Eisenberg Hat die Stadt ein Drogenproblem?

Polizeihubschrauber über der Kleinen Residenz: Bei dem Großeinsatz am 19. Februar wurden verschiedene Bereiche ausgeleuchtet.
Polizeihubschrauber über der Kleinen Residenz: Bei dem Großeinsatz am 19. Februar wurden verschiedene Bereiche ausgeleuchtet.
Herr Schuster, 45 Polizisten und ein Hubschrauber waren am 19. Februar in Kirchheimbolanden gefordert. Ihnen ist da ein Schlag gegen die Drogenszene gelungen. Wie läuft solch ein Großeinsatz ab? Wie lange kann man so etwas planen?

Wir versuchen so etwas aus organisatorischen Gründen möglichst frühzeitig zu planen. Und wir versuchen darauf Einfluss zu nehmen, indem wir auch mit verdeckten Maßnahmen in die Gruppe gelangen, um das etwas zu steuern. So etwas ist relativ kompliziert, funktioniert mal besser, mal schlechter. Auf jeden Fall muss man bei solchen Einsätzen aber sehr flexibel sein, weil immer Dynamik drin ist. Unser Gegenüber rechnet meist schon routinemäßig damit, dass wir etwas von der Sache wissen und versucht, es uns schwer zu machen, an der Situation dran zu bleiben. Etwa, indem er Mobilität in die Aktion hineinbringt oder Übergabemodalitäten erst ganz kurzfristig ausgetauscht werden. Das war am 19. Februar auch so. Der Einsatz hat sich an dem Tag wesentlich länger hingezogen als ursprünglich geplant. Dass an dem Tag eine Übergabe von Drogen stattfinden sollte, haben sie also gewusst? Ja. Das war nicht der erste größere Einsatz in Sachen Drogen im Gebiet der Polizeiinspektion Kirchheimbolanden. Ich habe hier im Mai vergangenen Jahres angefangen. Da ging es direkt los mit einem ähnlichen Verfahren, das auch verdeckt geführt worden ist – gegen fünf Beschuldigte. Das war im Raum Eisenberg. Auch dort waren Sie erfolgreich. Ja. Das war nicht so öffentlichkeitswirksam, weil es tagsüber ablief. Wir hatten auch da einen Haftbefehl erwirkt und einen Hochkaräter ins Gefängnis gebracht. Die Durchsuchungen liefen damals unspektakulär und routinemäßig ab, sodass es die Bevölkerung nichts mitgekriegt hat. Bei dem Zugriff damals hatten wir 6,8 Kilogramm Amphetamin, 200 Gramm Kokain und noch knapp 100 Tabletten Ecstasy sowie knapp 150 Gramm Marihuana sichergestellt. In dem Verfahren, das von Juni bis September lief, hatten wir zudem bei dieser Tätergruppe zuvor 100 Gramm Amphetamin sichergestellt. Übrigens hatten wir auch im Vorfeld des Einsatzes im Februar schon sechs Kilogramm Amphetamin sichergestellt, die man zu den zehn Kilogramm vom Einsatztag hinzurechnen muss. Wie lange waren Sie an dem Fall, der in dem Großeinsatz am 19. Februar mündete, dran? Seit Oktober 2018. Wo ist die Schwierigkeit, so etwas aufzudecken? Sie müssen den Tätern ja etwas nachweisen können. Genau. Zum einen brauchen wir eine Straftat, die begangen worden ist. Da muss jemand mit den Betäubungsmitteln hantiert haben, sie weitergegeben oder besorgt haben, was verboten ist. Und Sie müssen den Beweis führen können, dass derjenige das gemacht hat. Wenn jemand Drogen einstecken hat und diese verkaufen will, ist das relativ einfach. Wir sind ja aber auch immer an den Hintermännern interessiert. An die heranzukommen, ist problematisch. Da beobachten wir, observieren, überwachen in verschiedenen Varianten. Das sind die aufwendigen Verfahren, weil die Hintermänner sich schon so verhalten, dass sie möglichst nicht ertappt werden. Wie viele Kollegen sind mit einem solchen Fall beschäftigt? Wir haben immer einen Hauptsachbearbeiter. Der wird hier im Haus von allen Kollegen des Kriminal- und Bezirksdienstes unterstützt. Darunter befinden sich auch Kollegen, die ausgewiesene Fachleute auf dem Gebiet der Rauschgiftkriminalität sind. Da wird wirklich gut zusammengearbeitet. Es gibt aber auch noch andere Dienststellen, von denen wir unterstützt werden. Etwa die Kriminaldirektion in Mainz, die eigentlich für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zuständig ist. Es ist schon eine Ausnahme, dass man solch einen Fall auf Inspektionsebene bewältigen kann. Meist übersteigt das unsere Kapazitäten. Wenn man die vergangenen Monate so verfolgt, hat man das Gefühl, dass die Polizei wieder öfter vermeldet, dass Menschen unter Drogeneinfluss Auto fahren. Ist das so? Ist das wieder ein Trend? Einen Trend würde ich das nicht nennen. Das hängt auch wesentlich damit zusammen, wie hoch der Kontrolldruck in diesem Bereich aufgebaut werden kann. Wenn wir viel zu tun und wenig Freiräume für Kontrollen haben, dann tauchen auch wenig Delikte auf. Können wir in dem Bereich mehr hinschauen, dann steigen auch die Zahlen wieder an. Wobei ich sagen muss, dass die Zahlen hier in Kirchheimbolanden seit Jahren relativ gleich sind. Wenn jemand unter Einfluss von Rauschgift ein Kraftfahrzeug führt und wir erwischen ihn, ohne dass ein Unfall passiert ist, ist das eine Ordnungswidrigkeit. 2018 waren das 52 Fälle. Nun gibt es aber auch die Drogenszene. Hat die Stadt Kirchheimbolanden ein Drogenproblem? Die Stadt hat mit Sicherheit kein Drogenproblem. Was wir hier haben, ist ein flächendeckendes Spiegelbild der Gesellschaft. Wer Drogen haben will, kann sie sich überall besorgen – also auch hier. Das ist hier nicht auffälliger als woanders. Gibt es Orte, die Ihnen als Drogenumschlagplatz bekannt sind? Ist beispielsweise die Unterführung am Bahndamm solch ein spezieller Platz? Nein. Solche Unterführungen gelten als Angstraum. Ist das hier aus ihrer Sicht auch so? Der Ort ist völlig unproblematisch. Vorwiegend in Oberzentren gibt es eine offene Drogenszene, bei der man weiß, dort wird mit Rauschgift gehandelt. Dort kann auch jeder, der fremd ist, hingehen, wird angesprochen und kann etwas kaufen. So etwas gibt es hier nicht. Auch nicht am Bahndamm. Nichtsdestotrotz denkt die Stadt darüber nach, diesen zu öffnen. Würden Sie hier einen breiteren, offenen Durchgang aus polizeilicher Sicht empfehlen? Aus polizeilicher Sicht, ganz objektiv betrachtet, ist es völlig egal. Da müsste man nichts machen. Ich verstehe aber sehr wohl, dass man sich generell in dunklen, beengten Örtlichkeiten nicht so wohlfühlt. Und wie sieht es in anderen Bereichen im Gebiet der Polizeiinspektion Kirchheimbolanden aus. Gibt es da irgendwo Drogenprobleme? Das ist flächendeckend gleich. Auch beispielsweise in Eisenberg gibt es keine Problempunkte. Es ist ja auch gut so, dass wir jetzt zwei Mal zu Zeitpunkten zugegriffen haben, zu denen es noch nicht ausgeartet war. Wir haben nirgendwo Problemstellen, an denen die Anwohner Angst haben müssten, dass sich Kinder in einem Sandkasten auf einem öffentlichen Spielplatz an Spritzen stechen.

Angstraum? Für so manchen ist die Unterführung am Bahndamm ein Ort, den er lieber meidet. Gerade im Dunkeln.
Angstraum? Für so manchen ist die Unterführung am Bahndamm ein Ort, den er lieber meidet. Gerade im Dunkeln.
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