Grünstadt Wutausbruch zum Saisonfinale

Jeder, der über einen frei zugänglichen Internetanschluss verfügt, weiß um die korrumpierende Kraft all der Bits und Bytes. Einmal den Browser geöffnet, um die korrekte Schreibweise von „dähmlich“ nachzuschlagen und schon schaut man die nächsten vier Stunden Videos von Hans-Christian Strache im Unterhemd. Kolumnisten trifft dieses Phänomen besonders hart. Nur ein paar Klicks an der falschen Stelle können einem in Windeseile die gute Laune verderben. Die Folge: Statt eines fröhlichen Artikels über das Bundesliga-Finale bekommen die eigenen Leser einen textgewordenen Wutanfall vorgesetzt. Anlass: ein Wald- und Wiesenblättchen aus der Kategorie „Lifestyle-Magazin“. Informiert man sich im Internet etwas ausführlicher über das Thema „Spielerfrau“, landet man über kurz oder lang bei einem Artikel einer international erscheinenden Frauenzeitschrift. Dem kosmopolitischen Qualitätsheftchen gelingt dabei mit dem Artikel „So angelst du dir einen Fußballprofi“ der bemerkenswerte Geniestreich, mit knapp 3000 Zeichen die gesamte weibliche Emanzipationsbewegung der letzten 50 Jahre in die Tonne zu treten. Hier bekommt die heiratswillige Spielerbraut Ratschläge für den weiteren Lebensweg als wandelnder Gehirntod. So sei es etwa nicht sonderlich vorteilhaft, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen und bei dem ersten Date mit dem Rasenkicker „über teure Autos und kostspielige Wünsche“ zu reden. Sonst käme womöglich noch jemand auf den Gedanken, dass man in erster Linie an teuren Autos interessiert sei. Ja, wer sich gefahrlos auf dem Cathy-Hummels-Gedächtnisterrain bewegen möchte, muss auf der Hut sein. Doch jetzt bloß nicht zu viel Denkmasse in Wallung bringen! Schließlich erfahren wir von dem Spaßmagazin, dass es „echt peinlich“ sei, den WM-Kader von 1974 auflisten oder jeden Tabellenplatz der 3. Liga aufsagen zu können – Männer würden sich schließlich freuen, wenn sie Frauen etwas erklären könnten. Klingt alles nach 60er-Jahre-Frauenbild? Aber nicht doch! Die (hoffentlich stark alkoholisierte) Redaktion belehrt uns eines Besseren – und zeigt mit dem Hinweis, dass Frauchen zuhause gefälligst den Herd hüten möge, während ihr Göttergatte gerade durch den internationalen Fußball jettet, ein Rollenverständnis, das mindestens in den 1950er Jahren beheimatet ist. Das alles sorgt beim Lesen nicht nur für reichlich Gehirnschmerzen, es beschämt einen auch als Mann. Haben wir tatsächlich auch nur annähernd den Eindruck erweckt, an solch einem Frauenbild interessiert zu sein? Falls dem so sein möge, lasst euch sagen, liebe Frauen: Es gibt kaum etwas Attraktiveres, als diesen Artikel dahinzuwerfen, wo er hingehört – auf den Müllhaufen der Fußballgeschichte! Außer natürlich, den WM-Kader von 1974 minutiös auflisten zu können. Und wer dann noch den aktuellen Tabellenstand in der 3. Liga kennt – dem ist der Heiratsantrag gewiss! PS: Bayern schon wieder Meister, Hamburg schafft Klassenerhalt, Ribery fliegt erneut nicht vom Platz (hätte es aber verdient)

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