Grünstadt Zentimeternah an Bildern aus dem Mittelalter

Die drei Siegerinnen bei der diesjährigen Praktikums-Präsentation am Leininger-Gymnasium in Grünstadt, von links: Annika Sommer,
Die drei Siegerinnen bei der diesjährigen Praktikums-Präsentation am Leininger-Gymnasium in Grünstadt, von links: Annika Sommer, Nadja Demmler und Susann Birkenhagen.

Sie waren bei Architekten, in Kitas und Seniorenheimen, in einem Vermessungsbüro in Neustadt, bei Südzucker in Neuoffstein, im Westpfalzklinikum Kaiserslautern: 106 Jugendliche aus der zwölften Jahrgangsstufe des Leininger-Gymnasiums (LG) in Grünstadt haben im Januar ein 14-tägiges Betriebspraktikum absolviert. Am Mittwoch haben sie ihre Erfahrungen und Eindrücke an Stellwänden und auf Tischen in der Aula präsentiert. 33 Arbeiten wurden prämiert.

Die Verleihung der Preise, vom Gutschein für den Abiball bis zu 75 Euro in bar, ist immer ein kleines Fest – nun bereits zum 21. Mal. „Als Friedel Sauer die Praktika im Schuljahr 1996/97 bei uns einführte, waren wir eines der ersten Gymnasien in der Pfalz“, erinnerte die Koordinatorin Schule – Wirtschaft, Heike Näser, an die schon beachtliche Tradition am LG, die sie seit längerem mit Hilfe eines kleinen Teams fortführt. Da das Mainzer Bildungsministerium das Hineinschnuppern in Firmen und Institutionen in weiterführenden Schulen inzwischen zur Pflicht gemacht habe, werde es zunehmend schwieriger, die Jugendlichen unterzubringen. „Bis kurz vor Weihnachten haben wir gerungen, bis alle einen Platz hatten“, erzählte die Studiendirektorin. Ein Mädchen traf es ganz hart: Ihr wurde drei Tage vor Praktikumsbeginn wegen Krankheit im Unternehmen eine Absage erteilt. „Aber auch mit solchen Situationen muss man umgehen lernen“, so Näser. Einblicke in unterschiedliche Berufe gewannen die Zwölftklässler in der ganzen Bundesrepublik, ein Mädchen zog es nach Italien, einen Mitschüler nach Österreich. Nach Ende des Praktikums liege das Befinden irgendwo zwischen Euphorie und Desillusionierung, sagte der Erste Stellvertreter Felix Gruber. „Aber eines ist allen gemein: Sie werden diese 14 Tage ein Leben lang in Erinnerung behalten.“ Nicht vergessen werden die Oberstufenschüler wohl auch die wochenlangen Anstrengungen, die nötig waren, um ansprechende und informative Präsentationen anzufertigen. Tipps dazu hatte vorab Kunstlehrer Christoph Anschütz gegeben. Die Ergebnisse sind von 34 schulischen und externen Juroren bewertet worden. Mit 220 die höchste Punktzahl erreichte Annika Sommer, die in der Integrativen Kindertagesstätte des Pfalzinstitutes für Hören und Kommunikation in Frankenthal gearbeitet hat. Darüber informierte die 17-Jährige auf einem Plakat mit einem sorgfältig angefertigten bunten Haus mit aufklappbaren Türen, wovor sie kleine Basteleien und Flyer gelegt hat. Den Praktikumsplatz habe sie sich ausgesucht, weil ihre Eltern hörgeschädigt seien, ihr Vater in dem Institut tätig sei und sie beruflich auch in diese Richtung gehen wolle. „Ich habe viel gelernt, zum Beispiel das Abc auf Gebärdensprache, aber unter anderem auch, wie gut ich es habe“, so die Grünstadterin. Der zweite Platz ging nach Bockenheim an Susann Birkenhagen. Da ihr ein Studium in Agrarwissenschaften, Geografie oder Geologie mit Betriebswirtschaftslehre vorschwebt, ging sie ans Institut für Agrarökologie und Biodiversität in Neustadt. „Das hat mit gut gefallen. Die Leute dort waren sehr hilfsbereit und ich habe mich schnell eingearbeitet“, erzählte die Gymnasiastin. Sie habe eigene Versuchsreihen machen dürfen, etwa zur Ermittlung des Brennwertes von Biogasen. Auf den Praktikumsplatz wurde die 17-Jährige durch Freunde aufmerksam. Nadja Demmler (19) dagegen hat mehr als zehn Bewerbungen schreiben müssen, bis sie in dem Frankfurter Restaurierungsatelier Manteuffel unterkam. Was sie dort erlebte, „hat meine Erwartungen übertroffen“, bilanzierte die Grünstadterin, die Kunst als Leistungsfach belegt hat. Sie habe sehr viel selbst machen dürfen, vom Leinwand spannen über Bindemittel herstellen bis zur Instandsetzung eines Gemäldes. Besonders faszinierend sei gewesen, „dass ich zentimeternah an Bildern aus dem Mittelalter dran war“. Sehr beeindruckt war Gruber auch von der zehntbesten Präsentation, die mit 198 Punkten noch das Attribut „ausgezeichnet“ erhalten hat. In Tarnfarben-Wolken hat die Altleiningerin Annelie Elisa Sonneck, die Medizin studieren möchte, über den Sanitätsdienst bei der Bundeswehr in Zweibrücken berichtet. „Noch nie ist ein Praktikum beim Bund so positiv und kreativ dargestellt worden“, meinte der Erste Stellvertreter. Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld (CDU) betonte, dass die Praktika für Schüler und Betriebe gleichermaßen ein Gewinn seien. Hilfreich fürs spätere Berufsleben sei es, dass am LG auch auf das gute Präsentieren viel Wert gelegt wird.

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