Eisenberg Ihr Leben könnte Buchseiten füllen

Irene Hambel
Irene Hambel

Irene Hambel aus Kerzenheim feiert heute ihren 90. Geburtstag. Wer so alt werden darf, hat viel zu erzählen – bei ihr würde es fast für ein Buch reichen.

1928 in Heidelberg geboren, verbrachte sie ihre ersten zehn Jahre bei einer Pflegefamilie in der Nähe von Heidelberg und absolvierte dort auch die ersten vier Schuljahre. „Dann bin ich zu meiner Mutter nach Altrip gezogen und habe dort die Schule bis zur achten Klasse fertiggemacht“, erzählt sie. Im anschließenden Pflichtjahr lernte sie in einer Familie kochen und alles, was man wissen musste, um einen Haushalt zu führen. „Da ich dort mein Essen immer selbst mitbringen musste, entschied ich mich, zu einem Bauern nach Weisenheim am Sand zu wechseln, bei dem ich neben der Unterkunft auch Verpflegung frei hatte“, so Hambel. Ihren Wunsch, nähen zu lernen, habe sie nicht umsetzen können, da der Weg über den Rhein versperrt gewesen sei durch die Amerikaner auf der gegenüberliegenden Seite. „Bei uns in der Pfalz waren die Franzosen im Krieg, gegenüber die Amerikaner“, erzählt Hambel. Bei dem Bauern blieb sie drei Jahre, hat dort auch ihren Mann kennengelernt und bald geheiratet. Mit ihm zog sie zunächst bei der Schwägerin ein und wohnte dort einige Jahre in einem Schlafzimmer und einer Küche. „Wir hatten damals schon vier Kinder und das Bett meiner Schwiegermutter stand auch noch in unserer Küche – sie schlief immer im Winter darin, im Sommer war sie bei ihrer Tochter“, erinnert sich Hambel. In Kerzenheim, dem Heimatort ihres Mannes, begannen sie schließlich mit dem Hausbau. „Den Keller hat mein Mann mit der Schaufel ausgehoben, gemauert haben später Handwerker, aber alle Zuarbeiten haben wir selbst gemacht“, erzählt sie. Insgesamt bekam sie sechs Kinder. „Das Kindergeld für das dritte Kind betrug damals 30 Mark, aber da mein Mann 10 Mark zu viel verdiente, bekamen wir das Kindergeld gestrichen – erst Jahre später haben wir es dann bekommen“, berichtet sie. Noch gut erinnert sie sich an die Zeit, als die Kinder kleiner waren – es sei nicht einfach gewesen mit nur einem Verdienst. „Ich habe immer versucht, Geld zu sparen, habe beispielsweise aus alten Kleidern, die wir von Verwandten bekamen, Kleidungsstücke für meine Mädchen genäht, habe gestrickt und die Ärmel von Pullis wieder neu angestrickt, wenn am Ellenbogen ein Loch war – alles, damit es kein Geld kostet“, so die Rentnerin. Erst nach der Geburt des sechsten Kindes habe sie eine Waschmaschine bekommen – vorher habe sie alles im Kessel von Hand gewaschen. Als die jüngste Tochter zehn Jahre alt war, habe sie eine Arbeitsstelle als Putzfrau in verschiedenen Firmen angenommen. „Leider musste ich oft lange auf meinen Verdienst warten, obwohl wir darauf angewiesen waren – das war nicht schön“, erinnert sie sich. Zu Hause habe sie im Garten Gemüse angebaut, Schweine, Hühner und Hasen gehalten. Vor ihrem Eintritt ins Rentenalter mit 60 Jahren habe sie zehn Jahre lang in der Pulverfabrik in Göllheim gearbeitet. „Mein Mann, mit dem ich 55,5 Jahre verheiratet war, verstarb vor 14 Jahren“, erzählt sie traurig und ergänzt: „Es ist nicht immer schön, wenn man alt wird.“ Der Körper mache oft nicht mehr so, wie der Kopf das gerne hätte. Sie sagt: „Manchmal will ich etwas machen, aber dann geht es einfach nicht, dann probiere ich es später wieder und wenn ich Glück habe, klappt es dann.“ Ihre Kinder wohnen alle in der näheren Umgebung, eine Tochter ist bereits verstorben. „Besonders meine älteste Tochter kümmert sich sehr um mich, sie ist viel für mich da“, so Hambel, die seit 50 Jahren jeden Tag die RHEINPFALZ liest. Ihren Ehrentag feiert sie mit ihren fünf Kindern, sieben Enkeln und vier Urenkeln. Sie sagt: „Ich habe mal das Buch ,Herbstmilch’ gelesen und dachte damals, das hätte auch ich schreiben können, das ist genau wie mein Leben.“ In dem 1985 erschienenen Buch beschreibt die bayerische Bäuerin Anna Wimschneider ihre Lebensgeschichte.

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