Grünstadt Grünstadt: Eine Oma zwischen zwei Kreißsälen

91-110624140.JPG
Die drei Schwestern und die beiden am Sonntag geborenen Babys: Mama Nuria aus Frankenthal mit Bilal (48 Zentimeter groß und 2530 Gramm schwer), Doppeltante Ferdita und Mama Lendita aus Großkarlbach mit Medina (51 Zentimeter und 3510 Gramm). Künftig soll deren Geburtstag ganz besonders groß in der Großfamilie Coli gefeiert werden – schließlich haben die Mamas im Grünstadter Krankenhaus zur gleichen Zeit Kreißsaal an Kreißsaal gelegen.

Zwei Schwestern werden im Kreiskrankenhaus kurz hintereinander Mutter

Station 3, Zimmer 3: Drei Schwestern strahlen an diesem Mittwoch um die Wette. Drei Tage zuvor hat Nuria einen gesunden Sohn, ihre Schwester Lendita ein munteres Mädchen zur Welt gebracht. Ferdida, mit 21 Jahren die jüngste im Schwesternbund, nimmt ihre Tanten-Dopplung vom Sonntag mit Humor: „In Zukunft muss ich halt gleichzeitig zwei Geburtstagsgeschenke holen.“ Denn eins ist klar: Der 20. Mai wird in der vor 25 Jahren aus dem Kosovo eingewanderten Großfamilie Coli ganz besonders gefeiert. Oma Sofia wird dann auch sicher immer wieder die Geschichte erzählen, wie sie im Grünstadter Krankenhaus stundenlang zwischen zwei Kreißsälen hin- und hergependelt ist. Auch die Mitarbeiter der Entbindungsstation, die Sonntagnacht Dienst hatten, werden den 20. Mai 2018 wohl so schnell nicht vergessen. „Meine Kollegen von der Nachtschicht haben erst mal nachgefragt, ob das hier ,versteckte Kamera’ ist?“, schmunzelt Dr. Niko Grabowiecki, Chefarzt der Grünstadter Gynäkologie und Geburtshilfe. Der Verdacht kam nicht von ungefähr, lagen doch zwei Frauen mit demselben Nachnamen zur selben Zeit in benachbarten Kreißsälen in den Wehen. Und dann streckte auch noch dieselbe ältere Dame immer wieder den Kopf zur Tür herein. „Das ist die Mutter der werdenden Mama“, hieß es.Zuerst im Kreißsaal 1. Und dann auch noch im Kreißsaal 2. Die Schlussfolgerung, dass zwei Schwestern am selben Ort zur selben Zeit in den Wehen lagen, lag nicht unbedingt sofort auf der Hand. In der Entbindungsgeschichte des Grünstadter Krankenhauses jedenfalls ist solch eine schwesterliche Entbindungsverbindung einmalig. „Auch Dr. Rasel, der ab den 1990ern unsere Abteilung leitete, hat so etwas noch nicht erlebt“, schüttelt Grabowiecki angesichts der geschwisterlichen Doppel-Geburt noch heute den Kopf. Für die Schwestern selbst war die Simultan-Entbindung gar nicht mal das Schlechteste, sorgten die Geräusche aus dem jeweils benachbarten Kreißsaal doch immer für eine gewisse Ablenkung von den eigenen Schmerzen. „Wir haben unsere Mama immer gefragt, wie’s denn bei der Schwester aussieht. Mama ist dann immer wieder von einem Kreißsaal zum anderen geeilt und hat uns stundenlang über den Zustand der Schwester im Nachbarraum auf dem Laufenden gehalten“, erinnert sich Nuria: „Am Ende war aber auch die Oma fix und fertig.“ Und nicht nur die – auch Hebamme Ute, die bei beiden Geburten tatkräftig geholfen hat: Das Mädchen Medina erblickte um 3.45 Uhr, der Junge Bilal schließlich um 6.15 Uhr das Licht der Welt. Am Morgen konnten sich die Schwager Valton und Rezep gegenseitig zur Vaterschaft gratulieren. Tags zuvor hatten sie sich noch „zufällig“ bei der Anmeldung der Klinik getroffen. „Was macht ihr denn hier?!“ haben sie sich angesichts ihrer hochschwangeren Frauen zwar nicht gefragt, überrascht waren sie dennoch: Schließlich war Lendita schon vier Tage „über der Zeit“, Nurias errechneter Entbindungstermin dagegen war erst eine Woche später. Nuria war vor gut 23 Jahren schon einmal auf der Entbindungsstation – schon damals auch Hebamme Ute. Allerdings in ganz anderer Aufgabenverteilung: Die am vorigen Sonntag von Kreißsaal zu Kreißsaal hetzende Doppel-Oma war im Jahr 1995 „einfach nur“ werdende Mutter und Nuria das Baby. „Unvergesslich“ war’s trotzdem, erinnert sich der heutige Opa Rustem. Damals wurde er zum insgesamt dritten Mal Papa – aber erstmals in der neuen Heimat der kosovarischen Familie Coli in Kirchheim. Dass seine beiden Töchter nun am selben Tag für Opa-Freuden gesorgt haben, quittiert er mit einem Lächeln und einem dankbaren Blick nach oben. „Allah hat es sehr gut mit uns gemeint“, betont der Kirchheimer Moslem. Seine Enkel erhalten nun die im Koran bedeutungsvollen Namen Bilal und Medina; schließlich wurden sie im Fastenmonat Ramadan geboren. „Aber das Wichtigste ist: Alle sind gesund“, strahlt er nun mit drei Schwestern auf Zimmer 3 um die Wette. Sie sind bereit für die Heimfahrt nach Frankenthal und Großkarlbach. Bestens gerüstet für das, was demnächst auf sie zukommen mag, sind die Babys auch schon: Bilal und Medina tragen Mini-Trikots der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ...

x