Grünstadt Wenn die Emotionen im Netz hochkochen

Mit dem Ziel, Jugendspieler zu gewinnen, hat der SV Obersülzen auf der vereinseigenen Facebook-Seite einen Beitrag geteilt. Um das Vorhaben erfolgreich zu gestalten, wurden dabei die Stärken des Vereins betont. Zwischen den Zeilen konnte man aber auch Vorwürfe gegen andere Vereine herauslesen. „Wir sind zwar nicht in der Lage, umsonst Trainingsanzüge oder freien Eintritt in den Europark anzubieten, wir versuchen euch auch nicht abzuwerben mit dem Versprechen, in der ersten von drei Jugendmannschaften zu spielen“, schreibt der Verein. Dem TuS Sausenheim ging der Facebook-Beitrag derart gegen den Strich, dass er sich zu einer Stellungnahme veranlasst fühlte. Dabei wehrte sich Sausenheim vehement gegen die vom SVO erhobenen Vorwürfe. Das wiederum war für Marco Schäfer, Jugendfußballleiter beim SVO, unverständlich. „Wir haben Sausenheim in keinem Wort erwähnt, das war in keinster Weise auf den TuS bezogen.“ Vielmehr seien es allgemeine Aussagen über Mannschaften in der Region gewesen, die das so handhaben. Ohnehin hatte der Facebook-Beitrag nur einen Zweck, wie Schäfer betont: „Wir wollten einfach sagen, kommt zu uns. Wir können zwar keine Trainingsanzüge versprechen, haben aber andere Trümpfe in der Hand.“ Dass seien ein familiäres Umfeld, ein eigenes Gelände, eine Vereinsgaststätte, gute Trainer und bald ein neuer Kunstrasenplatz. „Der gehört dann zu den modernsten in Europa und ist gelenkschonend“, sagt Schäfer. Antwort dauert nicht lange Dennoch hat sich der TuS Sausenheim angegriffen gefühlt – und reagiert. „Wir sind die einzige Mannschaft, die in den Jugenden mehrere Teams stellt, deshalb konnten nur wir gemeint sein“, sagt Pierre Martin, Jugendleiter der TuS Sausenheim, und ergänzt: „Wir wollten das so nicht stehen lassen, weil die Vorwürfe nicht stimmen.“ Mit Blick auf die Anzahl der Teams will Schäfer einen Beweis sehen, dass nicht der TuS gemeint ist. „Wir wissen ja, dass sie keine drei Teams haben.“ In der Stellungnahme geht Sausenheim auf die erhobenen Vorwürfe ein. Zur Aussage, dass Spieler mit kostenlosen Trainingsanzügen gelockt werden, heißt es: „Dies ist nicht passiert.“ Für mehr Verärgerung sorgte aber, dass Kinder mit dem Versprechen, in der ersten Mannschaft zu spielen, geködert werden. „Wir sind in der glücklichen Lage, in E-, D-, C- und B-Jugend zwei Mannschaften stellen zu können. (Das sehen wir nicht) als minderwertig an, sondern als leistunsgerechtes Fördern“, bezieht der TuS Stellung, der nach eigenen Angaben derzeit rund 210 Jugendspieler hat und in der kommenden Saison 13 Teams meldet. Der SVO hat im Vergleich dazu 63 Jugendspieler. Zu guter Letzt wäre da noch die Kritik, Spieler mit einer kostenfreien Fahrt in den Europapark zu locken. „Richtig ist, dass wir aktuell Kindern, die nächste Saison bei uns spielen wollen, angeboten haben, nach Rust mitzufahren. (...) Wir halten es für sinnvoll (...), dass die neuen Kinder (...) bereits ihre neuen Mitspieler kennenlernen“, schreibt Sausenheim dazu. Vorwürfe auch gegen den SVO Der TuS erhebt in seiner Stellungnahme ebenfalls Vorwürfe gegenüber dem SVO. „Richtig ist, dass sich viele Kinder aufgrund des fehlenden (...) Angebots in D-, C- und B-Jugend beim SVO damit beschäftigen, zu uns zu wechseln, und wir diese natürlich auch gerne aufnehmen (...). Dies wurde übrigens mit der Drohung, die Kinder zu sperren, (...) gewürdigt.“ Das weist Schäfer vehement zurück. „Wir sperren die Kinder natürlich nicht, das geht gar nicht, weil es Wechselfenster gibt. Was wir aber machen, ist, dass wir keine Zustimmung zum Wechsel geben.“ Das sei während der Wechselfrist aber belanglos. „Wir wollen damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass wir die Spieler gerne behalten würden.“ Missverständnis wegen Whatsapp Dass der Streit überhaupt so hochkochen konnte, hat eine Vorgeschichte. Denn die beiden Vereine standen in Gesprächen für eine Spielgemeinschaft in der Jugend. „Wir haben mit Grünstadt, Kirchheim-Großkarlbach und eben Sausenheim gesprochen“, berichtet Schäfer. Dann habe man lange nichts mehr von der TuS gehört. „Als ich nachgefragt habe, gab es eine Absage.“ Das lange Funkstille herrschte, hatte aber einen ganz banalen Grund, wie Martin berichtet: „Ich war in China, und dort gibt es keinen Zugriff auf Whatsapp. Ich konnte also einfach nicht antworten.“ Er verstehe aber natürlich, dass das für Verärgerung sorgen könne. „Das weiß das Gegenüber ja nicht.“ Ausschlaggebend für die Absage sei gewesen, dass die Jugendteams des TuS derzeit doppelt besetzt seien. „Wir haben es für sinnvoller erachtet, dass Obersülzen einen Partner sucht, der mehr Bedarf hat. Das war keine Entscheidung gegen den SVO“, betont Martin. Schäfer ist diesbezüglich auch nicht nachtragend. „Pierre Martin hat uns Glück gewünscht für die Suche und wir haben dann sogar einen gemeinsamen Jugendspieltag vereinbart.“ Ob es nun zu einer Spielgemeinschaft komme, sei noch unklar. „Es laufen Gespräche mit Grünstadt. Mal sehen, ob es was wird“, berichtet Schäfer. Ein Treffen fand gestern Abend statt. Der Frieden ist zurück Mittlerweile sind die Online-Beiträge wieder gelöscht, und auch sonst ist wieder Frieden eingekehrt. „Wir haben telefoniert und sind auf den Konsens gekommen, dass wir uns nicht mehr über soziale Medien attackieren“, schildert Martin. Ohnehin hätten beide Vereine generell ein gutes Verhältnis. Das bestätigt auch Schäfer mit Blick auf das letzte Saisonspiel der A-Jugend gegen Sausenheim. „Die Sausenheimer haben noch bis zwei Uhr mit uns Party gemacht“, blickt Schäfer zurück. „Wir sind im Moment einfach etwas mehr gesegnet mit Jugendspielern, da kommen dann schon mal die Emotionen hoch“, beschwichtigt Martin die Situation, der auch Fehler auf beiden Seiten sieht. „Der SVO hätte solche Anspielungen lassen können, und wir hätten nicht so antworten müssen.“ Nun sind sich alle einig: Ein persönliches Gespräch wäre besser gewesen. Und das wollen sie in Zukunft so handhaben. „Denn soziale Medien sind der falsche Weg“, betont Martin. Schäfer bringt es auf den Punkt: „Wir konzentrieren uns wieder aufs Fußballspielen.“

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