Grünstadt Mord am Thüringentag

Das Cover
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In diesem Jahr steht Annweiler am Trifels mal so richtig im Fokus der Öffentlichkeit. Vom 28. bis 30. Juni repräsentiert die Stadt ein ganzes Bundesland. Sie ist Gastgeber der 35. Rheinland-Pfalz-Tags. Ein Tag, an dem man sich von der besten Seite zeigen will, an dem alles klappen muss, denn immerhin schauen viele Menschen zu. Es soll ein Ausnahmeerlebnis werden für die Bewohner des Ortes und natürlich für alle Besucher, die zu diesem Event strömen, der mit vielen Attraktionen aufwarten will. Grundsätzlichkeiten, die nicht nur für den Rheinland-Pfalz-Tag gelten, sondern etwa auch für den Hessentag, der sich über stattliche zehn Tage erstreckt, oder eben für den Thüringentag. Für die beiden Ermittler Timo Kohlschuetter (Ossi) und Friedhelm Bernsen (Wessi) ist es bereits der fünfte gemeinsame Fall. Doch hat der Tod einer Frau ausgerechnet am Thüringentag in Sömmerda eine ganz andere Qualität und Dramatik. Und so hat auch der Vorgesetzte einen klaren Standpunkt: „Ein Mord zum Thüringentag ist so ungefähr das Beschissenste, was der Thüringer Polizei passieren konnte. Das ist das wichtigste Fest in unserem Land. Da hat es kein Gemetzel zu geben, verdammt. Nur Klöße, Bratwurst und Bier.“ Und dann ist da die Tatsache, dass die Stadt eine ganz besondere Historie hat, nämlich eine sehr spezielle Industriegeschichte: In Sömmerda stand der VEB Robotron Büromaschinenwerk „Ernst Thälmann“. Was nach außen nach einer veritablen Produktionsstätte für zivile Maschinen klingt, hatte auch einen Produktionszweig, in dem es um Militärtechnik ging. Die Tote hat im VEB Robotron gearbeitet. Als Ingenieurin. Das ergeben die Ermittlungen recht schnell. Mit der Wende ging die Frau in den Westen. Geht es hier also um Spionage? Geht es um Geheimnisverrat? Welche Rolle spielte das Werk und dessen ostdeutsche Industriegeschichte in diesem Fall? Julia Bruns wählt in „Thüringentod“ ihr bislang bestes Thema, eben konkrete DDR-Industrievergangenheit. Dass sich die beiden Ermittler noch immer, 30 Jahre nach dem Mauerfall, in dieser Serie gerne die Ost-West-Vorurteile um die Ohren schlagen, das nervt den Leser zwischendurch ebenso wie manche humorig gemeinte Szene. Doch überwiegen in „Thüringentod“ klar der Eindruck eines sorgfältig gewählten und recherchierten Themas und der wirklich gut konstruierte Kriminalfall. Die Werbung mit dem Thüringentag, der übrigens am 30. Juni 2019 in Sömmerda stattfinden wird, ist dabei geschicktes Marketing. Okay, verzeihlich, denn unter dem Strich ist „Thüringentod“ ein starker Ostkrimi. Lesenswert! Lesezeichen J ulia Bruns: Thüringentod. Emons 2019, Broschur, 268 Seiten, 11,90 Euro.

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