Grünstadt Eine Woche voller Lieder

Olaf Bär
Olaf Bär

Drei ganz unterschiedliche Konzerte, eine Kunstausstellung und die Gelegenheit, junge Sänger und Pianisten bei der Erarbeitung spannungsvoller Interpretationen zu belauschen: all das bietet der Kirchheimer Liedersommer vom 14. bis 20. Juli, den die in Kirchheim lebende Pianistin Barbara Baun auf die Beine stellt. Den Meisterkurs für Liedgestaltung leitet Olaf Bär.

Wie es gute Tradition ist, sitzt Baun beim Eröffnungskonzert (Samstag, 14. Juli, 19.30 Uhr in der protestantischen Kirche) selbst als kompetente Liedbegleiterin am Flügel. Wer sie jemals in dieser Funktion gehört hat, wird alleine deswegen wiederkommen. Einerseits vermag sie sich sensibel auf ihre Gesangspartner einzustellen, andererseits akzentuiert sie die meist kurzen Vor-, Zwischen- oder Nachspiele unheimlich interessant. Diesmal ist Baun pianistische Partnerin der Sopranistin Sonja Saric. „Sie ist mir schon vor Jahren als Studentin in der Liedklasse der Mannheimer Musikhochschule wegen ihrer großen Stimme aufgefallen, und sie hat mittlerweile eine beachtliche Karriere gemacht.“ Eine große, starke Stimme singt große Werke der Liedliteratur, von Franz Schubert etwa „Gretchen am Spinnrad“ aus Goethes Faust „Meine Ruh’ ist hin“ oder das berühmte „Du bist die Ruh“ nach Rückert, von Franz Liszt die „Drei Zigeuner“ und von Gustav Mahler „Fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert“, darunter „Ich bin der Welt abhanden gekommen“. Einen Ausflug in andere Regionen bieten die abschließenden Liedkompositionen von Sergej Rachmaninoff. 1990 im serbischen Sombor geboren, studierte Sonja Šaric von 2009 bis 2016 an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Mannheim bei Snezana Stamenkovic. Beim Anneliese-Rothenberger-Wettbewerb wurde sie 2015 mit dem Ersten Preis ausgezeichnet. Mittlerweile ist sie eine profilierte Liedsängerin, singt in Opern von Rossini und Donizetti oder gibt die Gräfin in Mozarts Figaro. Barbara Baun stammt aus Stuttgart und studierte an der Musikhochschule Frankfurt. Seit 1989 ist sie Dozentin für Liedgestaltung und Opernkorrepetition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Mannheim. In Meisterkursen arbeitete sie mit Hans Hotter, Jakob Stämpfli, Christoph Prégardien, Philipp Kang und Julie Kaufmann. Gleich nach dem Eröffnungskonzert geht`s über die Straße ins Schulhaus, wo die begleitende Ausstellung mit Arbeiten von Dan Fahlbusch eröffnet wird. Fahlbusch hat schon mal beim Liedersommer ausgestellt, mancher erinnert sich vielleicht an das blaue Bücherregal, das er damals vor dem Schulhaus aufstellte. Der aus Göttingen stammende Maler, Bildhauer und Musiker lebt in Ludwigshafen und hat sein Atelier in Heppenheim. Er hatte Ausstellungen in Barcelona, Köln, Weinheim und Heppenheim. Diesmal ist seine Ausstellung „Dechiffrierte Mechanik“ überschrieben. Zu sehen sind Objekte aus alten Maschinenteilen, die die Wandlung von der industriellen Bestimmung zur Kunst veranschaulichen. Das, so erläutert Baun, knüpfe thematisch an das Motto „Industrie-Kultur“ an, unter dem der Kultursommer Rheinland-Pfalz dieses Jahr steht. „Mit der Technik von Isolation und Vermehrung, Zerlegung und Neuaufbau, Formierung und Transformation von Gegenständen aus industrieller Produktion, sogenannten Ready mades, erschafft der Künstler ungewöhnliche Objekte und Bildräume, die den Betrachter mit den Spannungsfeldern Statik - Bewegung, Spiel - Ernst, Realität - Phantasiewelt konfrontieren“, heißt es auf der Webseite des Liedersommers über Fahlbusch. Die Ausstellung ist während der Liedersommer-Woche im Treppenhaus der Schule zu betrachten. Dabei sollte man sich mucksmäuschenstill verhalten, um den gleichzeitig in den Schulsälen laufenden Liedgestaltungsunterricht nicht zu stören. Ausdrücklich erwünscht ist hingegen, sich leise in die Säle zu schleichen und zuzuhören. Es ist erfahrungsgemäß oft ganz erstaunlich, wie junge Interpreten unter fachkundiger Anleitung von eher schematischem Vortrag zu in den Details belebter, spannungsvoller Interpretation voranschreiten. Als Dozent wurde diesmal Professor Olaf Bär gewonnen. Der in Dresden gebürtige Bariton begann seine musikalische Ausbildung im dortigen Kreuzchor. Ab 1978 studierte er Gesang an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden. Der Erste Preis beim Walther-Gruner-Wettbewerb für deutsches Lied in London eröffnete Bär eine internationale Karriere mit Liederabenden, Konzerten und Operngastspielen, die ihn in die Musikzentren Europas und Amerikas, nach Australien, Neuseeland und Japan führte. Der Staatsoper Dresden war er lange mit einem Gastvertrag verbunden. Heute ist Olaf Bär Professor für Lied- und Konzertgesang ebenda und Leiter etlicher Meisterklassen, unter anderem in Den Haag, Helsinki, Salzburg, Wien und Berlin. Den Bogen vom romantischen deutschen Lied zur musikalischen und gesellschaftlichen Gegenwart schlägt am Mittwoch, 18. Juli um 19.30 Uhr das Werkstattkonzert im Weingut Kolb. Motto ist ein Wort von Karl Marx, „Darum lasst uns alles wagen“. Gesangsstudenten der Mannheimer Musikhochschule singen romantische Lieder von Schubert und Schumann und konfrontieren sie mit neuen Liedern, die Schüler des Leininger-Gymnasiums getextet und Mannheimer Kompositionsstudenten in Musik gesetzt haben (wir berichteten). Die Ausführenden sind Giulia Scopelliti und Alina Wunderlin, Sopran, Buyan Li, Bariton, begleitet von Anna Anstett und Annalisa Orlando am Klavier. Zwölf junge Künstlerinnen und Künstler aus Korea, China und Japan, aber auch aus Deutschland, Italien und der Ukraine; Sänger ebenso wie Pianisten, haben sich zum Meisterkurs Lied angemeldet. Was sie in Kirchheim gelernt haben, zeigen sie beim Abschlusskonzert am Freitag, 20. Juli, um 19.30 Uhr, wieder in der protestantischen Kirche. „Im vollen Strom der Zeit“ ist dieser Querschnitt durch die Liedliteratur überschrieben. Danach geht’s wieder über die Straße ins Schulhaus zur Finissage. Termine —Samstag, 14. Juli, 19.30 Uhr: Eröffnungskonzert in der evangelischen Kirche mit Sonja Saric, Sopran, und Barbara Baun, Klavier, danach Vernissage in der Grundschule — Mittwoch, 18. Juli, 19.30 Uhr: Werkstattkonzert Lied im Weingut Kolb „Darum lasst uns alles wagen“ —Freitag, 20. Juli, 19.30 Uhr: Abschlusskonzert in der evangelischen Kirche „Im vollen Strom der Zeit“ mit den Teilnehmern des Meisterkurses, danach Finissage in der Grundschule —Der Meisterkurs mit Professor Olaf Bär und die Ausstellung „Dechiffrierte Mechanik“ mit Objekten von Dan T. Fahlbusch sind in der Grundschule zu folgenden Zeiten zugänglich: Sonntag, 15. Juli 11 bis 14 Uhr; Montag, 16. Juli, bis Donnerstag, 19. Juli, 1013 und 15 bis 18 Uhr. —Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei, Spenden werden erbeten. —Kontakt: Telefon 06359/2090536, www.kirchheimer-liedersommer.de

Sonja Šaric
Sonja Šaric
Barbara Baun
Barbara Baun
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