Grünstadt „Talent alleine reicht nicht“

Für den TSV Grünstadt gab es in dieser Saison bisher nichts zu holen: Fatih Karaca (r.) im Zweikampf mit Stefanos Stergiou (SG L
Für den TSV Grünstadt gab es in dieser Saison bisher nichts zu holen: Fatih Karaca (r.) im Zweikampf mit Stefanos Stergiou (SG Leiningerland).

«Grünstadt.» Der TSV Grünstadt blickt auf eine 30-jährige Geschichte zurück. Doch die sportliche Gegenwart des etwa 160 Mitglieder zählenden Vereins stimmt nicht unbedingt zuversichtlich. Die Herrenmannschaft belegt in der Fußball-B-Klasse nach 14 Spielen und mit nur vier Punkten den letzten Platz – Trainer Ali Tandogan ist kürzlich zurückgetreten. Über die Gründe und wie es mit ihm und der Mannschaft weitergeht, hat Ismail Kul mit ihm gesprochen.

Herr Tandogan, Sie haben vergangene Woche als Trainer beim TSV Grünstadt aufgehört. Warum?

Ich bin jetzt als Trainer zur A-Jugend des Vereins gewechselt. Die Einstellung der meisten Spieler im Kader der Ersten Mannschaft hat mir nicht gefallen. Inwiefern? Es gab keine Disziplin, keine Beständigkeit. Zum Training kamen die meisten nicht, es waren immer nur die gleichen drei oder vier Spieler da. Ich arbeite bis 18 Uhr in Mutterstadt. Ohne etwas zu essen fahre ich sofort zum Training. Aber wenn die Einstellung so ist, dann muss ich mir den Stress nicht antun. Außerdem wollte ich mehr Zeit für meine Familie haben. Bei der A-Jugend ist es anders? Ja. Da haben wir drei Mal in der Woche Training und es kommen immer 13 bis 14 Spieler. Wie geht es mit dem TSV Grünstadt weiter? Das weiß ich nicht. Ob sie schon einen neuen Trainer gefunden haben oder noch finden werden, kann ich nicht sagen. Die Mannschaft steht in der Tabelle ziemlich abgeschlagen da ... Das ist auch kein Wunder. Die Mannschaft befindet sich im Auflösungsprozess. Die Spieler verlassen die Mannschaft, gehen zu anderen Teams. Ich gehe davon aus, dass sie absteigen werden. An manchen Spieltagen hatten wir Probleme, eine Mannschaft zusammenzubekommen und genügend Akteure auf den Platz zu schicken. Woher kommt dieser Verfall der Mannschaft? Auch manche der anderen türkischen Sportvereine haben mit Schwierigkeiten zu kämpfen ... Das hängt auch mit den Sponsoren zusammen. Die fehlende Beständigkeit ist das Problem. Auf einmal ist man damit konfrontiert, dass sie ihre Unterstützung zurückziehen. Mit Geld in der Kasse geht manches leichter. Wie war das bei Ihnen? Ich habe in meiner Zeit als Trainer seit 2013 keinen Cent vom Verein erhalten. Ich habe das Ganze als Hobby gemacht. Geld ist also ein großes Problem ... Ja, und wie gesagt, bei so manchen Spielern vermisse ich Motivation und Disziplin. Talent ist da. Aber Talent alleine reicht nicht. Deshalb haben wir auch wenige Spieler, die in deutschen Vereinen erfolgreich sind. Sie sehen also Probleme sowohl bei den Spielern, als auch bei den Sponsoren, warum es in türkischen Fußballvereinen nicht so rund läuft? Hier muss man auch die Vereinsverantwortlichen erwähnen. Die machen ihre Sache auch halbherzig. Ich sehe keine großen Bemühungen, sich stark zu engagieren und so vielleicht neue Mitglieder zu gewinnen. Mal eine generelle Frage. Manche sehen rein ethnische Vereine kritisch. Tragen diese Vereine zur Integration oder im Gegenteil zur Abschottung bei? Ich kann diese Frage nicht ganz nachvollziehen. In unserer Mannschaft haben wir auch Albaner oder Polen. Gut, Deutsche haben wir derzeit nicht. Aber unsere Tür ist ja niemandem verschlossen. Als wir noch in Worms gewohnt haben, habe ich jahrelang in deutschen Vereinen gespielt. Es gab keine Probleme. Übrigens, in unserer A-Jugend spielen auch deutsche Jungs mit. Kommen wir mal zu Ihnen. Wie sind sie eigentlich zum Fußball gekommen? Bei unserer Familie spielt der Fußball eine große Rolle. Schon mein Vater hat hier in Deutschland Fußball gespielt. Er stand sogar, wie er mir erzählte, kurz vor einem Vertragsabschluss beim FSV Mainz 05. Mein Opa, der sozusagen als erste Generation nach Deutschland gekommen ist, hielt von einer Fußball-Karriere allerdings nicht viel und hat das verhindert. Aber das hat uns nicht davon abgehalten, Fußball zu spielen. Auch ich habe Fußball gespielt. Meine Zwillinge spielen jetzt auch in der A-Jugend unseres Vereins. Mein Onkel beispielsweise ist im türkischen Fußball-Verband in der Nachwuchsarbeit engagiert. Dann haben Sie ja gute Verbindungen nach ganz oben? Ich möchte unsere Zwillinge im Sommer dort vorstellen. Mal sehen, vielleicht ergibt sich ja was.

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