Grünstadt Mit Drogenhandel Hartz-IV aufgestockt

Er habe Drogen verkauft, weil er von Hartz IV nicht leben konnte, sagt ein 51-Jähriger. Der Mann muss sich seit Dienstag vor dem Heidelberger Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er jahrelang einen schwunghaften Handel mit Rauschgift betrieben hat. Der Angeklagte ist selbst seit Jahrzehnten drogenabhängig.

Während seiner Aussage bricht er mehrfach in Tränen aus und sagt: „Ich habe schon lange die Schnauze voll.“ Als Polizisten im Dezember seine Wohnung durchsuchen, stoßen sie auf eine große Menge verschiedenster Drogen. Darunter fast 900 Gramm Kokain. Genug für über 20.000 Einzeldosen. Zudem finden die Beamten zweieinhalb Kilo Marihuana, aus denen sich 25.000 Joints hätten drehen lassen. Auch Heroin und Psychopharmaka werden sichergestellt. Aufgeflogen ist der mutmaßliche Dealer durch die Aussage eines seiner Kunden. Dieser war von sich aus zur Polizei gegangen und hatte dort ausgepackt. Und dabei erzählt, dass er jahrelang Marihuana und Amphetamin von dem Angeklagten gekauft habe. Der Drogenfund spricht dafür, dass der Mann Rauschgift in großem Stil verkauft und dabei nicht schlecht verdient hat. Bei der Razzia stellen Beamte bei ihm rund 55.000 Euro Bargeld sicher, das zum Teil in Folie eingeschweißt ist. „Zum Frischhalten“, nennt der Angeklagte als Grund. Und gibt zu, das Geld im wesentlichen durch Drogenhandel verdient zu haben. Für ein Gramm Kokain habe er 65 Euro verlangt, für Marihuana etwa 8 Euro. Die Sozialleistungen hätten nicht zum Leben gereicht. „So kam es mit der Dealerei“, sagt der seit zehn Jahren arbeitslose Mann. Er sei der „klassische Drogenkonsument“ und habe schon als 13-Jähriger gekifft. Und das viele Jahre lang. Mit 20 steigt er auf Heroin um und wird bald süchtig. In die Schule sei er „nicht sehr oft“ gegangen. Entsprechend schlecht fällt das Abgangszeugnis der Hauptschule aus. Er beginnt mehrere Ausbildungen, die er jedoch nie zu Ende bringt. 1992 heiratet er seine ebenfalls abhängige Frau, im gleichen Jahr kommt eine Tochter zur Welt. „Ich wollte ein normales Familienleben“, sagt er. Ein Jahr lang unterzieht er sich einer stationären Therapie und wird danach bald wieder rückfällig. Das Paar trennt sich. Er heiratet 1998 ein zweites Mal. Und lässt sich 2007 erneut scheiden, berichtet der Angeklagte schluchzend. In der U-Haft bekommt der 51-Jährige Methadon. Dort unternimmt er eigenmächtig den Versuch, auch davon loszukommen. Er setzt das Methadon für drei Tage völlig ab, anstatt die Dosis langsam zu reduzieren. Mit schlimmen Folgen: „Es war der Horror“, berichtet der Angeklagte. Wie er sich sein weiteres Leben vorstelle, wird er von dem Vorsitzenden Richter Jochen Herkle gefragt. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht.“

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