Grünstadt Nicht jeder Meister hat seine Traumfrau bekommen

Sehr gefühlvoll: Sopranistin Lena-Maria Kosack sang zur Begleitung von Stefan Merkelbach am Flügel in der Musikschule Leiningerl
Sehr gefühlvoll: Sopranistin Lena-Maria Kosack sang zur Begleitung von Stefan Merkelbach am Flügel in der Musikschule Leiningerland in Grünstadt.

Zu einem kurzweiligen Haut-nah-Konzert hatte die Musikschule Leiningerland am Samstagabend in den Raum 1 ihres Gebäudes in der Schlachthofstraße geladen. Unter dem Motto „Liebesfreud und Liebesleid“ präsentierten zwei Lehrkräfte romantische Lieder: Die Sopranistin Lena-Maria Kosack beeindruckte mit ihrer glasklaren Stimme und Stefan Merkelbach mit ausgezeichnetem Spiel auf dem Flügel.

Mit rund 30 Zuschauern, darunter auch etliche junge Leute, ist der Saal gut gefüllt. Andächtig lauschen sie dem zu Herzen gehenden Gesang der 25-Jährigen, die seit Januar an der Schule unterrichtet, auch in Rock und Pop. Doch wirklich zuhause fühlt sich die gebürtige Kirchheimbolandenerin, die Operngesang in Saarbrücken studiert hat und gegenwärtig ein Aufbaustudium für Alte Musik in Trossingen absolviert, in der Klassik. Sie interpretiert die Lieder großer Meister mit enormer Hingabe, scheint jeden Ton und jede Silbe der sehr deutlich wiedergegebenen Texte zu leben, bis ins Tiefste zu erspüren. „Guten Abend, mein Schatz, guten Abend, mein Kind! Ich komm` aus Lieb` zu dir. Ach, mach` mir auf die Tür, mach` mir auf die Tür!“ beginnt sie mit „Vergebliches Ständchen“ von Johannes Brahms (1833 bis 1897). Wie der Titel vermuten lässt, gibt es dabei kein glückliches Ende, so wie auch Brahms Liebe zur europaweit erfolgreichen Pianistin Clara Schumann nicht in einer dauerhaften trauten Zweisamkeit endete. „Er hat nie geheiratet“, berichtet Kosack, die auch das „Mädchenlied“ des Hamburgers singt. Robert Schumann (1810 bis 1856) hat sich die Ehe mit seiner Clara vor Gericht erstreiten müssen, wie Merkelbach erzählt. Der Vater seiner großen Liebe, Friedrich Wieck, war gegen eine Heirat und verbot den beiden jeglichen Kontakt. „Die Zeit der Trennung 1840 war allerdings ein Segen für das musikalische Schaffen des Komponisten“, sagt Merkelbach. In diesem Jahr seien 138 Lieder entstanden, ein Großteil seines Lebenswerks. Zur Hochzeit schenkte er Clara 26 davon. Drei Kompositionen werden bei dem kleinen Konzert im Musikschulsaal zum Besten gegeben. Von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791) zu hören ist „Der Zauberer“, bei dem es um die überwältigenden Gefühle des Verliebtseins geht, und „Un moto di gioia“, eine Ariette aus „Die Hochzeit des Figaro“. Auch das Salzburger Wunderkind sollte seine große Liebe nicht bekommen. Den Heiratsantrag, den er als 22-Jähriger mit pockenvernarbtem Gesicht der Sopranistin Aloisia Weber machte, wurde ausgeschlagen. Später zog Mozart mit ihrer Schwester Constanze vor den Traualtar, die ihn 51 Jahre überleben sollte. Noch jünger als Mozart ist Franz Schubert (1797 bis 1828) gestorben. Er litt unter anderem an Syphilis. Auch wenn ihm immer wieder Frauengeschichten zugeschrieben worden seien, etwa mit der Sopranistin Therese Grob und seiner Klavierschülerin Karoline Esterhazy, gebe es Hinweise darauf, dass Schubert homosexuell war, berichtet Merkelbach. So lebte er mit den Dichtern Franz Schober und Johann Mayrhofer jeweils längere Zeit zusammen. „Ich finde es bedenklich, dass diese sexuelle Neigung des Komponisten bis ins 21. Jahrhundert hinein nahezu totgeschwiegen wird“, so der Fachbereichsleiter Tasteninstrumente. Dann begleitet er Kosack zu vier Schubert-Liedern, die auf Texten von Goethe und Friedrich Rückert basieren. Darunter ist auch das „Lied der Mignon“, das die Gesangslehrerin im Sitzen vorträgt, wobei sie die innere Qual authentisch darstellt zu den Worten: „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide. Allein und abgetrennt von aller Freude, seh ich ans Firmament nach jener Seite.“ Dem schon mit 27 Jahren berühmten Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 bis 1847) soll die Ehe mit der Sopranistin Cécile Jeanrenaud nicht gut getan haben, wie Kosack erzählt. „Sie galt als schön, aber naiv und wenig intelligent. Mit ihr an seiner Seite ist aus dem weltgewandten Komponisten ein einfacher geworden.“ Nachdem sie äußerst gefühlvoll zwei Stücke von ihm gesungen hat, erklatscht sich das begeisterte Publikum noch zwei Zugaben. Außer der Wiederholung eines Schubert-Liedes wird „So stell ich mir die Liebe vor“ präsentiert, das Zarah Leander sang.

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