Kolumne „Leininger Nachlese“ Als Aushilfe in Grünstadt: Was ein Redakteur aus der RHEINPFALZ-Zentrale erlebt

Ist für vier Wochen in der Grünstadter Lokalredaktion, weil dort Lücken im Dienstplan gestopft werden müssen: Christoph Hämmelma
Ist für vier Wochen in der Grünstadter Lokalredaktion, weil dort Lücken im Dienstplan gestopft werden müssen: Christoph Hämmelmann

Manchmal muss man sich damit abfinden, dass man von Aushilfen beliefert wird – zum Beispiel, wenn man diese Wochenend-Kolumne liest. Denn ihr Autor ist eigentlich Redakteur im Pfalz-Ressort der Ludwigshafener RHEINPFALZ-Zentrale. Doch nun hat mich die Chefredaktion für vier Wochen nach Grünstadt geschickt, weil hier gerade Lücken im Dienstplan gestopft werden müssen. Womit mir einen Monat lang der, nun ja, allenfalls herbe Reiz der Chemiemetropole erspart bleibt.

Glockenspiel statt Schreierei

Das bedeutet zum Beispiel: Statt aufheulender Motoren, wummernder Bässe und gelegentlicher Schreiereien auf der Straße höre ich am Schreibtisch vor allem, wie das Glockenspiel der Martinskirche „Großer Gott wir loben dich“ erschallen lässt. Aber auch inhaltlich sieht meine Arbeit jetzt anders aus als sonst. Wenn ich am vergangenen Dienstag auf meinem normalen Posten in Ludwigshafen gewesen wäre, dann hätte ich mich wohl um einen Islamisten aus Römerberg (Rhein-Pfalz-Kreis) gekümmert.

Denn diesen Mann ließ der Generalbundesanwalt an jenem Tag als mutmaßliches Mitglied der Terrorbande IS festnehmen. Und Extremismus gehört zu den Themen, mit denen ich mich in der Pfalzredaktion vor allem beschäftige. Weshalb ich über diesen Verdächtigen 2015 schon einmal groß berichtet hatte: weil er nach mehrjähriger Haft wegen Verstrickungen in islamistischen Terrorismus nun in die Pfalz zurückgekehrt war – und den Sicherheitsbehörden schwante, dass er weiterhin gefährlich sein dürfte.

Alte Texte heraussuchen

Als Grünstadt-Aushilfe allerdings durfte ich mich am Dienstag damit begnügen, für die Kollegen in Ludwigshafen meine alten Texte herauszusuchen. Und unterdessen, zum Beispiel, eine Meldung der Stadtverwaltung zum Insektenhotelbau-Bürgerworkshop bearbeiten. Mit den Sicherheitsbehörden hatte ich dann aber doch noch zu tun. Genauer: mit der Grünstadter Polizeiinspektion. Denn im Leiningerland hatte es binnen kurzer Zeit gleich zweimal ordentlich gekracht: in Ebertsheim und in Mertesheim.

Vor allem dieser zweite Unfall hatte Folgen auch für Unbeteiligte, denn seinetwegen war die Eistalstraße stundenlang gesperrt. Wie folgenschwer so eine Blockade wirklich ist, kann ein Aushilfs-Redakteur auf Anhieb mangels Ortskenntnis aber nur schwer einschätzen. Weshalb ich mehrfach mit der Polizei telefonierte. Allerdings hatte ich dort einen Beamten an der Strippe, der schließlich erkennen ließ: Er kann da auch nur bedingt weiterhelfen. Denn er gehört nicht zur Stammbesatzung der Inspektion.

Ohne grobe Schnitzer

Anders gesagt: Da ist die Aushilfe von der Aushilfe beliefert worden. Ohne allzu grobe Schnitzer scheinen wir die Unfallmeldungen dann trotzdem hinbekommen zu haben: Empörte Leserzuschriften mit der Frage, ob da der Praktikant am Werk war, sind bislang jedenfalls ausgeblieben. Aber ich habe ja noch drei Wochen vor mir ...

Bietet ungewohnten Wohlklang für jemanden, der sonst in Ludwigshafen arbeitet: die Kirche St. Martin mit ihrem Glockenspiel.
Bietet ungewohnten Wohlklang für jemanden, der sonst in Ludwigshafen arbeitet: die Kirche St. Martin mit ihrem Glockenspiel.
x