Grünstadt „Habe einfach das Geld gesehen“

Mit sehr wenig Einsatz am heimischen PC eine Menge Geld verdienen. Dieser Verlockung ist ein Bockenheimer erlegen, hat von zu Hause aus seine „Arbeit“ erledigt und kassierte dafür 36.427 Euro. Am Donnerstag wurde er vor dem Landgericht Frankenthal wegen gemeinschaftlichen, gewerbsmäßigen Betrugs in 27 Fällen zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Was hat der heute 30-Jährige getan? Wie nach dem Abschluss der Beweisaufnahme und seinem Geständnis feststand, verschickte er als Geschäftsführer der ASP Forderungsmanagement UG mit Briefkasten-Sitz in Berlin zwischen dem 14. Dezember 2012 und 12. September 2015 vom Laptop Faxe an Unternehmen in der gesamten Bundesrepublik. In den Schreiben hat er den Firmen aus ganz unterschiedlichen Gewerbebereichen angeboten, ihre Online-Branchenbucheinträge auf der Seite Lokale-Suche.com zu aktualisieren. Für diesen Dienst, den es in dieser Art von anderer Seite auch kostenlos gibt, verlangte der Angeklagte in der Regel über drei Jahre (so lange sollte der Interneteintrag Bestand haben) jährlich 998 Euro, worauf er allerdings nur ganz versteckt im Kleingedruckten hinwies. Die Adressen der Unternehmen habe er per E-Mail von einem Mann erhalten, mit dem er einen sogenannten Factoringvertrag abgeschlossen hatte. Factoring bedeutet eine gewerbliche Übertragung von Forderungen eines Unternehmens gegen Schuldner. „Die Hälfte des Geldes wurde ihm in bar nach Kasachstan gebracht“, erzählte der Bockenheimer. Staatsanwalt Felix Bohlender bezifferte den angerichteten Schaden: In vier Fällen blieb es beim Betrugsversuch, sechsmal wurden 249,51 Euro entrichtet, siebenmal 998 Euro und zehnmal Beträge zwischen 1996 und 2994 Euro. Gefordert waren in der Summe 47.558 Euro, gezahlt wurden 36.427 Euro. Fünf Verhandlungstage waren für die Klärung der Taten angesetzt, rund 35 Zeugen geladen. Letztendlich wurden nur wenige davon gehört. Ein 88-Jähriger ist dazu extra aus Südtirol gekommen. Die von ASP verlangten 998 Euro hatte er nicht bezahlt. Mit ihm – einem promovierten Rechtsanwalt – war die Briefkasten-Firma an den Falschen geraten. Im Juni 2015 erstattete der Senior Anzeige. „Ich hatte gleich den Verdacht, dass eine betrügerische Handlung dahintersteckt“, erklärte er dem Gericht. Auch der nächste Zeuge, ein Rentner aus Mühlheim an der Ruhr, hat die „dubiose Zahlungsaufforderung“ ignoriert und angezeigt. Einen Interneteintrag „leichtgläubig“ in Auftrag gegeben hatte dagegen ein heute 34 Jahre alter Geschäftsführer eines Unternehmens aus Freudenstadt. „Kurz darauf kam die Rechnung. Dass das etwas kostet, stand in dem ersten Fax nicht“, erinnert er sich und überwies zunächst nicht. Nach Androhung eines Gerichtsverfahrens durch ASP habe er dann aber doch gezahlt. Er erläuterte: „Wir sind weltweit unterwegs, teilweise wochenlang in Singapur oder sonst wo und haben nicht die Zeit zu überprüfen, ob eine Rechnung rechtmäßig ist oder nicht.“ So begleiche man sie lieber, bevor die Mahnfrist verstreiche. Die Firma, bei der ein Mann aus Hermeskeil zum Tatzeitpunkt in leitender Position war, zahlte ebenfalls. „Wir hatten zwar keinen Branchenbuch-Eintrag bestellt und weigerten uns zunächst, aber die Mahnungen waren recht massiv“, sagte er. Ein Jurist habe dazu geraten, Rechnungen zu begleichen, weil man an den Urheber nicht herankomme. Richter Thomas Henn runzelte die Stirn: „Das verstehe ich nicht. Sie hätten doch einfach nur abwarten können. ASP hätte sie ja verklagen müssen.“ Das versuchte der Angeklagte 2014 tatsächlich. Das Amtsgericht München wies seine Klage jedoch ab, weil der Hinweis auf den Preis für den Interneteintrag „versteckt in einem zehnzeiligen kleingedruckten Fließtext“ untergebracht war. Trotz dieser Niederlage hielt der Bockenheimer an seinem unseriösen Geschäftsmodell noch bis September 2015 fest. „Ich habe einfach das Geld gesehen“, räumte er ein. Nun muss er die Schadenssumme in voller Höhe zurückzahlen – auf eine zusätzliche Geldstrafe verzichtete das Gericht.

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