Grünstadt Schrift der Schnelllebigkeit

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„Was ich mache, ist ein einziger Rechtschreibfehler“, sagt Angel Panevski über seine Kunst „ismus“. Der Mazedonier, der 1969 in die Bundesrepublik kam, widmet sich in seinen Werken der Schrift und ihrer Verwandlung im Zeitalter der WWW-Kommunikation. Vier Wochen lang zieren seine Bilder jetzt Wände des Roten Turms in Asselheim. Am Freitag war die Vernissage zu der 50. Ausstellung in dem historischen Bau, den Brit Hinz 1978 zu ihrem Atelier auserkoren hat.

Zu sehen sind rechteckige, oft quadratische Leinwände, meist gelb oder blau grundiert, mit Buchstaben-Symbole-Ziffern-Kombinationen. Sie sind schlicht, nach Ansicht der Laudatorin Elisabeth Klein, Linguistik-Doktorandin an der Uni Mannheim, „unaufdringlich“. Dem kann der Betrachter nicht zustimmen, denn sein Blick wird unwillkürlich von Panevskis Arbeiten angezogen und bleibt haften, bis die Lösung für das Dargestellte gefunden ist: beispielsweise „Vl“: faul, „M8“: Macht und „h@_“: Headline. Unter den Besuchern entwickelt sich schnell eine Art Dekodierungs-Wettbewerb. Manche Werktitel zitierten kanonisierte Kunstwerke, stellte Klein einen Zusammenhang zwischen „5e“ (Pfeife) und René Magrittes „La trahison des images“ her. Auf dem berühmten Gemälde von 1929 ist eine Tabakspfeife naturalistisch abgebildet, darunter aber steht: „Ceci n’est pas une pipe“ (Dies ist keine Pfeife). Auf die Idee, Schrift neu zu konstruieren, kam der in Mannheim lebende Künstler um die Jahrtausendwende, als er in Mexiko weilte und mit seinen Freunden daheim über SMS kommunizierte. Damals waren diese Short Messages noch auf 160 Zeichen begrenzt und so mussten Kurzworte erfunden werden, um längere Nachrichten zu versenden. Klein sprach von einer „Rebellion gegen Konventionen“ und „kreativem Umgang mit Schriftlichkeit, um sie der Schnelllebigkeit der Welt anzupassen“. Mit seinem „ismus“ ordne sich Panevski keinen „ismen“ unter. Die Werke passten weder in den Ex- noch in den Impressionismus, nicht in den Dadaismus oder den Kubismus, stellte die Laudatorin klar. Dabei bediene sich der Diplom-Grafik-Designer einer alten Technik, wie sie schon Leonardo da Vinci angewandt habe: Knochenleim als Grundierung, Zinnober, Bleiweiß, Champagner-Kreide und Öl auf Leinwand. Ein Bild brauche mitunter drei Monate bis zur Fertigstellung. „Zum Teil sind da 30 Schichten übereinander“, erläuterte Angel Panevski gegenüber der RHEINPFALZ. Die Interpretation seiner eigenwilligen, von Präzision geprägten Bilder überlasse er dem Betrachter, verwies er auf eine Arbeit aus 42 Quadraten, unter denen „Macht“, „Gier“ und „Ehre“ die thematische Klammer bilden. INFO Die Ausstellung im Roten Turm ist bis zum 8. November sonntags, 16 bis 20 Uhr, geöffnet oder nach telefonischer Vereinbarung, 0621/407133.

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