Grünstadt Ohne Vollmacht wird es im Notfall knifflig

Neuerdings als Ansprechpartner auch beispielsweise direkt in Wachenheim aktiv: Berater der Lebenshilfe Bad Dürkheim, Peter Schäd
Neuerdings als Ansprechpartner auch beispielsweise direkt in Wachenheim aktiv: Berater der Lebenshilfe Bad Dürkheim, Peter Schädler.

Im Notfall ist in der Regel die Familie füreinander da: Erwachsene Kinder sorgen sich um die Eltern und treffen in deren Namen Entscheidungen – und umgekehrt. „Ohne eine Vorsorgevollmacht geht da aber nichts“, klären die Betreuungsvereine im Kreis auf. Von der Aufenthaltsbestimmung bis zur Vermögensverwaltung oder am Krankenbett: Ohne Vollmacht stehen auch die Ehepartner ohne Handhabe da.

„Es gibt kein automatisches Vertretungsrecht unter Ehegatten.“ Das wissen die wenigsten, sagen Peter Schädler von der Lebenshilfe Bad Dürkheim sowie Nicole Gruber und Simone Schrock vom Betreuungsverein Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SKFM). „Zum Thema Betreuung gibt es reichlich Aufklärungsbedarf“, betont Schädler. Deshalb rühren die Vereine gemeinsam mit der Betreuungsbehörde im Kreis Bad Dürkheim die Werbetrommel für die Modelle der ehrenamtlichen Betreuung beziehungsweise der Einrichtung einer Vorsorgevollmacht. „Da sollte man frühzeitig dran denken.“ Allein rund 1,3 Millionen Deutsche konnten laut Bundesanzeiger im Jahr 2016 ihre persönlichen Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Erkrankung oder geistiger Behinderung nicht selbst regeln. In eine persönliche Notlage zu geraten, in der man keine Entscheidungen treffen kann, sei dabei keineswegs eine Frage des Alters. Auch junge Erwachsene und Menschen, die „mitten im Leben“ stehen, können beispielsweise durch einen Unfall in die Situation kommen, auf die Hilfe eines Betreuers angewiesen zu sein, verdeutlichen die Fachleute. Ein Bevollmächtigter dürfe im Notfall „den mutmaßlichen Willen“ des Betreuten äußern, falls keine Patientenverfügung vorliegt, so Schädler: Am Krankenbett darf er unter anderem Maßnahmen zur Untersuchung des Gesundheitszustandes zustimmen oder die Einwilligung zum Unterlassen oder Beenden lebensverlängernder Maßnahmen erteilen und die Krankenunterlagen einsehen. Im Akutfall würden zwar auch ohne Vollmacht alle nötigen Entscheidungen vom Arzt getroffen, kniffelig werde es aber, wenn sich die Situation stabilisiert habe. Unter dem Motto „Menschen betreuen Menschen“ stellen die Vereine die Arbeit von ehrenamtlichen Betreuern vor, die sich in der Familie oder dem Bekanntenkreis um die Belange des Alltags kümmern. Denn das Gros aller rechtlichen Betreuungen werde ehrenamtlich ausgeübt. Meist fänden Interessenten über das Thema Patientenverfügung nach einem Krankenhausaufenthalt in die Beratungsräume der Betreuungsvereine. „Alarmiert“ werden die Betreuer auch oftmals wegen zufälliger Beobachtungen: „Manchmal ist es einfach ein nicht geleerter Briefkasten, der der Nachbarin auffällt, so dass sie sich bei den Betreuungsvereinen meldet“, so Schrock. „Das Thema ist ganz schön komplex und die Entscheidung zur Vorsorgevollmacht von beiden Seiten ein längerer Prozess“, meint Schrock. Die Vollmachtgeber müssten zudem lernen, Verantwortung abzugeben und loszulassen, akzeptieren, dass ein anderer weitreichende Entscheidungen für einen trifft. Nicht zu vergessen, dass solche Vereinbarungen das Familiengefüge belasten könnten. Deshalb schlage sie immer einen runden Tisch vor, so Schrock. „Wenn der nicht zustande kommt, hat das Projekt wohl keine Zukunft.“ „Wir unterliegen auch der Schweigeplicht“, betont Nicole Gruber. Ist die Entscheidung für eine Vorsorgevollmacht gefallen, kann die Betreuungsbehörde des Kreises die Vollmacht beglaubigen. Nicht immer ist nur Hilfestellung bei den Formalitäten notwendig: Gerade bei den hauptberuflichen gesetzlichen Betreuern fallen profane Dinge wie das Entrümpeln einer Wohnung an, weil keine anderen Angehörigen da sind, so Schädler in seiner Rolle als gesetzlicher Betreuer. Die Berater in Sachen Betreuung sehen sich als Schnittstelle zwischen einzelnen Behörden. Und so gehöre zur Hilfestellung auch die Vermittlung von Kontakten zu anderen Stellen wie etwa dem Pflegestützpunkt, Notaren, der oder ambulanten Pflegediensten: „Wir wollen so Wege aufzeigen“, sagt Beraterin vom SKFM, Simone Schrock.

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