Grünstadt Herrliche Musik großartig verwirklicht

Kantorei, Kantatenorchester und die Vokalsolisten Sarah Funk, Sopran, Annette Wieland, Alt, Johannes Eidloth, Tenor, und Christo
Kantorei, Kantatenorchester und die Vokalsolisten Sarah Funk, Sopran, Annette Wieland, Alt, Johannes Eidloth, Tenor, und Christoph Müller, Bass (von links).

Tiefe, reine Freude vermochte am Sonntagnachmittag das Konzert der Grünstadter Kantorei jenen zu schenken, die aufmerksam lauschten. Das waren viele in der im Schiff vollständig besetzten Martinskirche. Unter der klugen und umsichtigen Leitung der Bezirkskantorin Katja Gericke-Wohnsiedler wurde herrliche Musik von Mozart und Schubert klanglich wunderschön und strukturell beglückend richtig musiziert. Ein starkes Erlebnis, von warmem, begeistertem Applaus belohnt.

Ganz hervorragende Chorarbeit wurde da geleistet, viel Probenarbeit seit Mai, um die Musik Schuberts scheinbar mühelos strahlen zu lassen. Dazu später mehr. Mindestens ebenso bemerkenswert ist es, dass ein nur für diesen Zweck zusammengestelltes Orchester nach nur knapper Probenzeit in sich und mit dem Chor so herrlich musizieren kann: Strahlend in der Intonation, sicher und einträchtig, durchscheinend und kraftvoll. Die Dirigentin scheint wenig mehr zu machen als mit gleichmäßiger Präzision den Atem der Musik vorzugeben; wer aber genau hinschaut, bemerkt, dass sie den einzelnen Klanggruppen mit präzisen Einsätzen ungemein hilft. Und wenn sie durch ein kleines, aber entschiedenes Zeichen einen Akzent will, dann kriegt sie ihn auch. Zunächst also das Kantatenorchester Grünstadt, noch ohne Chor, dafür mit Monika Höfling-Grote als Solistin in Wolfgang Amadé Mozarts erstem (und einzigem wirklichen, das zweite ist eine Bearbeitung) Flötenkonzert in G-Dur. Es wird meist als Frühwerk wenig beachtet und entstand in einer Zeit, als Mozart im Alter von 21 oder 22 Jahren in Mannheim an seiner Karriere arbeiten sollte, aber durch schwierige Liebeshändel mit der Sängerin Aloysia Weber abgelenkt war. Sie wurde Jahre später seine Schwägerin. Mozart gibt der Flöte, was sie braucht: Gesangliche Linien, virtuoses Trillern. Das eigentlich Erstaunliche ereignet sich im Orchester: Mozart geht von dem aus, was üblich ist, aber überall zeigen sich neue Farben, fantasievolle Einfälle. Wo sonst recht schematisch begleitet wird – es soll ja das Soloinstrument glänzen – entfaltet sich reiches sinfonisches Leben. Das von Konzertmeisterin Anne Erdmann-Schiegnitz zusammengestellte Ensemble zeigt das mit großem Können und Stilbewusstsein. Da gibt es keine eintönig heruntergefiedelten Begleitfiguren, nein, die Streicher lassen sie durch feines Rubato atmen und vibrieren; immer wieder liefern die Oboen herrliche Details, und die Hörner geben Farbe. Die Solistin spielt überlegen, klanglich ungemein kultiviert in gleichsam klassizistischem Ebenmaß, bringt die Kadenz im Kopfsatz elegant und fließend. Der Mittelsatz ist ein wunderbares Notturno, alles liegt wie im Mondglanz, herrlich die Orchesterfarben und das ruhige, aber doch belebte Tempo. Das Finalrondo beginnt wie ein Haydnsches Menuett und vereinigt Solistin und Orchester zu gefälliger Klangfülle: eine moderne und doch stilgemäße Interpretation. Dass das Grünstadter Kantatenorchester nicht nur elegant zu glänzen, sondern in tiefem Ernst auch nachdrücklich zu glühen vermag, beweist es in Franz Schuberts großer Messe in Es-Dur aus dem Todesjahr des Komponisten. Sie ist ein frommer Dialog zwischen Chor und Orchester, Gesangssolisten kommen nur an drei recht kurzen Stellen vor, aber Schubert hat die Chorstimmen so sanglich und in den Höhen bequem geführt, dass der Chor dabei nicht ermüden muss. So bleibt die Kantorei bis zum Schluss in Einsätzen und Intonation treffsicher und klar, zeigt immer wieder sensible und kraftvolle dynamische Gestaltungsfähigkeit. In den Reihen des Chores sieht man Sängerinnen und Sänger, die der Kantorei seit Jahrzehnten die Treue halten; es gibt aber auch genug junge Stimmen, die Glanz und Strahlkraft liefern. Das Kyrie ist ein ruhiger, verhaltener Fluss; immer wieder brechen aus dem Piano kraftvolle Stellen dringlicher Bitte auf. Das Gloria entfaltet große Suggestivkraft; es ist ausgespannt zwischen Gotteslob und ernster Vergegenwärtigung des Kreuzestods Jesu Christi, und immer wieder gibt es hier, im Credo und im Agnus Dei Stellen, die den Klangraum des Mozart-Requiems in Erinnerung rufen, gewiss nicht zufällig: Schubert muss bei der Komposition dieser Musik gewusst haben, dass er sich bald auf den Weg zu machen hat. Höchst wirksame Lautstärkekontraste zwischen dem triumphalen „Glorificamus te“ und dem ganz zurückgenommenen „Adoramus te“ und die großartige Steigerung der Intensität und Dringlichkeit im „Qui tollis peccata mundi“ nehmen den Hörer ganz mit hinein. Ungemein üppig und ernst gelingt die komplexe Schlussfuge. Dies sind Qualitäten, die auch die weiteren Sätze tragen. Die Vokalsolisten Sarah Funk, Sopran, Annette Wieland, Alt, Johannes Eidloth, Tenor, Volker Gütermann, Tenor, und Christoph Müller, Bass, tun das einzig Angemessene: Sie fügen sich schlicht (die Sopranistin auch immer wieder innig) und gekonnt in den musikalischen Fluss ein. Immer neu leuchten aus dem Orchester sehr charakteristische Farben und Passagen wie Edelsteine hervor - bis zur Schlussbitte des Agnus Dei: Innig drängend singen die Frauen, klar die Männer das „Dona nobis pacem“, die Bitte um Frieden. Wunderschön gestaltet sich der Wechsel von Chor und Soloquartett.

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