Grünstadt Erinnerung: Puppe Inge

Einen Ehrenplatz hat die mehr als 75 Jahre alte Schildkröt-Puppe Inge im Haus der Boltons, die in Lawrenceville wohnen, einem Vorort von Atlanta im US-Bundesstaat Georgia. Sie lässt Ingrid Bolton nicht nur an ihre Kindheit in Grünstadt denken, sondern erinnert auch an ein dramatisches Ereignis, als sie noch ein Kleinkind war. In der Nacht vom 23. auf den 24. September 1943 wurde die kleine Ingrid, zweidreiviertel Jahre alt, mit ihrer Mutter in Frankenthal bei einem Bombenangriff der Alliierten verschüttet. Als die beiden nach zweieinhalb Tagen gerettet wurden, war die Innenstadt von Frankenthal weitgehend zerstört. Ihre Mutter habe nur noch eine Tasche mit dem Allernötigsten gehabt und unter dem Arm die Puppe, berichtet die heute 77-Jährige. Die kleine Familie hatte alles verloren, von ihrer Wohnung gab es nur noch Trümmer. Wenn Inge sprechen könnte, hätte sie viel zu erzählen. Ihre Beine waren geschmolzen durch die Hitze des Feuers, durch das die Geretteten laufen mussten, da die Stadt am 26. September noch immer brannte. Schön war die Puppe nun nicht mehr, aber sie wurde nicht weggeworfen, war sie doch das einzige Spielzeug, das das kleine Mädchen noch hatte. Nach dem Krieg gelang es der Mutter, Beine für die Puppe zu ergattern, erst eins und später ein weiteres. Wer genau hinschaut, sieht, dass Inge zwei verschiedenfarbige Beine hat. Vor ein paar Jahren hat Ingrid Bolton die Puppe, die so manchen Umzug mitgemacht hat, von der Firma Schildkröt restaurieren lassen. Es sei ihr auch angeboten worden, die alten Beine von Inge durch zwei gleichfarbige zu ersetzen, erzählt sie. „Das habe ich natürlich abgelehnt.“ Mit neuen Beinen wäre es nicht mehr die Puppe ihrer Kindheit.

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