Grünstadt Mehrere Jahre auf Weltreise

Reisebekanntschaft Leah Cowen aus Chicago und Protagonist Ben Schaschek spielen einige Lieder live im Kinosaal.
Reisebekanntschaft Leah Cowen aus Chicago und Protagonist Ben Schaschek spielen einige Lieder live im Kinosaal.

Mit einem verpassten Rückflug von Australien nach Deutschland und einem Segelschiff am Horizont fing alles an, wie Ben Schaschek erzählt. Der junge Mann aus Siegburg, der Anfang 2011 gerade sein Tontechnikerstudium abgeschlossen hatte, kam auf die Idee: „Ich fahre mit einem Boot nach Hause.“ Zusammen mit seinem Freund Hannes Koch begab er sich dann aber auf ein jahrelanges Abenteuer und drehte die Doku „Blown away“. Am Mittwoch lief sie in der Filmwelt. Zu erleben ist in 120 Minuten eine Weltreise, bei der die beiden Studienkollegen überall Musiker trafen und insgesamt 130 Songs aufnahmen. „Ich hatte einen Online-Segelkurs gemacht und die Route über Google Earth geplant“, beschreibt Schaschek seine minimalistischen Vorbereitungen. Über eBay kaufte er für 11.600 Euro ein Boot auf den Salomon-Inseln im Südpazifik. Es wurde „Marianne“ getauft. „Das erste Jahr war sehr anstrengend.“ Nach rund 10.000 Kilometern auf dem Wasser seien er und sein Freund aber dann zu „ganz passablen“ Seglern geworden, so der 32-Jährige. Insgesamt haben sie in mehr als viereinhalb Jahren 75.000 Kilometer zurückgelegt, dabei täglich pro Person nur 12 Euro ausgegeben. „Eigentlich wollten wir nur neun Monate unterwegs sein“, sagt Schaschek. Auch sollten dabei lediglich ein paar Musikvideos gedreht werden. Letztendlich haben sie nicht nur CDs und ein Buch herausgebracht, sondern auch einen Dokumentarfilm gedreht. 1505 Stunden Filmmaterial sind dabei zusammengekommen. Die Produktion zeigt, wie die zwei – teilweise mit der Eisenbahn – über Papua-Neuguinea und Thailand nach Kaschmir gekommen sind. Mit Musikern auf exotischen Instrumenten werden Tonaufnahmen gemacht. Dafür stellen Schaschek und Koch ihr Equipment unter anderem am Strand auf. Auf Madagaskar werden mit einer ganzen Band Rap-Stücke gespielt. Die Songs, die die schönen Bilder unterlegen, können in der Grünstadter Filmwelt in perfektem Sound genossen werden. In Kapstadt wird die Eigenkomposition der Zufallsbekanntschaft Andrew weiter entwickelt. Zur Party-Session werden die Aufnahmen in Südamerika und auf Jamaika gemacht. Die Abenteurer schauen in Nine Mile, dem Geburtsort von Bob Marley, vorbei. Auf Kuba geht es auf eine Marihuana-Plantage. Durch die USA fahren sie zusammen mit Jack Mantis aus Tobago in einem ausgedienten Schulbus, den sie für 3600 Dollar gekauft und zum Wohnmobil umgebaut haben. Das Trio reist in die Musikhochburgen New Orleans und Nashville. In Chicago treffen die Männer auf die Singer-Songwriterin Leah Cowen, die sie auf ihrer gegenwärtigen Tour durch mehr als 100 deutsche Kinos auch begleitet. Die Reise hat die Abenteurer verändert Nich entgehen lassen sich die Abenteurer die Niagarafälle, einen Abstecher nach Kanada und Woodstock im US-Bundesstaat New York, wo vor 50 Jahren das legendäre Musikfestival stattgefunden hat. Von alten Hippies lassen sie sich erzählen, wie das damals war. „Wir haben lauter verrückte und nette Leute kennengelernt“, resümiert Schaschek, der nach dem Film zusammen mit Cowen im Kinosaal drei Lieder live darbietet. Koch ist nicht dabei, weil er erkrankt ist. Ob ihnen nichts passiert sei, erkundigt sich einer der rund 100 Zuschauer. Der Protagonist schüttelt den Kopf. Lediglich einen Beinahe-Unfall mit einem Tanker in der Torres-Straße zwischen Australien und Neuguinea habe es gegeben. Auch sind sie in keinen Sturm geraten, wie er auf Nachfrage eines anderen Besuchers erläutert. „Wenn man sich an die Tipps von Segelpapst Jimmy Cornell hält, empfohlene Routen wählt und die auch nur zu bestimmten Jahreszeiten, erlebt man maximal kräftigen Wind.“ Wie im Film zu sehen ist, kommt das Boot dabei oft mächtig ins Schwanken. Unter Seekrankheit haben die zwei Abenteurer trotzdem nicht gelitten. „Vermutlich, weil wir die Verantwortung für unsere Leben hatten und ständig beschäftigt waren“, so Schaschek, der einräumt, dass ihm als Beifahrer im Auto übel wird, wenn er ein Buch liest. Und was war die größte Herausforderung? „Das Zwischenmenschliche; es war wie in einer Ehe“, verweist er auf die jahrelange Beschränkung auf sieben Quadratmeter. „Wir sind definitiv nicht mehr dieselben Menschen, die 2011 losgefahren sind.“ Schaschek lebt jetzt auf „Marianne“ in der Bretagne und organisiert Seereisen, Koch betreibt in Berlin ein Tonstudio.

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