Grünstadt Neuleinigen: Kanadier interessieren sich für "Dakota"-Absturz

Momentan ganz groß in den kanadischen Schlagzeilen:
Momentan ganz groß in den kanadischen Schlagzeilen:

Heimatforscher Erik Wieman erreichen täglich E-Mails von Nachfahren der Opfer. Mittlerweile hat er Kontakt zu allen 23 betroffenen Familien.

«NEULEININGEN.»Zunächst war’s nur ein kanadischer Regionalsender, der helfen wollte, Nachfahren eines aus Montreal stammenden Soldaten zu finden, der mit 22 Kameraden im Jahr 1944 bei einem Flugzeug-Abschuss über Neuleiningen den Tod gefunden hatte. Inzwischen haben sich auch die nationalen Medien auf die Nachforschungen zum Absturz der alliierten Transportmaschine Dakota im Zweiten Weltkrieg gestürzt. „Ein Wahnsinn – das ist das größte Projekt in Bezug auf Nachfahren, das wir je hatten“, sagt Heimatforscher Erik Wieman aus Waldsee (Rhein-Pfalz-Kreis). Über Skype und Telefon hat er inzwischen unzählige Interviews für kanadische Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen gegeben. Mit ungeahnten Folgen: Wieman erreichen täglich E-Mails von und zu Nachfahren der Opfer: Inzwischen hat er Kontakt zu allen 23 betroffenen Familien – nach 74 Jahren sind sie über Kanada, Großbritannien, Australien und die USA verstreut. Wie berichtet, war am 24. September 1944 ein – wegen des Wetters vom Kurs abgekommenes – Transportflugzeug der Alliierten von einem deutschen Kampfflieger abgeschossen worden. Dabei starben zwei Briten, ein Australier und 20 Kanadier. Ein bereits in der Luft abgebrochener Flügel und die Maschine selbst waren an zwei verschiedenen Orten auf einem Acker beim Nackterhof aufgeschlagen. Das hat Wieman von der Interessengemeinschaft (IG) Heimatforschung nach der RHEINPFALZ-Berichterstattung aus den Aussagen von über 30 Zeitzeugen recherchieren können. Inzwischen habe die IG eine Nachforschungsgenehmigung beim Denkmalamt beantragt, so Wieman: „Auch der Grundstückseigentümer, übrigens auch ein interessierter Zeitzeuge, hat bereits seine Zustimmung erteilt, auf seinem Feld nach weiteren Überresten zu suchen.“ Damit soll begonnen werden, wenn der Acker abgeerntet ist. Nach dem derzeitigen Medien-Hype in Kanada unter dem Motto „German researcher seeks relatives of Canada-born soldiers killed in 1944-plane-crash“ (übersetzt: „Deutscher Forscher sucht Verwandte kanadischer Soldaten, die 1944 bei einem Flugzeugabsturz starben“) ist es vielleicht gar nicht undenkbar, dass dazu ein Kamerateam aus Übersee zum Nackterhof anreist. Was Wieman aber viel mehr berührt als das „riesengroße nationale Medieninteresse in Kanada“ sind die zu Herzen gehenden Dankesschreiben, die er täglich erhält. Nicht wenige Angehörige wussten bislang nur, dass ihr Bruder, Onkel oder Opa am 24. September 1944 in Deutschland abgestürzt und auf einem Soldaten-Friedhof bei Duisburg beigesetzt worden ist. Die Versuche, mehr zu erfahren, waren erfolglos. Grund: als Absturzort hatte das Militär fälschlicherweise „Neulingen“ genannt. Dass sich jetzt, nach fast 75 Jahren, in Deutschland jemand des Absturzes annimmt, in der RHEINPFALZ darüber berichtet wird und sie auf einmal viel mehr Einzelheiten erfahren, ist für viele ein völlig unerwartetes Geschenk des Himmels. In den sozialen Medien, wie Facebook, zieht die Suche nach Angehörigen weltweite Kreise. Ebenso der ins Englische übersetzte RHEINPFALZ-Artikel vom 4. Dezember, in dem Nachfahren erstmals seit 1994 Genaueres zum Abschuss erfahren. Etwa über das tragische Schicksal des Piloten Ralph Korer. Der 23-Jährige, eigentlich ein in Kanada eingesetzter Fluglehrer, musste bei einem Kurzaufenthalt in London als Ersatzmann die Dakota steuern, da der ursprünglich dafür vorgesehene Pilot am Abflugtag betrunken war. Positiver Effekt des Medieninteresses: Wieman ist mit fast 100 Menschen in Kontakt gekommen, die mit einem der getöteten Soldaten verwandt sind: „Es konnten sogar Familien zusammengeführt werden, die sich vorher aus den Augen verloren – oder noch nie gesehen – hatten und sich unabhängig voneinander als Nachfahren gemeldet haben. Und sie alle sind total überrascht, dass sich nach über 70 Jahren noch jemand um das Schicksal ihrer Vorfahren kümmert und mit neuen Fakten dazu meldet.“ Im Interview des kanadischen Fernsehsenders CTV bringt es Bruce MacDonald, Neffe des Dakota-Insassen Donald MacDonald, auf den Punkt: „Im Jahr 2002 war ich beim Grab meines Onkels auf dem Soldatenfriedhof. Und jetzt, nachdem der Ort gefunden worden ist, an dem Onkel Donald und 22 weitere Soldaten den Tod gefunden haben, will ich unbedingt wieder übern Teich zu dem Feld – hoffentlich mit Gedenkstein – wenn der liebe Gott mich so lange am Leben lässt.“

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