Grünstadt Ein bewegender Abend

Bunt und rasant: das Musical „Hair“.
Bunt und rasant: das Musical »Hair«.

Bunte Kostüme, eine außergewöhnliche Bühnenshow und Schauspieler mit hervorragend ausgebildeten Gesangstimmen: Das legendäre Hippie-Musical „Hair“ hat am Samstagabend das Publikum im Evangelischen Gemeindehaus in Eisenberg in seinen Bann gezogen. Die Frank Serr Showservice International Broadway Musical Company New York nahm das Publikum mit auf eine Zeitreise in die 1960er Jahre.

Bereits vor Beginn der Vorstellung stimmen die überwiegend amerikanischen Schauspieler das Publikum ein. Sie laufen durch den voll besetzten Saal und scherzen mit den Zuschauern, tanzen in Gruppen auf der Bühne. Die Vorfreude auf die Darbietung ist groß, nicht nur bei der 68er-Generation. Es sind viele junge Zuschauer gekommen. An Aktualität hat die Handlung des Musicals, das vor 50 Jahren seine Uraufführung feierte, nichts verloren – zumindest was das Thema Gewalt und Frieden angeht. Die Hippie-Gruppe von George Berger und seinen Freunden sucht ein neues Lebensgefühl jenseits von Krieg, Rassentrennung und Diskriminierung. Ihr Motto: „Make love not war“. Sie setzen sich für freie Liebe ein und für den Frieden, beschäftigen sich mit Esoterik und konsumieren Drogen. Es soll ein selbstbestimmtes Leben sein. Der zu seiner Einberufung ins Militär nach New York gereiste Claude lernt die Gruppe und deren pazifistische Lebensweise kennen. Die Truppe versucht den jungen Mann von ihren Idealen zu überzeugen und nicht in den Vietnam-Krieg zu ziehen. Dazu verbrennen sie alle ihre Einberufungsbefehle der Regierung. Claude ist beeindruckt von der friedlichen Lebensweise der Hippies, zieht aber letztendlich doch in den Krieg und lässt dort sein Leben. Das 16-köpfige Ensemble besticht durch Authentizität und begeistert mit einer abwechslungsreichen Choreographie. Gesanglich überzeugen in Solopassagen verschiedene Künstler mit unterschiedlichen Tonlagen, darunter die Hauptprotagonisten Brett Travis, der in die Rolle des Hippies George Berger schlüpft, sowie Nick Anastasia alias Claude. Irritiert dürfte den einen oder anderen haben, dass die Dialoge auf Englisch sind. Somit fällt es mitunter schwer, den dramatischen oder lustigen Passagen zu folgen. Dem Ensemble gelingt es jedoch zu vermitteln, wofür die Flower-Power-Zeit steht und welche, auch politische Geschichte, dahintersteckt. Manchmal braucht es nämlich auch gar keine Worte, um die Emotionalität zu spüren. Nadine Kühn alias Jeanie moderiert zudem ein paar Passagen auf Deutsch, damit auch niemand den Anschluss verliert. Die Szenen wechseln recht schnell, was sicherlich der Veranstaltungsdauer von zwei Stunden geschuldet ist und zur Folge hat, dass die Thematik zwar transportiert wird, aber nur an der Oberfläche kratzt. „Hair – The American Tribal Love Rock Musical“, dessen Texte von Gerome Ragni und James Rado und Musik von Galt Mac Dermot stammen, regt zum Nachdenken an, auch wenn an der einen oder anderen Stelle noch ein bisschen mehr Tiefgang die Geschichte intensiviert hätte. Musikalisch kommt das Publikum voll auf seine Kosten – es wird geklatscht und mitgesungen. Die bekannten Lieder wie „Aquarius“ oder „Good Morning Starshine“ passen hervorragend zu den mit großer schauspielerischen Leistung vorgetragenen Szenen. Und zum Schluss kommt endlich der Titel, bei dem sich die Zuschauer von ihren Plätzen erheben. Das vermutlich bekannteste Stück der amerikanischen Hippie-Bewegung „Let The Sunhine In“ löst Begeisterungsrufe und Pfiffe aus und wird als Zugabe gleich nochmal gemeinsam gesungen. Ein bewegender Abend.

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