Grünstadt Musik gegen die Todesstrafe

Versunken in seine Musik: Ron Radford.
Versunken in seine Musik: Ron Radford.

„Manchmal taucht jemand auf und definiert Freundschaft neu! Mein ,Vorher und Nachher’ hat nur zwei Worte: Ron Radford.“ Das schreibt Roger McGowen, ein Mann, der nach Überzeugung seiner Unterstützer seit 28 Jahren unschuldig im Gefängnis in Texas sitzt, über den Flamenco-Gitarristen aus Oklahoma. Der Musiker hat am Sonntag im Burghof Stauf vor rund 70 Besuchern ein Konzert von höchster Qualität gegeben – für den Inhaftierten und gegen die Todesstrafe.

Der international besetzte McGowen-Freundeskreis um deren Gründerin, Burghof-Geschäftsführerin Marion von Gienanth, und Ron Radford hat in den vergangenen zwölf Jahren durch unterschiedliche Veranstaltungen gut 800.000 US-Dollar an Spenden akquiriert und es in einem ersten Schritt geschafft, den Verurteilten aus der Todeszelle zu holen. „Das war ein großer Akt. Jetzt geht es darum, seine Unschuld zu beweisen und für seine Entlassung zu kämpfen“, erläutert der 74-jährige Gitarrist der RHEINPFALZ. Er ist überzeugt, dass McGowen einst einen Mord an einer Barfrau gestand, den eigentlich sein jüngerer, drogenabhängiger Bruder begangen habe. Die US-Justiz sieht das anders. Die Unterstützer-Gruppe meint aber, eindeutige Beweise für McGowens Unschuld ausgemacht zu haben. Da ist dann die Rede von einem Beinschuss, den der wahre Mörder erlitten haben soll, ein Beinschuss, wie ihn McGowens verstorbener Bruder hatte. Oder ein Auto wird ins Spiel gebracht, dass McGowen am Tattag seinem Bruder geliehen habe. Radford meint: „Der Mann bleibt nur in Haft, weil er schwarz und arm ist. Das ist die neue Form der Sklaverei.“ Die USA stelle fünf Prozent der Weltbevölkerung, aber ein Viertel aller Gefängnisinsassen, das hatte auch schon der damalige US-Präsident Barack Obama 2015 bemerkt. In den Vereinigten Staaten, so Radford, bekomme man einen umso besseren Juristen, je mehr Geld man dafür ausgeben könne. Deshalb hat der Verein „Eiswoog heute“ das Konzert in Stauf veranstaltet, auch wenn Landrat Rainer Guth (parteilos) sich wenig Hoffnung auf Erfolg macht: „Wenn man über den Großen Teich blickt, dann trifft einen das pure Entsetzen. Ich glaube nicht, dass das hier dort drüben auf fruchtbaren Boden fällt.“ Ron Radford gibt dennoch alles, damit es ein besonders schönes Benefiz-Konzert wird. In sich versunken, den Kopf mit oft geschlossenen Augen auf den Korpus seiner Akustikgitarre gelegt, flitzen seine Finger federleicht über die Saiten, zupfen zärtlich, schlagen in atemberaubendem Tempo. „Das Wichtigste ist nicht das, was du spielst, sondern das, was du fühlst“, erklärt er dem Publikum seine wunderschönen Improvisationen. Und eine wesentliche Lektion, die er bei den spanischen Zigeunern gelernt habe, sei mit dem Herzen zuzuhören. Dabei müsse man eins werden mit der Musik und eins werden mit dem Auditorium. „Ich bin nur zufällig derjenige, der das Instrument hält“, so Radford, der einst auf einer 15-Dollar-Gitarre den großen Carlos Montoya von seinem Talent überzeugt hat und unter anderem in der New Yorker Carnegie Hall gefeiert wurde. „Er ist ein großer Künstler und eine beeindruckende Persönlichkeit“, findet Bernd Frietsch aus Kleinkarlbach. Der Sprecher der Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit (Liga) will die Veranstaltung unterstützen, auch wenn er nicht zu beurteilen vermag, ob Robert McGowen zu Unrecht hinter Gittern sitzt. „Es ist ja auch eine Aktion gegen die Todesstrafe“, sagt Frietsch. Lutz Wächtler, Schatzmeister von „Eiswoog heute“, findet auch, dass in einer zivilisierten Welt die Todesstrafe zu überdenken sei. Dass McGowen den Mord nicht begangen hat, könne er aus der Ferne nicht sagen, so der Ramser, der über ein großes juristisches Hintergrundwissen verfügt. Für die Eisenberger Floristin Maria Dardis dagegen ist vollkommen klar, dass der Mann unschuldig ist. „Ich begleite die Bemühungen um seine Freilassung von Anfang an“, erzählt sie. Von Radfords Flamenco-Spiel könne sie „mit italienischem Blut in den Adern“ nur schwärmen. Vornehmlich wegen der Musik aus Altleiningen gekommen ist Achim Koepsell, der sagt: „Ich bin froh, dass es trotz Trump noch ein anderes Amerika gibt.“ Seine Begleiterin Dorothée Hirstein kündigt an: „Wir werden uns jetzt mal mit dem Fall Roger McGowen beschäftigen.“

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