alles sehr schön ausgestellt“, sagte der Grünstadter Heinz Wolfgang Krapf, der explizit auch die Arbeit lobte, die der Verein in die Ausstellung gesteckt hat.
Den Eichs selbst hat es ebenfalls gefallen. „Es ist so schön, dass wir uns das Hobby teilen können“, sagt Richarda Eich über das gemeinsame Interesse für lokale Geschichte mit ihrem Mann Volker. Die Gruppe sei sehr interessiert gewesen, da mache es umso mehr Spaß. Das Lob für die Ausstellung wollen sie an den Vorsitzenden Joachim Specht weitergeben, der viel Arbeit investiert habe.
Öffnungszeiten
Das Museum ist jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.