Grünstadt Sorgsam wird an den Details gefeilt

Kantorin Katja Gericke-Wohnsiedler übt mit ihren Sängern bereits seit Mai.
Kantorin Katja Gericke-Wohnsiedler übt mit ihren Sängern bereits seit Mai.

Selbst hier im Probensaal, wo der Farbenglanz der Instrumente noch fehlt und die linke Hand der Kantorin auf dem Flügel allenfalls mal ein Orchesterzwischenspiel andeutet, ist schnell klar: Franz Schuberts sechste Messe in Es-Dur ist eine ganz wundervolle Musik. Die Grünstadter Kantorei wird sie am kommenden Sonntagnachmittag in der Martinskirche singen. In der Alten Lateinschule wurde fleißig geprobt.

Dran ist gerade der dritte Satz der Messe, das Credo in lateinischer Sprache. Die Kantorei singt Absatz für Absatz ohne Begleitung, Katja Gericke-Wohnsiedler, die Bezirkskantorin und Kirchenmusikdirektorin, hat nur noch kleinere Anmerkungen. Längst sitzt der Notentext – man übt immerhin seit Mai. Was jetzt noch zu tun ist, sind Gestaltungsdetails, die Atempausen, Lautstärke, Artikulation betreffen. Manchmal reklamiert auch ein Sänger Klärungsbedarf: „Hier klappert irgendwas!“ Die Kantorin lässt die Stelle, das „Crucifixus“, rhythmisch sprechen, und schon ist klar und präzise geworden, was vorher noch etwas ungefähr klang. Manchmal zeigen sich auch leise Unsauberkeiten in der Intonation. Katja Gericke-Wohnsiedler geht darauf nicht ein: Das wird sich automatisch geben, wenn die Instrumente des Kantatenorchesters Grünstadt den harmonischen Rahmen abstecken. „Es ist ein fantastisches Stück“, sagt Gericke-Wohnsiedler über die Messe No. 6 in Es-Dur. Franz Schubert schrieb sie in seinem Todesjahr 1828. Sie birgt wunderschöne Melodien, vereinigt weit gespannten Atem mit persönlichem, gemütvollem Ausdruck und ist so, trotz großen Klangapparats, wesentlich frommer als viele andere, eher opernhafte Messevertonungen jener Jahre. Zweifellos sagt der todkranke Komponist hier sehr Persönliches. Schuberts Orchestermessen waren nicht mehr für adlige Auftraggeber, sondern für bürgerliche Kirchenchöre bestimmt. „Mir liegt die Musik von Schubert sehr am Herzen, und eine seiner beiden großen Messen war einfach dran“, sagt die Kantorin. „Es ist ziemlich das Gegenteil von dem, was wir als letztes großes Werk gesungen haben.“ Das war Händels Messias, barock-objektiv, hell-strahlend. Schuberts Messe dagegen ist subjektiv, ausdrucksvoll, klanglich eher von dunkler Wärme geprägt. „Anders als im Messias gibt es keine Koloraturen, die Musik ist nicht virtuos, auch nicht im Orchester, aber sehr kantabel“, sagt die Kantorin. Es gebe ein wunderbares Solisten-Terzett, bei ,Et incarnatus est’, ansonsten steht der Chor fast immer im Mittelpunkt. Er dialogisiere nicht mit den Solisten, sondern mit dem Orchester. „Die werfen einander die melodischen Bälle zu. Diese Messe ist gewissermaßen eine große Chor-Sinfonie; die längste Pause, die der Chor hat, ist gerade mal drei Seiten lang“, erläutert Gericke-Wohnsiedler. Da Schubert aber extreme Lagen und Lautstärken nicht braucht, sei es nicht sonderlich anstrengend, die Messe zu singen – mit Ausnahme allerdings der beiden großen Fugen. „Die sind wesentlich schwerer, laufen jetzt aber auch locker durch!“ Die fünf Gesangssolisten sind Sarah Funk (Sopran), Annette Wieland (Alt), Johannes Eidloth und Volker Gütermann (jeweils Tenor) und Christoph Müller (Bass). Dazu spielt das Kantatenorchester Grünstadt, das eigens zu diesem Zweck von Konzertmeisterin Anne Erdmann-Schiegnitz aus Albsheim zusammengestellt wurde – aus Profimusikern verschiedener Ensembles. Katja-Gericke-Wohnsiedler: „Das sind alles wirklich gute Musiker der Region.“ Nach der Pause, die sich die Sänger verdient haben, ist der zweite Messeteil dran, das Gloria, der Lobgesang „Ehre sei Gott in der Höhe“. Strahlend ist der Klang, die markante Rhythmik kommt perfekt. Es ist ein sauberer, sicherer Vortrag mit schönen Nuancen in der Lautstärkengestaltung. Die Kantorin lässt großteils durchsingen, unterbricht nur selten: „Muss hier wirklich geatmet werden, oder reicht die Luft weiter? Bitte überprüfen Sie das!“ An anderer Stelle soll der Lautstärkekontrast zwischen dem Fortissimo bei „Glorificamus te“ und dem Piano bei „Adoramus te“ stärker werden. Das „Gratias agimus“ gleich darauf ist indes wunderschön innig, hier gibt es nichts zu verbessern. Das „Domine Deus“ will Katja Gericke-Wohnsiedler nicht prägnant, sondern sanft, und die abschließende Fuge „Cum sancto spiritu“ singen die Männer noch mit einer gewissen Vorsicht, die sich aber gewiss legen wird, sobald das Orchester den Chor unterstützt. Fazit: Alles, was sich bei diesem Probenausschnitt wahrnehmen lässt, spricht dafür, dass das Konzert bestens gelingen wird. Zur Schubert-Messe gibt es ein Mozart-Konzert: Monika Höfling-Grote ist die Solistin im Konzert für Flöte und Orchester in G-Dur KV 313 von Wolfgang Amadé Mozart, einem recht frühen, strahlenden Werk aus dem Jahr 1778. KONZERT —Sonntag, 11. November, 17 Uhr, Martinskirche Grünstadt; – Karten gibt es im Vorverkauf bei Optik Neumann in Grünstadt.

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