Grünstadt Virtuos, kraftvoll, stark

Pedalsolo: In Bachs Präludium in G-Dur gibt es eine wuchtig donnernde Passage, die nur mit den Füßen auszuführen ist. Den Blick
Pedalsolo: In Bachs Präludium in G-Dur gibt es eine wuchtig donnernde Passage, die nur mit den Füßen auszuführen ist. Den Blick fest aufs Notenblatt gerichtet, spielt Christian Brembeck sie hier mit Klarheit und Präzision.

Eisenbergs Sandtner-Orgel gibt es nun zum Nachhausetragen: Christian Brembeck hat eine CD mit Musik veröffentlicht, die er auf dem vorzüglichen Instrument in der katholischen Matthäuskirche eingespielt hat. Ebenda hat er sie am Samstagabend auch in einem Konzert vorgestellt. Gut 60 Orgelfreunde waren gekommen. Brembeck spielte fulminant und kraftvoll. Allerdings gefielen nicht alle Teile des recht bunt zusammengestellten Programms, das die Vielseitigkeit des 1990 gebauten Instruments aufzeigen sollte.

Ganz günstig waren die Konzertvoraussetzungen nicht: Hitze und zuletzt der Wetterwechsel hatten dem Instrument so zugesetzt, dass noch unmittelbar bis zum Konzertbeginn ein Spezialist stimmte, reparierte und prüfte, so dass auf der Empore eine gewisse Hektik herrschte. Nach der Begrüßung durch den örtlichen Organisten Stefan Antweiler und ganz knappen Bemerkungen des Organisten zu den Werken des Programms – kann es eigentlich kein Konzert ohne Gerede mehr geben? – stieg Christian Brembeck energisch ins Programm ein. Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge in G-Dur BWV 550 sind ein Frühwerk, noch ganz im Banne Dietrich Buxtehudes. Klar und leuchtend brachte Brembeck das Präludium, virtuos und exakt das mächtige Pedalsolo. Die Fuge nahm er sehr schön federnd, prägnant artikuliert, in prachtvollem Zungenregister-Sound, virtuos und ebenmäßig. Das war Orgelspiel auf hohem Niveau, beeindruckend, aber auch etwas atemlos. Das rasche Tempo machte das Zuhören anstrengend, die Gesamtwirkung war etwas zu scharf, und nicht zum einzigen Mal an diesem Abend wirkte die Orgel einfach zu laut. Es folgte, ebenfalls von Bach, die Choralbearbeitung „Liebster Jesu, wir sind hier“ BWV 731, klanglich erlesen registriert, mit Überlegenheit vorgetragen, aber ebenfalls recht stark im Klang. Es hätte der Musik gewiss keinen Schaden getan, wenn Brembeck sie hätte etwas gemächlicher, etwas milder ausschwingen lassen. Es folgte Französisches: ein barockes Offertorium, kurioserweise mit Jagdmusik im Mittelteil, von Nicolas Lebègue (1631-1702) und Trois Pièces op. 29 von Gabriel Pierné (1863-1937). Hier gab es einerseits immer wieder raffinierte, farbenreiche Klanginszenierungen von hohem Reiz, andererseits wurde das geschlossene, orchestrale Klangideal dieser Musik nicht erreicht. Brembeck kam es mehr darauf an, Konturen zu zeigen als durch gebundenes Spiel die Einzelklänge zu verschmelzen. Hübsch war die Begegnung mit einem schwungvollen Lied „more palatino“, also auf „pfälzische Art“, das sich bei dem frühbarocken Amsterdamer Organisten Jan Pieterszon Sweelinck (1562-1621) als Variationssatz findet, munter mit Zungenstimmen vorgestellt, von Flötenregistern variiert, mit aller Geläufigkeit und allem Raffinement, das solcher Musik zum Erfolg verhilft, vorgetragen. Ungemein beeindruckend und nachdrücklich spielt Christian Brembeck nun Wolfgang Amadeus Mozarts Fantasie f-Moll aus der letzten Lebenszeit des Komponisten, geschaffen als Trauermusik für einen Musikautomaten. Jeder Moment ist interessant, die toccatenhaften einleitenden Akkordsäulen, die er ganz ungewöhnlich phrasiert, die in starke, gravitätische Farben getauchte erste Fuge, das Adagio, das man durchaus hätte filigraner machen können, das aber gleichwohl exakt und plausibel phrasiert wurde. Auch die zweite Fuge stellt Brembeck ganz großartig plastisch dar, monumental und transparent zugleich, bei wuchtigem, satten Orgelklang. Freude machten auch die Choralvariationen über „Herr Jesus hat ein Gärtchen“ von Flor Peeters (1903-1986) und ein schönes Stück des Eisenberger Organisten Stefan Antweiler, den das Glockengeläut von St. Matthäus zu einem sehr hübschen, französisch inspirierten Tongemälde „Carillon St. Matthäus“ angeregt hat. Ungemein beeindruckend durch seinen langen, spannungsvollen Atem, den plastisch-lebhaften Vortrag und die immer wieder neue Schönheiten bringende Klangregie gelang Christian Brembeck das Orgelkonzert op.34 über die Weise „Es sungen drei Engel“ von Hans-Friedrich Micheelsen aus dem Jahr 1943. Hier waren Werk, Instrument und Interpret eine herrliche Einheit. Das Publikum wusste dies mit langem und anhaltendem Applaus zu honorieren, in den hinein die Zugabe tönte: eine Improvisation über den Choral „Straf mich nicht mit Deinem Zorn“, in der Brembeck alle Register zog und vor allem im zweiten Teil auch nicht vor recht plakativ-bizarren Effekten zurückschreckte.

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